03.05.2018

Erteilte Restschuldbefreiung steht Gläubigeranfechtung erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen

Eine dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung steht der Gläubigeranfechtung auch dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die Anfechtungsklage, die Rechtshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft, erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhebt.

BGH 22.3.2018, IX ZR 163/17
Der Sachverhalt:
J (Schuldner) wurde mit Urteil vom 20.1.2005 aufgrund seiner selbstschuldnerischen Bürgschaft für Verbindlichkeiten der A. GmbH verurteilt, an den Kläger rd. 246.000 € zu zahlen. Der Schuldner leistete jedoch keine Zahlungen und sämtliche Vollstreckungsversuche blieben ohne Erfolg. Schließlich gab der Schuldner die eidesstattliche Versicherung ab und im Januar 2007 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Die titulierte Forderung des Klägers wurde zur Tabelle festgestellt. Es entfiel ein Betrag von rd. 3.500 € auf sie. Im Januar 2014 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt und schließlich am 17.2.2015 das Insolvenzverfahren aufgehoben.

Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nahm der Kläger die Beklagte nach dem Anfechtungsgesetzt auf die Duldung der Zwangsvollstreckung eines Teilbetrags i.H.v. 20.001 € in das Grundstück, welches der Schuldner mit notariellem Vertrag vom 22.10.2003, - nach Auffassung des Klägers - in der Absicht seine Gläubiger zu benachteiligen, auf die Beklagte übertragen hatte, in Anspruch.

Die Klage hatte vor dem LG und OLG keinen Erfolg. Die dagegen gerichtete Revision führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG.

Die Gründe:
Die dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung steht entgegen der Ansicht des OLG nicht dem Erfolg der Anfechtungsklage entgegen, denn der Anfechtungsgegner kann sich nicht auf die dem Schuldner gewährte Restschuldbefreiung berufen.

Er ist zwar grundsätzlich dazu berechtigt, in den Grenzen des § 767 ZPO Einwände gegen den Bestand des titulierten Anspruchs zu erheben, aber die Restschuldbefreiung schützt zunächst den Schuldner allein, dessen Vermögen im Insolvenzverfahren vollständig zugunsten der Gläubiger verwertet worden ist. Gegenstand der Gläubigeranfechtung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist ehemaliges Vermögen des Schuldners, welches eigentlich zur Insolvenzmasse gehört hätte. Der Anfechtungsgegner verdient bei einer solchen Konstellation keinen Schutz.

Ob der Anfechtungsgegner sich auch nicht auf die Restschuldbefreiung berufen kann, wenn die Anfechtungsklage erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhoben wird, ist streitig. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist dies jedoch zu bejahen. § 18 AnfG, nach dem Anfechtungsansprüche nach der Aufhebung weiterverfolgt werden können, unterscheidet nicht zwischen bereits rechtshängigen Verfahren und neu erhobenen Klagen. Auch die Neuberechnung der Fristen gem. § 18 Abs. 2 AnfG zeigt, dass das Vertrauen des Anfechtungsgegners, nach der Aufhebung nicht mehr auf Rückgewähr eines anfechtbar erlangten Gegenstands in Anspruch genommen zu werden, keinem rechtlichen Schutz unterfällt.

Zudem werden schutzwürdige Interessen des Schuldners durch die Gläubigeranfechtung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und nach der Gewährung des Restschuldbefreiung nicht beeinträchtigt, da sämtliche Folgeansprüche des Anfechtungsgegners, die sich nach § 12 AnfG allein gegen den Schuldner richten, der Restschuldbefreiung unterliegen. Sie stellen Insolvenzforderungen gem. § 38, 41 InsO dar und können wegen § 301 InsO nicht mehr gegen den Schuldner geltend gemacht werden, wenn der Rückgewähranspruch des Anfechtungsgläubigers mit der Verwirklichung der tatsächlichen Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands, dem Vorliegen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen dem Anfechtungsgläubiger und dem Anfechtungsschuldner, - wie hier - im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet war.

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