Familiengerichtliche Auflagen zur Nutzung von Medien und Smartphones nur bei konkreter Kindeswohlgefährdung
OLG Frankfurt a.M. 15.6.2018, 2 UF 41/18Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehepartner. Sie stritten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre neun Jahre alte Tochter. Im Rahmen der Kindesanhörung ergab sich, dass das damals 8-jährige Mädchen freien Internetzugang über die Geräte der Mutter hatte und ein eigenes Smartphone besaß.
Das AG übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter mit der Auflage, dass sie feste Regeln, insbesondere zeitliche und inhaltliche bezüglich der Mediennutzung des Kindes umsetzen und dies dem Gericht mitteilen sollte. Zudem sollte dem Kind kein eigenes Smartphone mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Auflage wurde bis zum 12. Geburtstag der Tochter befristet.
Die Mutter und der Verfahrensbeistand schlossen sich der Beschwerde des Vaters gegen die Entscheidung an und begehrten vor dem OLG erfolgreich die Aufhebung der Auflagen zur Mediennutzung des Kindes. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Staatliche Maßnahmen tangieren auch immer die Grundrechte der Eltern, so dass verfassungsrechtlich hohe Anforderungen an einen Eingriff in die elterliche Personensorge zu stellen sind. Maßnahmen dürfen i.S.v. §§ 1666, 1666a BGB nur getroffen werden, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird. Dazu muss positiv festgestellt werden, dass bei unveränderter Handhabung der Schadenseintritt beim Kind mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.
Im Streitfall greifen die Auflagen zur Mediennutzung und der Nutzung eines Smartphones unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der Kindesmutter ein, denn eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls durch die Mediennutzung ist nicht festgestellt worden.
Medien- und Internetkonsum durch Kinder birgt zwar Gefahren für diese, denen Eltern sowohl durch zeitliche als auch inhaltliche Kontrolle begegnen müssen. Aber allein der Besitz eines Smartphones oder anderer technischer Geräte mit oder ohne Internetzugang rechtfertigt nicht die Annahme einer konkreten Schädigung. Dazu müssen im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte gegeben sein, aus denen sich die konkrete Gefahr ergibt.
Die individuellen Spielräume für die Mediennutzung des Kindes können - solange keine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegt - eigenverantwortlich von den jeweiligen Familien festgelegt werden. Insoweit gilt auch für die Familiengerichte die Subsidiarität staatlichen Eingreifens.
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