Für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit müssen die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen
BGH 2.10.2013, XII ZB 249/12Die Beteiligten sind die nicht verheirateten Eltern eines im April 2010 geborenen Kindes. Im Juni 2010 erkannte der Antragsgegner die Vaterschaft an. Mit Schreiben vom 17.3.2011 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalt zu zahlen.
AG und OLG verurteilten den Antragsgegner zur Zahlung eines rückständigen Unterhalts i.H.v. 2.843 € (für die Zeit von April 2010 bis einschließlich April 2011) und für die Zeit ab Mai 2011 zu einem monatlichen Unterhalt von 218 €. Des Antraggegner wandte sich gegen die Verpflichtung, Unterhalt für den Zeitraum von Juli 2010 bis Februar 2011 und für die Zeit ab Mai 2013 in einer 137 € übersteigenden Höhe zu leisten. Die Rechtsbeschwerde war vor dem BGH erfolgreich.
Gründe:
Zu Recht wandte sich die Rechtsbeschwerde gegen die rückwirkende Inanspruchnahme für den Zeitraum von Juli 2010 bis Februar 2011. Denn die Antragstellerin hat den Antragsgegner erst mit Schreiben vom März 2011 in Verzug gesetzt, obgleich er bereits im Juni 2010 die Vaterschaft anerkannt hatte. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob in Fällen der vorliegenden Art die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen müssen, also namentlich eine Inverzugsetzung erforderlich ist. Allerdings stellt die wohl herrschende Auffassung in der Literatur maßgeblich auf die Verweisung in § 1615 l Abs. 3 S. 1 BGB ab und will § 1613 BGB insgesamt und ohne Modifikationen zur Anwendung bringen.
Dieser Ansicht folgt auch der Senat. Danach enthält § 1615 l Abs. 3 S. 1 BGB eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB, weshalb für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen müssen, also eine Aufforderung zur Auskunft, eine Inverzugsetzung oder aber die Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs. Darüber hinaus sprechen sowohl der Wille des Gesetzgebers als auch eine teleologische Auslegung für eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB.
Ebenfalls erfolgreich war die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich für den Zeitraum ab Mai 2013 gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines monatlich 137 € übersteigenden Betrages richtete. Denn ebenso wie beim Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist auch ein Antrag auf künftigen Betreuungsunterhalt gem. § 1615 l BGB nur dann abzuweisen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- und elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen. Dass im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes absehbar keine Verlängerungsgründe mehr vorgelegen hatten, war nach den Feststellungen des Beschwerdebeschlusses auszuschließen.
Zu Recht rügte die Rechtsbeschwerde jedoch, dass das Beschwerdegericht den Unterhalt der Höhe nach fehlerhaft ermittelt hatte. Das OLG hat verkannt, dass der Antragsgegner nicht in vollem Maße leistungsfähig i.S.v. § 1615 l Abs. 3 BGB i.V.m. § 1603 Abs. 1 BGB ist. Tatbestandliche Feststellungen des Beschwerdegerichts in einer Familienstreitsache können nicht mit der Verfahrensrüge aus §§ 74 Abs. 3 S. 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG oder mit einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Gegenrüge des Rechtsbeschwerdegegners angegriffen werden, sondern allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 320 ZPO. Dass die Antragstellerin einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt hatte, war weder dargetan noch aus den Akten ersichtlich.
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