Fernunterrichtsschutzgesetz: Online-Coaching zu Kryptowährung
LG München I v. 15.1.2025 - 44 O 16944/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Kundin der beklagten Plattform für Online-Coaching. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Vertrages über ein Online-Coaching zu Kryptowährung war die Klägerin erwerbslos. Sie trug vor, sie sei durch Werbung in sozialen Medien und den mit ihr online verhandelnden Coach, der ihr gegenüber als Finanzexperte auftrat, überrumpelt worden. Mit der Klage verfolgt sie daher das Ziel, sich von diesem Vertrag wieder zu lösen.
Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, der im Streit stehende Vertrag sei wirksam. Insbesondere sei das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz - FernUSG) und die dort geregelten Schutzmechanismen nicht auf den Vertrag anwendbar. Die Klägerin habe den Vertrag als Existenzgründerin geschlossen und sei daher wie eine Unternehmerin zu behandeln. Außerdem habe sie im Rahmen des Bestellvorgangs aktiv auf ihr Widerrufsrecht verzichtet.
Das LG gab der auf Rückzahlung der Kursgebühr gerichteten Klage weitgehend statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Klägerin ist von der Beklagten beim Bestellprozess wahrscheinlich schon nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Und selbst wenn sie beim Vertragsschluss als Existenzgründerin gehandelt haben sollte, ist der Vertrag jedoch bereits nichtig, da das FernUSG zu ihrem Schutz in diesem Fall auf sie anwendbar ist. Die Beklagte hat der Klägerin Fernunterricht angeboten, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
Der Schutzzweck des Gesetzes spricht dafür, dieses auch auf Personengruppen anzuwenden, die nicht Verbraucher sind. Geschützt werden soll nämlich allgemein vor Anbietern, die nicht durch eine staatliche Stelle geprüft wurden und deren Qualität der Bildungswillige schon angesichts der räumlichen Distanz schlechter prüfen kann als bei einer Bildungsmaßnahme in Präsenz.
Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwerbslos und befand sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Selbst wenn man unterstelle, dass sie sich mit der angebotenen Bildungsmaßnahme eine Existenz im Bereich E-Commerce habe aufbauen wollen, war ihre Schutzbedürftigkeit nicht wesentlich geringer als die eines Verbrauchers i.S.d. § 13 BGB.
Lediglich hinsichtlich eines von der Klägerin geforderten immateriellen Schadenersatzes für den behaupteten Kontrollverlust über ihre Daten im Rahmen des Bestellvorgangs war die Klage abzuweisen.
Hintergrund:
Das FernUSG regelt in Deutschland Rechte und Pflichten der Anbieter und Teilnehmer beim Fernunterricht. Das Gesetz bestimmt u.a., dass Fernlehrgänge einer staatlichen Zulassung bedürfen, und definiert umfassende Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung
Nichtigkeit eines Vertrags über ein Online-Coaching
OLG Stuttgart vom 29.08.2024 - 13 U 176/23
MDR 2024, 1433
MDR0071552
Rechtsprechung
Anwendbarkeit des FernUSG auf einen Vertrag über ein Verkaufscoaching
OLG Celle vom 29.05.2024 - 13 U 8/24
MDR 2024, 1238
MDR0070121
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!
LG München I PM Nr. 1 vom 15.1.2025
Die Klägerin war Kundin der beklagten Plattform für Online-Coaching. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Vertrages über ein Online-Coaching zu Kryptowährung war die Klägerin erwerbslos. Sie trug vor, sie sei durch Werbung in sozialen Medien und den mit ihr online verhandelnden Coach, der ihr gegenüber als Finanzexperte auftrat, überrumpelt worden. Mit der Klage verfolgt sie daher das Ziel, sich von diesem Vertrag wieder zu lösen.
Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, der im Streit stehende Vertrag sei wirksam. Insbesondere sei das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz - FernUSG) und die dort geregelten Schutzmechanismen nicht auf den Vertrag anwendbar. Die Klägerin habe den Vertrag als Existenzgründerin geschlossen und sei daher wie eine Unternehmerin zu behandeln. Außerdem habe sie im Rahmen des Bestellvorgangs aktiv auf ihr Widerrufsrecht verzichtet.
Das LG gab der auf Rückzahlung der Kursgebühr gerichteten Klage weitgehend statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Klägerin ist von der Beklagten beim Bestellprozess wahrscheinlich schon nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Und selbst wenn sie beim Vertragsschluss als Existenzgründerin gehandelt haben sollte, ist der Vertrag jedoch bereits nichtig, da das FernUSG zu ihrem Schutz in diesem Fall auf sie anwendbar ist. Die Beklagte hat der Klägerin Fernunterricht angeboten, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
Der Schutzzweck des Gesetzes spricht dafür, dieses auch auf Personengruppen anzuwenden, die nicht Verbraucher sind. Geschützt werden soll nämlich allgemein vor Anbietern, die nicht durch eine staatliche Stelle geprüft wurden und deren Qualität der Bildungswillige schon angesichts der räumlichen Distanz schlechter prüfen kann als bei einer Bildungsmaßnahme in Präsenz.
Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwerbslos und befand sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Selbst wenn man unterstelle, dass sie sich mit der angebotenen Bildungsmaßnahme eine Existenz im Bereich E-Commerce habe aufbauen wollen, war ihre Schutzbedürftigkeit nicht wesentlich geringer als die eines Verbrauchers i.S.d. § 13 BGB.
Lediglich hinsichtlich eines von der Klägerin geforderten immateriellen Schadenersatzes für den behaupteten Kontrollverlust über ihre Daten im Rahmen des Bestellvorgangs war die Klage abzuweisen.
Hintergrund:
Das FernUSG regelt in Deutschland Rechte und Pflichten der Anbieter und Teilnehmer beim Fernunterricht. Das Gesetz bestimmt u.a., dass Fernlehrgänge einer staatlichen Zulassung bedürfen, und definiert umfassende Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge.
Rechtsprechung
Nichtigkeit eines Vertrags über ein Online-Coaching
OLG Stuttgart vom 29.08.2024 - 13 U 176/23
MDR 2024, 1433
MDR0071552
Rechtsprechung
Anwendbarkeit des FernUSG auf einen Vertrag über ein Verkaufscoaching
OLG Celle vom 29.05.2024 - 13 U 8/24
MDR 2024, 1238
MDR0070121
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!