Gerichtsstand bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages
OLG Stuttgart v. 25.3.2025, 6 U 89/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger wohnt in Leinfelden-Echterdingen und hatte am 21.3.2022 über den Online-Shop der Beklagten ein Elektroauto gekauft, das ihm am 10.12.2022 übergeben wurde. Er zahlte den vereinbarten Kaufpreis von 48.220 €. Am 12.12.2023 widerrief er allerdings seine Vertragserklärung und forderte die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises auf. Das Fahrzeug befindet sich nach wie vor beim Kläger.
Der Kläger hat schließlich beim LG Stuttgart Klage im Urkundenprozess erhoben. Er machte geltend, er sei im Dezember 2023 noch berechtigt gewesen, den Kaufvertrag zu widerrufen, da es sich um einen widerruflichen Fernabsatzvertrag handle und die ihm erteilte Widerrufsbelehrung weder dem gesetzlichen Muster noch den Vorgaben des Gesetzes entspreche. Zudem habe die Widerrufsfrist nicht begonnen, weil die Lieferung wegen der fehlenden Einparkhilfe noch nicht vollständig gewesen sei. Sein daraus folgender Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sei mit dem Nachweis der Absendung des Fahrzeugs an die Beklagte fällig geworden.
Die Beklagte hat gerügt, das LG Stuttgart sei für die Klage örtlich nicht zuständig, insbesondere lasse sich die Zuständigkeit des Gerichts nicht aus § 29 ZPO ableiten. Der Erfüllungsort liege nicht am Wohnort des Klägers, sondern an ihrem Sitz. Zudem sei die Klage im Urkundenprozess nicht statthaft, weil der Kläger jedenfalls die Absendung des Fahrzeugs nicht mit Urkunden beweisen könne.
Das LG hat die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Der Kläger argumentierte im Berufungsverfahren, dass bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages der Gerichtsstand des § 29 ZPO am Wohnsitz des Käufers bestehe, wo sich die Kaufsache befinde, ohne dass es auf den Grund der Rückabwicklung ankomme. Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Gründe:
Richtig hat das LG angenommen, dass sich eine örtliche Zuständigkeit nicht aus § 29 ZPO ergibt, denn der Erfüllungsort befindet sich am Sitz der Beklagten.
Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO ist dort begründet, wo der Schuldner nach materiellem Recht zu leisten hat. Und die Erfüllung der Rückzahlung des Kaufpreises nach Widerruf eines im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrages hat, unabhängig davon, wo sich die gekaufte Sache befindet, gem. § 269 Abs. 1 BGB am Sitz des beklagten Unternehmers zu erfolgen. Besondere Umstände, die geeignet wären, einen einheitlichen Erfüllungsort zu begründen, sind in dieser Konstellation regelmäßig nicht gegeben.
Weder für den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erfolgreichem Widerruf (§§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357 BGB) noch für die Forderung auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten wegen Schuldnerverzugs (§§ 280 Abs.1 und 2, 286 BGB) sieht der Vertrag eine Regelung zum Leistungsort vor. Soweit in der Widerrufsbelehrung angegeben war, dass der Kläger das Fahrzeug im Falle des Widerrufs nicht nur am Sitz der Beklagten in Berlin, sondern auch beim örtlichen DeliveryCenter übergeben darf, war damit eindeutig nur seine Rückgabeverpflichtung aus § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB und nicht die der Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises geregelt.
Selbst wenn man darin eine AGB-Klausel sehen würde, ließe die Regelung keinen Raum für Zweifel i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB. Da sich auch im weiteren Text der Widerrufsbelehrung und der übrigen Vertragsbedingungen sonst keine Anhaltspunkte dafür finden ließen, dass die Parteien einen einheitlichen Erfüllungsort für die Rückabwicklung der empfangenen Leistungen festlegen wollten, konnte sich eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung nur aus den weiteren, das Rechtsverhältnis der Parteien prägenden Umständen ergeben, die aber bei der Bestimmung des Leistungsortes nach § 269 Abs. 1 BGB ohnehin zu berücksichtigen wären. Solche besonderen Umstände waren hier nicht gegeben, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.12.2024 - 6 UH 4/24 und Urt. v. 4.5.2021 - 6 U 769/20.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Der Kläger wohnt in Leinfelden-Echterdingen und hatte am 21.3.2022 über den Online-Shop der Beklagten ein Elektroauto gekauft, das ihm am 10.12.2022 übergeben wurde. Er zahlte den vereinbarten Kaufpreis von 48.220 €. Am 12.12.2023 widerrief er allerdings seine Vertragserklärung und forderte die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises auf. Das Fahrzeug befindet sich nach wie vor beim Kläger.
Der Kläger hat schließlich beim LG Stuttgart Klage im Urkundenprozess erhoben. Er machte geltend, er sei im Dezember 2023 noch berechtigt gewesen, den Kaufvertrag zu widerrufen, da es sich um einen widerruflichen Fernabsatzvertrag handle und die ihm erteilte Widerrufsbelehrung weder dem gesetzlichen Muster noch den Vorgaben des Gesetzes entspreche. Zudem habe die Widerrufsfrist nicht begonnen, weil die Lieferung wegen der fehlenden Einparkhilfe noch nicht vollständig gewesen sei. Sein daraus folgender Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sei mit dem Nachweis der Absendung des Fahrzeugs an die Beklagte fällig geworden.
Die Beklagte hat gerügt, das LG Stuttgart sei für die Klage örtlich nicht zuständig, insbesondere lasse sich die Zuständigkeit des Gerichts nicht aus § 29 ZPO ableiten. Der Erfüllungsort liege nicht am Wohnort des Klägers, sondern an ihrem Sitz. Zudem sei die Klage im Urkundenprozess nicht statthaft, weil der Kläger jedenfalls die Absendung des Fahrzeugs nicht mit Urkunden beweisen könne.
Das LG hat die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Der Kläger argumentierte im Berufungsverfahren, dass bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages der Gerichtsstand des § 29 ZPO am Wohnsitz des Käufers bestehe, wo sich die Kaufsache befinde, ohne dass es auf den Grund der Rückabwicklung ankomme. Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Gründe:
Richtig hat das LG angenommen, dass sich eine örtliche Zuständigkeit nicht aus § 29 ZPO ergibt, denn der Erfüllungsort befindet sich am Sitz der Beklagten.
Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO ist dort begründet, wo der Schuldner nach materiellem Recht zu leisten hat. Und die Erfüllung der Rückzahlung des Kaufpreises nach Widerruf eines im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrages hat, unabhängig davon, wo sich die gekaufte Sache befindet, gem. § 269 Abs. 1 BGB am Sitz des beklagten Unternehmers zu erfolgen. Besondere Umstände, die geeignet wären, einen einheitlichen Erfüllungsort zu begründen, sind in dieser Konstellation regelmäßig nicht gegeben.
Weder für den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erfolgreichem Widerruf (§§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357 BGB) noch für die Forderung auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten wegen Schuldnerverzugs (§§ 280 Abs.1 und 2, 286 BGB) sieht der Vertrag eine Regelung zum Leistungsort vor. Soweit in der Widerrufsbelehrung angegeben war, dass der Kläger das Fahrzeug im Falle des Widerrufs nicht nur am Sitz der Beklagten in Berlin, sondern auch beim örtlichen DeliveryCenter übergeben darf, war damit eindeutig nur seine Rückgabeverpflichtung aus § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB und nicht die der Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises geregelt.
Selbst wenn man darin eine AGB-Klausel sehen würde, ließe die Regelung keinen Raum für Zweifel i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB. Da sich auch im weiteren Text der Widerrufsbelehrung und der übrigen Vertragsbedingungen sonst keine Anhaltspunkte dafür finden ließen, dass die Parteien einen einheitlichen Erfüllungsort für die Rückabwicklung der empfangenen Leistungen festlegen wollten, konnte sich eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung nur aus den weiteren, das Rechtsverhältnis der Parteien prägenden Umständen ergeben, die aber bei der Bestimmung des Leistungsortes nach § 269 Abs. 1 BGB ohnehin zu berücksichtigen wären. Solche besonderen Umstände waren hier nicht gegeben, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.12.2024 - 6 UH 4/24 und Urt. v. 4.5.2021 - 6 U 769/20.
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