31.07.2023

Gebührenstreitwert: Klage auf Feststellung der zulässigen Anfangsmiete bei angespanntem Wohnungsmarkt

Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung des § 41 Abs. 5 GKG mit dem Inkrafttreten des Kostenrechtsänderungsgesetzes zum 1.1.2021 aus sozialpolitischen Erwägungen den Streitwert auf den Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung begrenzt. Dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung die Fälle der Feststellungsansprüche nach § 556d BGB i.V.m. § 556g Abs. 1 BGB, die im Ergebnis auf eine Herabsetzung der Miete auf den wirksamen Teil abzielen, übersehen hat, ist nicht ersichtlich. Somit scheidet eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG aus, da eine planwidrige Regelungslücke nicht besteht.

OLG Hamburg v. 17.7.2023 - 4 W 23/23
Der Sachverhalt:
Der klagende Mieter hatte Feststellung begehrt, dass die im Mietänderungsvertrag vom 26.03./01.04.2021 vereinbarte Erhöhung der monatliche Nettokaltmiete von 880,46 € um 127,04 € unwirksam sei. Er war der Ansicht, dass nach den Regelungen zur Mietpreisbremse gem. § 556d BGB i.V.m. dem Hamburger Mietenspiegel 2019 die zulässige Nettokaltmiete für die von ihnen gemietete Wohnung 753,42 € betrage.

Das AG hat festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist. Den Streitwert hat es auf 4.506,64 € festgesetzt. Dabei entfiel auf den Feststellungsantrag ein Wert von 1.524,48 €, berechnet nach dem 12-fachen des monatlich verminderten Betrags (12 x 127,04 €). Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus eigenem Recht Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Streitwert 3.811,20 € heraufzusetzen. Er war der Ansicht, eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG scheide aus, da eine planwidrige Regelungslücke nicht bestehe. Vielmehr richte sich der Streitwert für den Feststellungsantrag nach § 9 ZPO. Der Streitwert für den Feststellungsantrag betrage daher 5.335,68 e (42 x 127,04€).

Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Diese war vor dem OLG erfolgreich.

Die Gründe:
Der Gebührenstreitwert bemisst sich nach dem 42-fachen Überschreitungsbetrag.

Nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 5 GKG in der seit dem 1.1.2021 geltenden Fassung ist für den Streitwert bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag des Erhöhungsbetrags und bei der Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung maßgebend. Hier handelte es sich indes weder um eine Klage des Vermieters auf Mieterhöhung bzw. um eine Klage des Mieters auf Feststellung, dass die Mieterhöhung unwirksam ist, noch um einen Antrag des Mieters auf Feststellung einer Minderung der Miete, sondern um einen Antrag auf Feststellung, dass die vereinbarte Miete, soweit sie gegen die Mietpreisbremse verstößt, nach § 556d BGB i.Vm. § 556g Abs. 1 BGB unwirksam ist. Damit begehrte der Kläger zwar im Ergebnis eine Herabsetzung der vereinbarten Miete, um eine in § 41 Abs. 5 GKG genannte Mietminderung nach § 536 BGB handelte es sich allerdings nicht.

Mithin stellte sich für den Streitwert die Frage, ob § 41 Abs. 5 GKG analog anzuwenden war mit der Folge, dass der Streitwert für den Feststellungsantrag auf den Jahresbetrag des streitigen Differenzbetrags begrenzt gewesen wäre oder ob eine analoge Anwendung ausscheidet und sich der Streitwert nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3, 9 ZPO richtete, wonach der 42-fache monatliche Differenzbetrag maßgeblich gewesen wäre. Der Senat hielt die letztgenannte Auffassung für zutreffend. Schließlich fehlte es an einer planwidrige Regelungslücke, da der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 41 Abs. 5 GKG mit dem Inkrafttreten des Kostenrechtsänderungsgesetzes zum 1.1.2021 aus sozialpolitischen Erwägungen den Streitwert auf den Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung begrenzt hat.

Dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung die Fälle der Feststellungsansprüche nach § 556d BGB i.V.m. § 556g Abs. 1 BGB, die im Ergebnis auf eine Herabsetzung der Miete auf den wirksamen Teil abzielen, übersehen hatte, war nicht ersichtlich. Die Bestimmung des § 556d BGB, dessen Verfassungsmäßigkeit das BVerfG im Jahr 2019 bestätigt hat, ist im Jahr 2015 in Kraft getreten, und damit weit vor dem Kostenrechtsänderungsgesetz 2021. Dass der Gesetzgeber den Wert sämtlicher Feststellungsklagen bezüglich der Miethöhe, also auch den Fall der Feststellungsklagen des Mieters im Hinblick auf die Mietpreisbremse, aus sozialpolitischen Erwägungen auf den Jahresbetrag begrenzen wollte und eine entsprechende Regelung in der Neufassung des § 41 Abs. 5 GKG nur versehentlich unterlassen hatte, konnte nicht festgestellt werden.

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