Gläubigeranfechtung auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück nach Grundstücksübertragung
BGH 13.9.2018, IX ZR 190/17Die M. GmbH sowie deren Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer W und M waren Eigentümer eines 1999 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworbenen Grundstücks. Den Grundstückserwerb finanzierten die beiden Schuldner durch einen Kredit, der durch erstrangige Grundschuld i.H.v. 340.000 DM nebst Zinsen gesichert wurde. Sie valutierte zum 16.11.2001 i.H.v. 390.615,96 DM. Im Oktober 2000 ließen die Schuldner an zweiter und dritter Rangstelle Eigentümerschulden eintragen, die sie im Januar 2001 an die C. GmbH& Co. KG und im März 2001 an die A. eG zur Sicherheit abtraten. Für den Kläger ist im Grundbuch an rangletzter Stelle eine Sicherungshypothek eingetragen.
Im Oktober 2001 veräußerten die Schuldner das Grundstück für 400.000 DM an die Beklagte, die alle bestehenden Belastungen mit dinglicher Wirkung übernahm. Die Beklagte, für die am 2.11.2001 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde, zahlte im Juni 2003 den Kaufpreis. Daraufhin wurde sie im Oktober 2003 als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Kläger hatte bereits 2001 rechtskräftige Zahlungstitel gegen WM und die M. GmbH als Gesamtschuldner erwirkt. Vollstreckungsversuche waren jedoch ohne Erfolg geblieben. Die Schuldner gaben die eidesstattliche Versicherung ab, die M. GmbH wurde zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
Im Januar 2002 erhob der Kläger Anfechtungsklage gegen die Beklagte und zunächst auch gegen die Schuldner. Das OLG hob das klageabweisende Urteil des LG auf und verwies es erneut an das LG zurück. Das LG gab der Klage sodann statt. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Die dagegen eingelegte Revision hatte vor dem BGH Erfolg. Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Feststellungen des OLG lassen den Schluss auf das Vorliegen einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung nicht zu.
Das OLG hat einen von der Beklagten zugestandenen Verkehrswert des Grundstücks zugrunde gelegt, ohne zu prüfen, ob es sich um einen Wert handelt, der im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielt werden könnte, denn allein auf diesen Wert kommt es an. Zudem durfte das OLG bei der Prüfung der wertausschöpfenden Belastung des übertragenen Grundstücks die an die A. eG und C. GmbH & Co. KG abgetretenen Grundschulden nicht unberücksichtigt lassen, denn im Verhältnis zur Beklagten kann sich der Kläger nicht auf eine Anfechtbarkeit dieser Übertragung berufen. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 11.7.1996, IX ZR 226/94.
Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat nur dann eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 1 Abs. 1 AnfG zur Folge, wenn der in der Zwangsversteigerung erzielbare Erlös des Grundstück die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens überstiegen hätte. Eine Gläubigerbenachteiligung kommt deshalb nicht in Betracht, wenn das Grundstück wertausschöpfend belastet ist und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung des anfechtenden Gläubigers geführt hätte. Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstücks sowie der tatsächlichen Höhe derjenigen Forderung ab, die durch die eingetragenen Grundbuchrechte gesichert werden.
Bei der Beurteilung der Frage der Gläubigerbenachteiligung bei einer Grundstückübertragung können nicht per se solche Grundstücksbelastungen außer Betracht bleiben, die der Anfechtung unterliegen. Denn im Streitfall erfolgte die Abtretung nicht an die Beklagte, sondern an Dritte. Der die Grundstücksübertragung anfechtende Gläubiger kann sich gegenüber dem Einwand des Erwerbers, das Grundstück sei bereits wertausschöpfend belastet gewesen, auf die Anfechtbarkeit der vorrangigen Belastungen nur dann berufen, wenn de Möglichkeit der Anfechtung gerade im Verhältnis zum Erwerber besteht, dieser also auch der Anfechtungsgegner wäre. Die Gläubigeranfechtung soll dem einzelnen Gläubiger den Vollstreckungszugriff wieder ermöglichen, der durch die angefochtene Rechtshandlung vereitelt wurde. Eine darüber hinausgehende Verbesserung der vollstreckungsrechtlichen Stellung des Anfechtungsgläubigers gegenüber anderen Gläubigern des Schuldners soll die Anfechtung hingegen nicht bewirken. Die Gläubigeranfechtung verschafft dem Anfechtungsgläubiger nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den jeweiligen Anfechtungsgegner.
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