Gewerberaummiete: Zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts
BGH v. 26.1.2022 - XII ZR 79/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um wechselseitige Zahlungsansprüche aus einem Gewerberaummietverhältnis. Der Kläger war Vermieter, der Beklagte Mieter einer Gaststätte in Köln. In dem schriftlichen Mietvertrag war ein Vertragsbeginn zum 1.10.2015 mit einer Mietzeit von zehn Jahren und einer mtl. Gesamtmiete von brutto rd. 8.750 € vereinbart. Ab Oktober 2016 zahlte der Beklagte die laufenden Mieten nicht mehr. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 9.11.2016 die fristlose Kündigung. Unter dem 22.11.2016 erklärte der Beklagte die Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch aus einer zusätzlichen Sicherheitsleistung i.H.v. 190.000 €, die er zuvor durch Zahlung von sieben Milliarden iranische Rial am 30.9.2015 erbracht habe. Diese sei im Hinblick auf die mietvertragliche Vereinbarung ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Kläger beantragte zuletzt - nach Abschluss eines Teilvergleichs über die Räumung und über die Ablösesumme für das Inventar, den Beklagten zur Zahlung rückständiger Miete i.H.v. rd. 114.000 € sowie zur Zahlung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. rd. 2.200 €, jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und den Kläger im Rahmen der erhobenen Widerklage zu verurteilen, an ihn rd. 76.300 € zu zahlen.
Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von rd. 2.000 € nebst Zinsen. Auf die Widerklage verurteilte es den Kläger, an den Beklagten rd. 76.300 € nebst Zinsen zu zahlen. Ferner stellte das LG fest, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage i.H.v. rd. 52.500 € in der Hauptsache erledigt hat. Im Übrigen wies es die Widerklage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten, an den Kläger rd. 114.000 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. rd. 2.000 € zu zahlen. Auf die Widerklage verurteilte es den Kläger, an den Beklagten sieben Milliarden iranische Rial nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wies es die Widerklage ab. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ließ der BGH die Revision insoweit zu, als von einer Zug-um-Zug-Verurteilung hinsichtlich der Klageforderung abgesehen worden ist.
Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, und fasste es dahingehend neu, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger rd. 114.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Zahlung von sieben Milliarden iranische Rial an den Beklagten zu zahlen.
Die Gründe:
Das OLG hat zwar zu Recht ausgeführt, dass es an der nach § 387 BGB erforderlichen Aufrechnungslage fehlt. Nach der Rechtsprechung des BGH sind eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld (Valutaschuld) und eine auf Deutsche Mark lautende Geldschuld nicht gleichartig. Nichts anderes gilt bei Anwendung des § 387 BGB auch für eine in ausländischer Währung geschuldete Forderung gegenüber einer auf Euro gerichteten Geldschuld. Auch dann, wenn - wie hier - die Wirksamkeit einer Aufrechnung daran scheitert, dass die wechselseitig geschuldeten Leistungen ihrem Gegenstand nach nicht gleichartig sind (§ 387 BGB), kann die erklärte Aufrechnung jedoch ein Zurückbehaltungsrecht begründen. Denn wenn der Beklagte unter Hinweis auf die von ihm erklärte Aufrechnung die Abweisung der Klage beantragt hat, kann hierin nach der Rechtsprechung des BGH die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und damit der Antrag erblickt werden, ihn nur zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen.
Die Feststellungen des OLG, wonach der Beklagte bei unstreitiger Klageforderung im Hinblick auf die Gegenforderung Klagabweisung beantragt und zugleich im Wege der (hilfsweisen) Widerklage Zahlung der Restforderung begehrt hat, tragen im Rahmen des hier vorliegenden innerlich zusammengehörigen einheitlichen Lebenssachverhalts die Rechtsfolge, dass der Beklagte mit seiner - unwirksamen - Aufrechnungserklärung konkludent auch ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat. Dann hat die Klage nur Zug um Zug gegen Zahlung der Gegenforderung Erfolg, was auch den wirtschaftlichen Interessen des Beklagten entspricht.
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Die Parteien streiten um wechselseitige Zahlungsansprüche aus einem Gewerberaummietverhältnis. Der Kläger war Vermieter, der Beklagte Mieter einer Gaststätte in Köln. In dem schriftlichen Mietvertrag war ein Vertragsbeginn zum 1.10.2015 mit einer Mietzeit von zehn Jahren und einer mtl. Gesamtmiete von brutto rd. 8.750 € vereinbart. Ab Oktober 2016 zahlte der Beklagte die laufenden Mieten nicht mehr. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 9.11.2016 die fristlose Kündigung. Unter dem 22.11.2016 erklärte der Beklagte die Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch aus einer zusätzlichen Sicherheitsleistung i.H.v. 190.000 €, die er zuvor durch Zahlung von sieben Milliarden iranische Rial am 30.9.2015 erbracht habe. Diese sei im Hinblick auf die mietvertragliche Vereinbarung ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Kläger beantragte zuletzt - nach Abschluss eines Teilvergleichs über die Räumung und über die Ablösesumme für das Inventar, den Beklagten zur Zahlung rückständiger Miete i.H.v. rd. 114.000 € sowie zur Zahlung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. rd. 2.200 €, jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und den Kläger im Rahmen der erhobenen Widerklage zu verurteilen, an ihn rd. 76.300 € zu zahlen.
Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von rd. 2.000 € nebst Zinsen. Auf die Widerklage verurteilte es den Kläger, an den Beklagten rd. 76.300 € nebst Zinsen zu zahlen. Ferner stellte das LG fest, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage i.H.v. rd. 52.500 € in der Hauptsache erledigt hat. Im Übrigen wies es die Widerklage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten, an den Kläger rd. 114.000 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. rd. 2.000 € zu zahlen. Auf die Widerklage verurteilte es den Kläger, an den Beklagten sieben Milliarden iranische Rial nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wies es die Widerklage ab. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ließ der BGH die Revision insoweit zu, als von einer Zug-um-Zug-Verurteilung hinsichtlich der Klageforderung abgesehen worden ist.
Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, und fasste es dahingehend neu, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger rd. 114.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Zahlung von sieben Milliarden iranische Rial an den Beklagten zu zahlen.
Die Gründe:
Das OLG hat zwar zu Recht ausgeführt, dass es an der nach § 387 BGB erforderlichen Aufrechnungslage fehlt. Nach der Rechtsprechung des BGH sind eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld (Valutaschuld) und eine auf Deutsche Mark lautende Geldschuld nicht gleichartig. Nichts anderes gilt bei Anwendung des § 387 BGB auch für eine in ausländischer Währung geschuldete Forderung gegenüber einer auf Euro gerichteten Geldschuld. Auch dann, wenn - wie hier - die Wirksamkeit einer Aufrechnung daran scheitert, dass die wechselseitig geschuldeten Leistungen ihrem Gegenstand nach nicht gleichartig sind (§ 387 BGB), kann die erklärte Aufrechnung jedoch ein Zurückbehaltungsrecht begründen. Denn wenn der Beklagte unter Hinweis auf die von ihm erklärte Aufrechnung die Abweisung der Klage beantragt hat, kann hierin nach der Rechtsprechung des BGH die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und damit der Antrag erblickt werden, ihn nur zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen.
Die Feststellungen des OLG, wonach der Beklagte bei unstreitiger Klageforderung im Hinblick auf die Gegenforderung Klagabweisung beantragt und zugleich im Wege der (hilfsweisen) Widerklage Zahlung der Restforderung begehrt hat, tragen im Rahmen des hier vorliegenden innerlich zusammengehörigen einheitlichen Lebenssachverhalts die Rechtsfolge, dass der Beklagte mit seiner - unwirksamen - Aufrechnungserklärung konkludent auch ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat. Dann hat die Klage nur Zug um Zug gegen Zahlung der Gegenforderung Erfolg, was auch den wirtschaftlichen Interessen des Beklagten entspricht.
- Rechtsprechung: AG Köln vom 10.02.2022, 221 C 248/21 - COVID-19-Pandemie: Keine Vertragsanpassung bei vorherigen Verlusten des Mieters mit Anmerkung Burbulla (MietRB 2022, 108)
- Aufsatz: Burbulla - Gewerberaummiete - Die Entwicklungen der Rechtsprechung im 1. Halbjahr 2021 (MDR 2021, 1500)
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