23.10.2023

Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Diesel-Fahrzeug: Mercedes-Benz Group AG zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt

Das OLG Stuttgart hat in einem Dieselverfahren die Mercedes-Benz Group AG erstmals wegen der Verwendung der sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) als unzulässiger Abschalteinrichtung zur Zahlung eines Differenzschadensersatzes verurteilt.

OLG Stuttgart v. 19.10.2023 - 24 U 103/22
Der Sachverhalt:
Das streitgegenständliche Fahrzeug mit dem Motortyp OM 642 und der Abgasnorm Euro 5 verfügte im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger über zwei unzulässige Abschalteinrichtungen: Ein sog. Thermofenster und die KSR.

Das OLG hat unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EuGH vom 21.3.2023 (Rechtssache C‑100/21) sowie des BGH vom 26.6.2023 (VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22) entschieden, dass dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Schadensersatzanspruch zusteht, der sich im vorliegenden Fall auf einen Betrag von 254 € beläuft; die weitergehende Berufung des Klägers ist zurückgewiesen worden. Der Kläger muss die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen.

Die Revision hat das OLG nicht zugelassen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Mit Blick auf das Thermofenster ist ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu verneinen, weil davon auszugehen ist, dass sich die für die Beklagte handelnden Personen insoweit in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden haben. Dafür spricht insbesondere, dass Thermofenster herstellerübergreifend flächendeckend in Dieselfahrzeugen zum Einsatz gekommen sind und das Kraftfahrt-Bundesamt in Kenntnis hiervon dies in jahrelanger Genehmigungspraxis jedenfalls noch bis ins Jahr 2020 nicht beanstandet hat.

In Bezug auf die KSR gilt dies hingegen nicht. Einen beachtlichen Rechtsirrtum über die Zulässigkeit der KSR hat die Beklagte schon nicht dargelegt, zumal sich diese hinsichtlich der KSR nicht auf einen vergleichbaren Vertrauenstatbestand wie beim Thermofenster stützen kann.

Das bereits gebraucht gekaufte Fahrzeug ist seit dem Kauf mehr als 100.000 Kilometer gefahren und zwischenzeitlich weiterverkauft worden. Die damit verbundenen Vorteile - die gezogenen Nutzungen und der Veräußerungserlös - muss sich der Kläger nach den Vorgaben des BGH schadensmindernd anrechnen lassen. Nach Abzug dieser Vorteile vom ursprünglichen Kaufpreis verbleibt lediglich ein Schaden in der genannten Höhe.

Mehr zu Thema:

Aktionsmodul Zivilrecht:
Sie können Tage nicht länger machen, aber effizienter. Recherchieren Sie hier mit den führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften für die zivilrechtliche Praxis. Topaktuelle Online-Aktualisierungen im Erman BGB; Updates im Zöller ZPO. Zahlreiche, bewährte Formulare mit LAWLIFT bearbeiten! Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. 4 Wochen gratis nutzen!
 
OLG Stuttgart PM vom 19.10.2023
Zurück