Gewerberaummiete während Corona: Darlegungs- und Beweislast für eingeschränkte Verwendbarkeit und maßnahmebedingter Umsatzausfälle
OLG Koblenz v. 8.5.2023 - 15 U 1954/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten am 15.9.2020 einen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen. Der monatliche Mietzins von 700 € nebst Vorauszahlung auf die Nebenkosten von 200 € stand für die Monate Februar 2021 bis einschließlich Juli 2021 und August bis einschließlich November 2022 offen. Die klagenden Vermieter kündigten das Mietverhältnis zum 30.11.2022. Sie begehrten von dem Beklagten Mietzinszahlung i.H.v. 8.100 € aus Gewerbemietvertrag. Der Beklagte war der Ansicht, die Verweigerung der Mietzinszahlung sei durch die Schließung des Mietobjekts aufgrund staatlicher Maßnahmen infolge der Corona-Pandemie gerechtfertigt.
Das LG gab der Klage antragsgemäß statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Der Beklagte hat dem Anspruch der Kläger auf die begehrte Mietzinszahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB keine erheblichen Einwände entgegengesetzt. Insbesondere sind die Voraussetzungen für ein vollständiges oder auch nur teilweises Entfallen des Mietzinsanspruchs in den streitgegenständlichen Monaten gem. § 313 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 240 § 7 EGBGB nicht schlüssig dargetan worden.
Wer als Mieter gem. § 313 Abs. 1 BGB die Anpassung des in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Mietzinses infolge staatlicher Corona-Maßnahmen begehrt, muss die durch die Maßnahmen bedingte fehlende oder stark eingeschränkte Verwendbarkeit der Mietsache, einschließlich maßnahmebedingter Umsatzausfälle, darlegen und beweisen. Der Beklagte konnte sich nicht auf die Vermutung des Art. 240 § 7 EGBGB berufen. Für Oktober und November 2022 galt dies schon deshalb, weil die Norm gem. Art. 6 Abs. 6 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVFAG) bereits am 30.9.2022, und damit vor Fälligkeit des Mietzinses für diese Monate, außer Kraft getreten war.
Davon abgesehen hatte der Beklagte bereits die Vermutungsbasis des Art. 240 § 7 EGBGB, d.h. die Ausgangstatsachen, nicht schlüssig dargetan, so dass sich auch die Rechtsfolge des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Einzelfall, auf die sich die Vermutungswirkung nicht erstreckte, nicht bestimmen ließe. Selbst wenn man dies noch anders sehen wollte, wäre die Vermutung vorliegend jedenfalls gem. § 292 S. 1 ZPO widerlegt und kein Raum für eine Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB, weil der Mietvertrag erst nach Beginn der Pandemie geschlossen worden war. Zu diesem Zeitpunkt war das Risiko von Betriebsschließungen infolge der Pandemie bereits allgemeinkundig. Hier war nicht nur die Pandemie als solche bekannt, sondern auch die potentielle Folge von in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifenden staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Isabel Witt-Klein
Gewerbliche Mietverträge in der Pandemie
MDR 2023, 329
Aktionsmodul Zivilrecht:
Sie können Tage nicht länger machen, aber effizienter. 6 Module vereint mit führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften für die zivilrechtliche Praxis. Neu: Online-Unterhaltsrechner. Jetzt zahlreiche, bewährte Formulare mit LAWLIFT bearbeiten! Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. 4 Wochen gratis nutzen!
Mietrecht und WEG-Recht:
Die perfekte Basisausstattung zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht für Praktiker. Jetzt topaktuell mit Beiträgen u.a.: Übersicht zu den neuen §§ 5 u. 6a HeizkostenV - Teil I, Wohnungseigentum - praktische Fragen zur Eintragung von Beschlüssen. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrecht Rheinland-Pfalz
Die Parteien hatten am 15.9.2020 einen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen. Der monatliche Mietzins von 700 € nebst Vorauszahlung auf die Nebenkosten von 200 € stand für die Monate Februar 2021 bis einschließlich Juli 2021 und August bis einschließlich November 2022 offen. Die klagenden Vermieter kündigten das Mietverhältnis zum 30.11.2022. Sie begehrten von dem Beklagten Mietzinszahlung i.H.v. 8.100 € aus Gewerbemietvertrag. Der Beklagte war der Ansicht, die Verweigerung der Mietzinszahlung sei durch die Schließung des Mietobjekts aufgrund staatlicher Maßnahmen infolge der Corona-Pandemie gerechtfertigt.
Das LG gab der Klage antragsgemäß statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Der Beklagte hat dem Anspruch der Kläger auf die begehrte Mietzinszahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB keine erheblichen Einwände entgegengesetzt. Insbesondere sind die Voraussetzungen für ein vollständiges oder auch nur teilweises Entfallen des Mietzinsanspruchs in den streitgegenständlichen Monaten gem. § 313 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 240 § 7 EGBGB nicht schlüssig dargetan worden.
Wer als Mieter gem. § 313 Abs. 1 BGB die Anpassung des in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Mietzinses infolge staatlicher Corona-Maßnahmen begehrt, muss die durch die Maßnahmen bedingte fehlende oder stark eingeschränkte Verwendbarkeit der Mietsache, einschließlich maßnahmebedingter Umsatzausfälle, darlegen und beweisen. Der Beklagte konnte sich nicht auf die Vermutung des Art. 240 § 7 EGBGB berufen. Für Oktober und November 2022 galt dies schon deshalb, weil die Norm gem. Art. 6 Abs. 6 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVFAG) bereits am 30.9.2022, und damit vor Fälligkeit des Mietzinses für diese Monate, außer Kraft getreten war.
Davon abgesehen hatte der Beklagte bereits die Vermutungsbasis des Art. 240 § 7 EGBGB, d.h. die Ausgangstatsachen, nicht schlüssig dargetan, so dass sich auch die Rechtsfolge des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Einzelfall, auf die sich die Vermutungswirkung nicht erstreckte, nicht bestimmen ließe. Selbst wenn man dies noch anders sehen wollte, wäre die Vermutung vorliegend jedenfalls gem. § 292 S. 1 ZPO widerlegt und kein Raum für eine Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB, weil der Mietvertrag erst nach Beginn der Pandemie geschlossen worden war. Zu diesem Zeitpunkt war das Risiko von Betriebsschließungen infolge der Pandemie bereits allgemeinkundig. Hier war nicht nur die Pandemie als solche bekannt, sondern auch die potentielle Folge von in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifenden staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen.
Aufsatz
Isabel Witt-Klein
Gewerbliche Mietverträge in der Pandemie
MDR 2023, 329
Aktionsmodul Zivilrecht:
Sie können Tage nicht länger machen, aber effizienter. 6 Module vereint mit führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften für die zivilrechtliche Praxis. Neu: Online-Unterhaltsrechner. Jetzt zahlreiche, bewährte Formulare mit LAWLIFT bearbeiten! Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. 4 Wochen gratis nutzen!
Mietrecht und WEG-Recht:
Die perfekte Basisausstattung zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht für Praktiker. Jetzt topaktuell mit Beiträgen u.a.: Übersicht zu den neuen §§ 5 u. 6a HeizkostenV - Teil I, Wohnungseigentum - praktische Fragen zur Eintragung von Beschlüssen. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!