22.08.2024

Feuchte Wände im Souterrain eines Altbaus sind Sachmangel

Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.

BGH v. 21.6.2024 - V ZR 79/23
Der Sachverhalt:
Die Beklagten erwarben im Jahr 1999 zwei in dem Souterrain eines Altbaus gelegene Eigentumswohnungen. Sie ließen bei allen Außenwänden eine horizontale Sperre durch chemische Injektion einbringen. Im September 1999 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass die nach Durchführung von Sanierungsmaßnahmen entstehenden Feuchtigkeitsschäden in den Wohnungen von den jeweiligen Eigentümern zu tragen seien. Wegen erneut auftretender Feuchtigkeitsprobleme wurden in den Folgejahren immer wieder zusätzliche Sanierungsarbeiten durchgeführt. Im Sommer 2017 holten die Beklagten ein Sanierungsangebot einer Fachfirma ein. Darin heißt es, dass sich in dem Sockelbereich der Wohnungen Feuchtigkeitsschäden zeigten, es keine Verbindung zwischen der Bodenabdichtung und den Wänden gebe und keine Horizontalabdichtung zu erkennen sei.

Im selben Jahr boten die Beklagten die Wohnungen in einem Maklerexposé für 745.000 € zum Verkauf an. Darin wurde das Baujahr 1904 mitgeteilt, und die Wohnungen wurden als im Jahr 1999 kernsaniert bezeichnet. In dem Exposé heißt es weiter: "Sanierung Mauerwerksfeuchte: Eine Außenwand weist Feuchtemängel auf. Diese Kosten für die Behebung gehen zu Lasten des jeweiligen Eigentümers dieser Wohnung und nicht zu Lasten der Eigentümergemeinschaft. Die Durchführung dieser Sanierung müsste vom Käufer auf dessen Kosten vorgenommen werden. Diese Kosten sind bereits bei der Preisfindung berücksichtigt." Die Kläger besichtigten die Immobilie mehrfach mit einem Architekten. Zu diesem Zeitpunkt war der Oberboden in einem Schlafraum entfernt und im Wohnbereich teilweise geöffnet. Probebohrungen waren sichtbar. An den Außenwänden war der Putz teilweise entfernt und die Erde bis unterhalb der Drainage ausgegraben. Im Februar 2018 erwarben die Kläger die Wohnungen zu einem Preis von 675.000 € unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. In dem Vertrag heißt es u.a.:

"Der Käufer kauft den Vertragsgegenstand im gegenwärtigen, gebrauchten Zustand. Er hat den Vertragsgegenstand eingehend mit einem Gutachter und einem Architekten besichtigt. Die Beteiligten treffen keine Beschaffenheitsvereinbarung zum Vertragsgegenstand. Dem Käufer ist der Feuchtigkeitsschaden an der Außenwand des hinteren großen Zimmers der Wohnung Nr. 1 bekannt. Dem Käufer ist ferner bekannt, dass das Gebäude im Jahre 1904 errichtet wurde und sich in unmittelbarer Rheinnähe befindet und einzelne Räume im Souterrain liegen.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Zukunft Probleme mit Feuchtigkeit auftreten. Dem Käufer ist bekannt, dass die Eigentümerversammlung vom 22.9.1999 folgenden Beschluss gefasst hat: > Nach Durchführung der in Auftrag gegebenen Sanierungsmaßnahmen entstehende Feuchtigkeitsschäden in den Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2, ausgehend von konstruktiv- und bauartbedingten Mängeln, aufsteigende Feuchtigkeit, gehen zu Lasten der jeweiligen Eigentümer dieser Wohnungen und werden nicht von der Gemeinschaft getragen. <
"

Gestützt auf die Behauptung, wegen erforderlicher Arbeiten zur Beseitigung der Ursache der Feuchtigkeitsschäden hätten sie nicht wie geplant am 1.9.2018 einziehen können, verlangen die Kläger von den Beklagten Ersatz der für den Zeitraum vom 1.9.2018 bis zum 31.12.2019 aufgewendeten Nettokaltmiete und der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten für ihre alte Wohnung sowie der verbrauchsabhängigen Nebenkosten für die neuen Wohnungen i.H.v. insgesamt rd. 32.600 € nebst Zinsen.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Mit der von dem OLG gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagten nach § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1 und 3 BGB nicht verneint werden.

Rechtsfehlerfrei geht das OLG allerdings davon aus, dass ein Anspruch auf Schadensersatz nicht auf das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gem. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier gem. Art. 229 § 58 EGBGB noch anwendbaren, bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (a.F.) gestützt werden kann. Für eine Vereinbarung der Parteien über die Freiheit der Wohnungen von Feuchtigkeit oder über das Vorhandensein eines hinreichenden baulichen Schutzes vor dem Eindringen von Feuchtigkeit enthält der Kaufvertrag keine Anhaltspunkte. In ihm ist im Gegenteil eine Beschaffenheitsvereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, etwa - wie hier - in einem Exposé, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. So ist es auch hier.

Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des OLG, die Souterrainwohnungen entsprächen trotz der erheblichen Wandfeuchtigkeit der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit einer im Jahr 1904 errichteten Liegenschaft. Die im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestehende erhebliche Feuchtigkeit der Wohnungen stellt vielmehr einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB a.F. dar. Ob die Feuchtigkeit daneben wegen der Angaben in dem Exposé auch einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB a.F. begründet, kann deshalb offenbleiben. Richtig ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Senats zu Kellerräumen in Häusern, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel begründet, sondern es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Im Einzelnen ist von Bedeutung, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, wie die Kaufsache genutzt wird, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind. Der bei Altbauten übliche Standard ist aber dann nicht maßgebend, wenn die Parteien eine abweichende Beschaffenheit vereinbart haben oder wenn die Trockenheit der Räume für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung erforderlich ist.

Vorliegend geht es ohnehin nicht um Kellerräume, sondern um als Wohnungen verkaufte Räumlichkeiten im Souterrain eines Wohngebäudes. Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen, weshalb der Käufer regelmäßig erwarten darf, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist. Die vertragsgemäße Verwendung (Wohnen) stimmt mit der üblichen Verwendung überein. Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.

Die Haftung der Beklagten wegen der Feuchtigkeit der Wohnungen kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht wegen des in dem Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschlusses abgelehnt werden. Hierauf könnten sich die Beklagten gem. § 444 BGB nicht berufen, wenn sie den Mangel arglistig verschwiegen haben sollten. Das ist entgegen der Ansicht des OLG hier nicht ausgeschlossen. Arglistig i.S.v. § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Mit der Begründung des OLG kann ein arglistiges Verhalten der Beklagten durch eine aktive Täuschung nicht verneint werden. Ebenso wenig kann eine Arglist der Beklagten mit der Begründung des OLG verneint werden, die Feuchtigkeit der Wohnungen sei für die Kläger erkennbar gewesen, so dass keine Offenbarungspflicht bestanden habe.

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Grunewald in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023

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