Erbschaft per Behindertentestament: Betreuter muss nicht für Gerichtsgebühren des Betreuungsverfahrens aufkommen
OLG Zweibrücken v. 23.11.2020 - 3 W 58/20
Der Sachverhalt:
Nach einer Vorschrift im GNotKG (Nr. 11101 des Kostenverzeichnisses im GNotKG) ist eine wertabhängige Jahresgebühr für jedes angefangene Kalenderjahr einer Dauerbetreuung zu erheben, sofern die Betreuung das Vermögen zum Gegenstand hat und das Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 € beträgt. Ein selbst genutztes Hausgrundstück wird hierbei nicht mitgerechnet.
Vorliegend wurde der Betreute mittels eines sog. "Behindertentestaments" nicht befreiter Vorerbe eines Vermögens von über 500.000 € seiner Eltern. Daraufhin sollte er zu einer jährlichen Gerichtsgebühr von 1.320 € herangezogen werden. Der Nachlass unterliegt einer Dauertestamentsvollstreckung und sowohl die Vermögenssubstanz als auch die Vermögenserträge sind dadurch dem Betreuten entzogen; allein der Testamentsvollstrecker kann im Rahmen der Vorgaben des Erblassers über das Vermögen verfügen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Durch die Heranziehung des Vermögens des Betreuten, über das er selbst nicht verfügen kann, würde Sinn und Zweck des sog. "Behindertentestaments" konterkariert. Die testamentarischen Bestimmungen sollten hier gerade dazu dienen, das Nachlassvermögen des Betreuten dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen. Nach der Rechtsprechung des BGH sind solche Verfügungen von Todes wegen grundsätzlich nicht sittenwidrig.
Vielmehr sind sie Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus, wenn die Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer - mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen - Dauertestamentsvollstreckung so gestalten, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann. Aus diesem Grundsatz ist abzuleiten, dass für die Geltendmachung von Gerichtsgebühren für das Betreuungsverfahren durch die Landesjustizkasse nichts anderes gelten kann.
OLG Zweibrücken PM vom 1.2.2021
Nach einer Vorschrift im GNotKG (Nr. 11101 des Kostenverzeichnisses im GNotKG) ist eine wertabhängige Jahresgebühr für jedes angefangene Kalenderjahr einer Dauerbetreuung zu erheben, sofern die Betreuung das Vermögen zum Gegenstand hat und das Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 € beträgt. Ein selbst genutztes Hausgrundstück wird hierbei nicht mitgerechnet.
Vorliegend wurde der Betreute mittels eines sog. "Behindertentestaments" nicht befreiter Vorerbe eines Vermögens von über 500.000 € seiner Eltern. Daraufhin sollte er zu einer jährlichen Gerichtsgebühr von 1.320 € herangezogen werden. Der Nachlass unterliegt einer Dauertestamentsvollstreckung und sowohl die Vermögenssubstanz als auch die Vermögenserträge sind dadurch dem Betreuten entzogen; allein der Testamentsvollstrecker kann im Rahmen der Vorgaben des Erblassers über das Vermögen verfügen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Durch die Heranziehung des Vermögens des Betreuten, über das er selbst nicht verfügen kann, würde Sinn und Zweck des sog. "Behindertentestaments" konterkariert. Die testamentarischen Bestimmungen sollten hier gerade dazu dienen, das Nachlassvermögen des Betreuten dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen. Nach der Rechtsprechung des BGH sind solche Verfügungen von Todes wegen grundsätzlich nicht sittenwidrig.
Vielmehr sind sie Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus, wenn die Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer - mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen - Dauertestamentsvollstreckung so gestalten, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann. Aus diesem Grundsatz ist abzuleiten, dass für die Geltendmachung von Gerichtsgebühren für das Betreuungsverfahren durch die Landesjustizkasse nichts anderes gelten kann.