Einordnung der Streitigkeit als sonstige Familiensache gem. § 266 FamFG ist vom Vorbringen beider Parteien abhängig
BGH 28.2.2018, XII ZR 87/17Die beteiligten Eheleute leben seit Januar 2016 getrennt. Die Ehefrau und Antragstellerin zog zu dieser Zeit aus der Ehewohnung aus. Zuvor hatte sie im Dezember 2015 erfahren, dass sie Erbin eines entfernten Onkels geworden war. Der Nachlasspfleger überwies einen Teilbetrag von 100.000 € auf ein Konto des Ehemanns und Antragsgegners, nach dem ihm dieses Konto - unter streitigen Umständen - benannt worden war. Der Ehemann hat angegeben, die Ehefrau habe selbst die Auszahlung auf sein Konto veranlasst, da sie kein Konto habe und mit dem Geld u.a. gemeinsame Schulden habe tilgen sowie den Unterhalt des gemeinsamen Sohnes habe sicherstellen wollen. Er hat zudem mit entsprechenden Gegenforderungen aufgerechnet.
Die Ehefrau forderte schließlich von ihrem Ehemann Zahlung von 52.000 €, die Freigabe weiterer 48.000 €, die beim AG hinterlegt sind, sowie die Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Klage hatte sowohl vor dem LG als auch vor dem OLG Erfolg. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision des Ehemanns hatte vor dem BGH keinen Erfolg, da sie nicht statthaft ist.
Die Gründe:
Das LG und das OLG haben die vorliegende Sache zu Unrecht als allgemeine Zivilsache und nicht als Familiensache behandelt. In Familiensachen ist ein Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Entscheidung nur gegeben, wenn es in dieser Entscheidung gem. § 70 Abs. 1 FamFG zugelassen wurde. Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz in Familiensachen nicht vor.
Bei dem hier als Zivilsache behandelten Verfahren handelt es sich um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Durch § 266 FamFG werden Zivilgerichtsstreitigkeiten, die u.a. in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solches Rechtsverhältnisses stehen, als Familiensachen behandelt. In Fällen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG muss ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen. Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt dann vor, wenn das Verfahren die wirtschaftliche Entflechtung der Ehegatten betrifft. Für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit oder eine Familiensache i.S.d. § 17a Abs. 6 GVG handelt, kommt es dabei nicht allein auf den Vortrag der Klägerseite, sondern ebenfalls auf das Verteidigungsvorbringen der Gegenseite an. Im Streitfall stellt das Verteidigungsvorbringen des Ehemanns einen inhaltlichen Zusammenhang zur Trennung der Beteiligten und zur wirtschaftlichen Entflechtung der Ehegatten dar, denn der Ehemann hat angegeben, die Ehefrau habe die Geldüberweisung veranlasst, um gemeinsame Schulden zu tilgen bzw. den Unterhalt des gemeinsamen Sohnes sicherzustellen.
Die Verfahrensbeteiligten dürfen allerdings durch die Gerichtsentscheidung in falscher Form keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht daher nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung grundsätzlich sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der tatsächlichen (inkorrekten) Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel bei einer Entscheidung in richtiger Form. Der Schutzgedanke des Meistbegünstigungsgrundsatzes gebietet es jedoch nicht, dass das Rechtsmittel auf dem vom vorinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergegen müsste. Die Meistbegünstigung kann daher auch nicht zu einer dem richtigen Verfahren widersprechenden Erweiterung des Instanzenzuges führen. Zu der es entgegen der gesetzlichen Vorschrift kommen würde, würde man die Nichtzulassungsbeschwerde als statthaft ansehen. Hätte bei richtiger Sachbehandlung in zweiter Instanz ein Familiensenat des OLG als Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, wäre schließlich kein weiteres Rechtsmittel, insbesondere keine Nichtzulassungsbeschwerde, gegeben.
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