27.01.2014

Für die Bemessung einer Überbaurente ist der Zeitpunkt der Teilung des Grundstücks maßgebend

Für die Bemessung der Überbaurente kommt es nicht auf die Wertverhältnisse bei der Gebäudeerrichtung an, sondern auf den Zeitpunkt der Teilung des Grundstücks, da erst dann eine Überbausituation entsteht, die die entsprechende Anwendung der §§ 912 ff. BGB rechtfertigt. Allerdings ruhen wie im Fall des Eigengrenzüberbaus die Duldungspflicht und das Rentenrecht solange, bis die Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen gelangen.

BGH 22.11.2014, V ZR 199/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin. Dieses war verfolgungsbedingt zu Gunsten der damaligen Reichshauptstadt Berlin enteignet worden, die im September 1938 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. Nach dem Krieg wurde das Grundstück in Volkseigentum der DDR überführt und mit Nachbargrundstücken zu einem größeren neu gebildeten Grundstück mit der Flurbezeichnung vereinigt.

Auf diesem einheitlichen Grundstück errichtete im Jahr 1970 die frühere Deutsche Post ein fünfstöckiges Fernmeldebetriebsgebäude. Später ging das Grundstück Flurstück in das Eigentum der beklagten Deutschen Telekom AG über. Im Juni 2007 wurde das ursprüngliche Grundstück an die Klägerin restituiert. Dies hat zur Folge, dass sich nun ein Teil des Fernmeldebetriebsgebäudes auf dem der Klägerin gehörenden Grundstück befindet.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung einer Überbaurente gem. § 912 Abs. 2 BGB für die Zeit von Juni 2007 bis Ende 2011. Das LG gab der ursprünglich auf Zahlung von 916.617 € gerichtete Klage nur i.H.v. 105.462 € statt. Das KG wies die Berufung der Klägerin, mit der sie nach teilweiser Klagerücknahme die Zahlung weiterer 441.277 € verlangte, zurück. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH den Beschluss des KG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es im Fall des "nachträglichen Eigengrenzüberbaus" für die Berechnung der Überbaurente nicht auf die Grundstückswertverhältnisse im Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung, sondern auf diejenigen im Zeitpunkt der Grundstücksteilung an.

Bei Errichtung des Gebäudes ist anders als beim Überbau oder Eigengrenzüberbau eine Grenze, die überschritten werden könnte, noch nicht vorhanden. Somit kann zu diesem Zeitpunkt weder ein Duldungsanspruch noch dem korrespondierend ein Rentenzahlungsrecht entstehen. Das hat zur Folge, dass für die Bemessung der Überbaurente nicht auf die Wertverhältnisse bei der Gebäudeerrichtung abgestellt werden kann. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass für die Höhe der Rente die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend ist, kommt es vielmehr auf den Zeitpunkt der Teilung des Grundstücks an, da erst dann eine Überbausituation entsteht, die die entsprechende Anwendung der §§ 912 ff. BGB rechtfertigt.

Dies entspricht auch dem Zweck der Überbaurente, einen Ausgleich für den durch die Grenzüberschreitung hervorgerufenen Verlust der Bodennutzung zu gewähren. Allerdings ruhen wie im Fall des Eigengrenzüberbaus die Duldungspflicht und das Rentenrecht solange, bis die Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen gelangen. Die Besonderheit des vorliegenden Falles, dass die Grundstücksrestitution Folge der Wiedergutmachung verfolgungsbedingten Unrechts war, rechtfertigte keine abweichende Beurteilung.

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