Eltern uneinig - Wer darf über Corona-Impfung eines 16-Jährigen entscheiden?
OLG Frankfurt a.M. v. 17.8.2021 - 6 UF 120/21
Der Sachverhalt:
Die voneinander geschiedenen Eltern, die das gemeinsame Sorgerecht für ihren 16-jährigen Sohn ausüben, streiten darüber, ob dieser gegen das Corona Virus SARS-CoV-2 geimpft werden soll. Eine zunächst für den 10.6.2021 bei der Hausärztin des Kindes geplante Impfung musste abgesagt werden, nachdem die Beschwerdeführerin der Ärztin mitgeteilt hatte, mit der Impfung nicht einverstanden zu sein. Das Kind lebt überwiegend im Haushalt der Beschwerdeführerin. Der Antragsteller und Kindesvater befürwortet dagegen die Impfung des gemeinsamen Sohnes.
Mit Schreiben vom 10.6.2021 hat der Kindesvater beantragt, im Wege einer Eilentscheidung ihm die alleinige Befugnis zur Entscheidung über die Impfung seines Sohnes zu übertragen. Er hat eine ärztliche Bescheinigung der Hausärztin beigefügt, nach der beim Sohn eine eindeutige medizinische Indikation für eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff bestehe, um einen schwerwiegenden Verlauf einer COVID-Erkrankung aufgrund der bestehenden Adipositas und rez. depressiver Episoden zu vermeiden. Des Weiteren sei der Junge selbst voll entscheidungsfähig und könne die Tragweite einer solchen Erkrankung überblicken und wünsche darüber hinaus ausdrücklich die Impfung.
Die Kindesmutter ist der Impfung ihres Sohnes entgegengetreten. Nach ihrer Einschätzung sei die Impfung mit dem Präparat von Biontech Pfizer eine "Gentherapie". Es sei im Übrigen noch nicht hinreichend geklärt, ob der Sohn bereits durch eine vorgegangene Infektion immunisiert worden sei. Eine Impfung sei auch deswegen nicht erforderlich, weil in der Gesellschaft Ende Juli 2021 bereits annähernd eine Herdenimmunität eingetreten sei.
Das AG hat ein Verfahren der einstweiligen Anordnung eingeleitet und für das betroffene Kind einen Verfahrensbeistand bestellt. Mit Beschluss vom 22.6.2021 hat es im Wege einstweiliger Anordnung die Entscheidung über die Zustimmung zu einer Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-CoV-2 für den Sohn vorläufig auf den Antragsteller übertragen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindsmutter zurückgewiesen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Zu Recht hat das Amtsgericht dem Antragsteller und Kindesvater gem. § 1628 Satz 1 und 2 BGB die Befugnis zur alleinigen Entscheidung über die Impfung des gemeinsamen Kindes gegen das Corona Virus SARS-2 zur alleinigen Ausübung übertragen.
Zwar bedarf es in der Regel auch bei vorhandener Einwilligungsfähigkeit in eine Corona-Schutzimpfung bei einem fast 16-jährigen Kind i.S.d. § 630d BGB eines Co-Konsenses mit den sorgeberechtigten Eltern. Können diese sich allerdings in dieser Frage nicht einigen, ist eine Entscheidung nach § 1628 BGB herbeizuführen. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Handelt es sich um eine Angelegenheit der Gesundheitssorge, so ist die Entscheidung zugunsten des Elternteils zu treffen, der im Hinblick auf die jeweilige Angelegenheit das für das Kindeswohl besser Konzept verfolgt.
Die Entscheidung über die Durchführung der Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ist bei einer vorhandenen Empfehlung der Impfung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) und bei einem die Impfung befürwortenden Kindeswillen auf denjenigen Elternteil zu übertragen, der die Impfung befürwortet. Bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bestand eine Empfehlung der STIKO für eine COVID-19 Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty als Indikationsimpfung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19 Erkrankung haben.
LaReDa Hessen
Die voneinander geschiedenen Eltern, die das gemeinsame Sorgerecht für ihren 16-jährigen Sohn ausüben, streiten darüber, ob dieser gegen das Corona Virus SARS-CoV-2 geimpft werden soll. Eine zunächst für den 10.6.2021 bei der Hausärztin des Kindes geplante Impfung musste abgesagt werden, nachdem die Beschwerdeführerin der Ärztin mitgeteilt hatte, mit der Impfung nicht einverstanden zu sein. Das Kind lebt überwiegend im Haushalt der Beschwerdeführerin. Der Antragsteller und Kindesvater befürwortet dagegen die Impfung des gemeinsamen Sohnes.
Mit Schreiben vom 10.6.2021 hat der Kindesvater beantragt, im Wege einer Eilentscheidung ihm die alleinige Befugnis zur Entscheidung über die Impfung seines Sohnes zu übertragen. Er hat eine ärztliche Bescheinigung der Hausärztin beigefügt, nach der beim Sohn eine eindeutige medizinische Indikation für eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff bestehe, um einen schwerwiegenden Verlauf einer COVID-Erkrankung aufgrund der bestehenden Adipositas und rez. depressiver Episoden zu vermeiden. Des Weiteren sei der Junge selbst voll entscheidungsfähig und könne die Tragweite einer solchen Erkrankung überblicken und wünsche darüber hinaus ausdrücklich die Impfung.
Die Kindesmutter ist der Impfung ihres Sohnes entgegengetreten. Nach ihrer Einschätzung sei die Impfung mit dem Präparat von Biontech Pfizer eine "Gentherapie". Es sei im Übrigen noch nicht hinreichend geklärt, ob der Sohn bereits durch eine vorgegangene Infektion immunisiert worden sei. Eine Impfung sei auch deswegen nicht erforderlich, weil in der Gesellschaft Ende Juli 2021 bereits annähernd eine Herdenimmunität eingetreten sei.
Das AG hat ein Verfahren der einstweiligen Anordnung eingeleitet und für das betroffene Kind einen Verfahrensbeistand bestellt. Mit Beschluss vom 22.6.2021 hat es im Wege einstweiliger Anordnung die Entscheidung über die Zustimmung zu einer Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-CoV-2 für den Sohn vorläufig auf den Antragsteller übertragen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindsmutter zurückgewiesen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Zu Recht hat das Amtsgericht dem Antragsteller und Kindesvater gem. § 1628 Satz 1 und 2 BGB die Befugnis zur alleinigen Entscheidung über die Impfung des gemeinsamen Kindes gegen das Corona Virus SARS-2 zur alleinigen Ausübung übertragen.
Zwar bedarf es in der Regel auch bei vorhandener Einwilligungsfähigkeit in eine Corona-Schutzimpfung bei einem fast 16-jährigen Kind i.S.d. § 630d BGB eines Co-Konsenses mit den sorgeberechtigten Eltern. Können diese sich allerdings in dieser Frage nicht einigen, ist eine Entscheidung nach § 1628 BGB herbeizuführen. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Handelt es sich um eine Angelegenheit der Gesundheitssorge, so ist die Entscheidung zugunsten des Elternteils zu treffen, der im Hinblick auf die jeweilige Angelegenheit das für das Kindeswohl besser Konzept verfolgt.
Die Entscheidung über die Durchführung der Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ist bei einer vorhandenen Empfehlung der Impfung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) und bei einem die Impfung befürwortenden Kindeswillen auf denjenigen Elternteil zu übertragen, der die Impfung befürwortet. Bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bestand eine Empfehlung der STIKO für eine COVID-19 Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty als Indikationsimpfung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19 Erkrankung haben.