13.10.2021

Fristenpläne im Mietvertrag: Anspruch des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen?

Die Formulierung der Regelhaftigkeit einer bestimmten Zeitspanne macht die Abweichung von dieser zur Ausnahme, die der sich hierauf berufende Mieter nach allgemeinen Beweisregeln zu beweisen hätte. Es besteht aber weder aus sachverständiger noch aus empirischer Sicht eine tatsächliche Vermutung für das Vorhandensein von Renovierungsbedarf nach Ablauf bestimmter Fristen.

LG Krefeld v. 25.8.2021 - 2 S 26/20
Der Sachverhalt:
Der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag sah vor, dass die klagenden Mieter verpflichtet sind, in den Mieträumen auf ihre Kosten regelmäßig Schönheitsreparaturen durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, soweit sie durch ihren Mietgebrauch erforderlich sind. Unter Berücksichtigung des Grads der Abnutzung sollten die Kläger in regelmäßigen Abständen von fünf, acht und zehn Jahren zu Schönheitsreparaturen an der Mietsache gehalten sein; eine Rückgabe der Wohnung mit einem Anstrich in neutralen Farben war nur für den Fall geschuldet, dass die Kläger als Mieter die Farbgebung verändert haben.

Zum Zeitpunkt des Einzuges der Kläger wies die streitgegenständliche Wohnung im Kinder-/Arbeitszimmer eine lila-grüne Bordüre und einen aus Aufklebern bestehenden Sternenhimmel auf. Zudem waren der Wintergarten in einer orangenen Farbe und das Wohnzimmer in einem Eierschalenton gestrichen. Der Anstrich einer Wand im Wintergarten zeichnete sich dadurch aus, dass er aus in der Mitte der Wandfläche zusammenlaufenden Dreiecken bestand. Diese Dekorationen stammten aus der Vormietzeit der Kläger und blieben mit deren Einverständnis bestehen.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses etwa viereinhalb Jahre später verlangte die beklagte Vermieterin die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Die Kläger verwiesen darauf, dass ihnen zu Beginn des Mietverhältnisses keine renovierte Wohnung überlassen worden sei. Dem trat die Beklagte entgegen, da die Wohnung bei Einzug der Kläger keine Abnutzungsspuren aufgewiesen habe. Sie erklärte daraufhin die Aufrechnung mit einer aus der Beauftragung eines Malerbetriebes resultierenden Forderung gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Kläger.

Das AG hat der Klage auf Rückzahlung der Mietkaution vollumfänglich stattgegeben. Das LG hat das Urteil im Berufungsverfahren bestätigt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution i.H.v. 1.184 € aus § 535 BGB i.V.m. der Kautionsrückzahlungsabrede aus § 7 des zwischen ihnen geschlossenen Mietvertrages. Ein aufrechenbarer Gegenanspruch wegen nicht durchgeführter Renovierung steht der Beklagten nicht zu.

Auch wenn der BGH flexible Fristenpläne bisher gebilligt hat, verstoßen Klauseln mit derartigen Fristenplänen nach Ansicht der Kammer gegen die Bestimmung des § 309 Nr. 12 BGB, die der BGH bisher in seiner Rechtsprechung nicht problematisiert hat. Sie führen dazu, dass nach Ablauf der genannten Fristen der Mieter beweisen müsste, dass kein Renovierungsbedarf besteht. Denn die Formulierung der Regelhaftigkeit einer bestimmten Zeitspanne macht die Abweichung von dieser zur Ausnahme, die der sich hierauf berufende Mieter nach allgemeinen Beweisregeln zu beweisen hätte. Es besteht aber weder aus sachverständiger noch aus empirischer Sicht eine tatsächliche Vermutung für das Vorhandensein von Renovierungsbedarf nach Ablauf bestimmter Fristen.

Letztlich kann das aber dahinstehen. Soweit nämlich die hiesige Fristenregelung nicht an der vorgenannten Auffassung der Kammer scheitern würde, wäre sie aus den zutreffenden Erwägungen des AG i.V.m. der seitens der Kammer ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme unwirksam, da bei Vertragsbeginn mit den Klägern eine renovierte Wohnung nicht vorgelegen hat. Denn nach BGH-Rechtsprechung ist eine formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen nur bei renovierter Wohnung möglich bzw. bei unrenovierter Wohnung dann, wenn der Vermieter dem Mieter einen angemessenen Ausgleich gewährt.

Würden die Kläger nunmehr zur Renovierung verpflichtet, würden sie zwangsläufig dazu verpflichtet, Abnutzungsspuren ihrer Vormieter zu beseitigen und die Wohnung damit in einem besseren Zustand zurückzugeben, als sie ihnen ihrerseits übergeben wurde. Mehr noch, sie würden sogar dazu verpflichtet, ein Mehr an Arbeitszeit und Material aufzuwenden, um die vorgenannten, nach Auffassung der Kammer als nicht gewöhnlich zu qualifizierende Dekorationen wieder zu entfernen.

Dieses restriktive Verständnis ist auch unter Berücksichtigung der Vermieterinteressen nicht unbillig. Der Vermieter hat am Ende eines Mietverhältnisses mit einem Vormieter die Möglichkeit zu überprüfen, ob er gegen diesen einen Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen hat. Soweit dieser Anspruch besteht, kann er ihn geltend machen und so dafür Sorge tragen, dass dem neuen Mieter eine frisch renovierte Wohnung übergeben wird. Besteht der Anspruch nicht, kann er - zur Beibehaltung der Wirksamkeit seiner Schönheitsreparaturklausel - entweder selbst renovieren oder dem neuen Mieter einen angemessenen Ausgleich verschaffen. Wenn er dies unterlässt und auch keine Individualvereinbarung mit einem den aktuellen Zustand der Wohnung akzeptierenden Nachmieter betreffend die Durchführung von Schönheitsreparaturen schließt, kann er sich im Nachhinein nicht auf die Vornahmeklausel berufen.
Justiz NRW
Zurück