Grundpfandgläubiger gegen Nießbrauchsberechtigten
BGH 12.9.2013, V ZB 195/12Das AG hatte im Februar 2010 auf Antrag der Gläubigerin aufgrund dinglicher und persönlicher Ansprüche die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes des Schuldners angeordnet. Auf dem Grundstück lastete ein zu Gunsten der Ehefrau des Schuldners bestellter lebenslanger, unentgeltlicher Nießbrauch aus dem Jahr 2008. Für die Gläubigerin war 2009 eine Sicherungshypothek eingetragen worden. Auf eine von der Gläubigerin auf § 4, § 11 AnfG gestützte Klage wurde die Ehefrau im November 2011 rechtskräftig dazu verurteilt, von Nießbrauchrecht keinen Gebrauch zu machen und in die Auszahlung des bei der Zwangsversteigerung auf diese Position entfallenden Erlöses an die Gläubigerin bis zum Betrag von deren Forderung einzuwilligen.
Für den auf März 2012 bestimmten Versteigerungstermin beantragte die Gläubigerin, die Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG dem Urteil entsprechend abzuändern. Im Versteigerungstermin ordnete das AG die Ausbietung in Form eines Doppelausgebots an, wobei zum einen der Nießbrauch nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben sollte und mit einem Zuzahlungsbetrag bewertet wurde. Gebote wurden in diesem Termin nicht abgegeben, so dass das Verfahren einstweilen eingestellt wurde.
Auf Antrag der Gläubigerin wurde das Verfahren fortgesetzt und ein Versteigerungstermin auf Juni 2012 bestimmt. Die Gläubigerin beantragte in der Folge abweichende Versteigerungsbedingungen dahingehend, dass von einem Erlöschen des Nießbrauchs auszugehen und dieser nicht in das geringste Gebot aufzunehmen sei. Das AG wies den Antrag zurück. Die Ehefrau blieb im Versteigerungstermin Meistbietende. Mit Beschluss vom gleichen Tag erteilte das AG der Meistbietenden den Zuschlag.
Das LG wies die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurück. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hob der BGH die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und versagte den Zuschlag.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts lag ein Zuschlagsversagungsgrund vor.
Nach § 83 Nr. 1 ZVG ist der Zuschlag u.a. zu versagen, wenn eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist. Hierunter sind die in §§ 44 bis 65 ZVG enthaltenen Regelungen zu verstehen. Nach § 59 ZVG kann jeder Beteiligter spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbestimmungen verlangen. Dem auf dieser Grundlage gestellten Antrag der Gläubigerin, den der zugunsten der Ehefrau des Schuldners bestellten Nießbrauch bei der Feststellung des geringsten Gebots abweichend von § 44 Abs. 1 ZVG nicht zu berücksichtigen, hätte somit ungeachtet der fehlenden Zustimmung der Berechtigten entsprochen werden müssen.
In der BGH-Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Anfechtungsgläubiger jedenfalls als Beteiligter gem. § 9 ZVG eine Änderung der Versteigerungsbedingungen nach § 59 ZVG verlangen kann, wenn das anfechtbar erlangte Recht - wie hier - nach § 44 Abs. 1 ZVG in das geringste Gebot fällt und es deshalb nach § 52 Abs. 1 ZVG bestehen bleibt. Durch die Verurteilung des Anfechtungsgegners, von dem anfechtbar erworbenen Recht gegenüber dem Anfechtungsgegner keinen Gebrauch zu machen, soll die Zugriffslage wiederhergestellt werden, die ohne die anfechtbare Rechtshandlung bestehen würde. Ohne die Einräumung des Nießbrauchs wären der Sicherungshypothek der Gläubigerin keine Rechte der Ehefrau des Schuldners vorgegangen. Die Gläubigerin konnte daher verlangen, dass der Nießbrauch bei der Aufstellung des geringsten Gebots wie ein ihrer Sicherungshypothek im Rang nachgehendes Recht behandelt und daher nicht in das geringste Gebot aufgenommen wird.
Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts auch nicht daraus, dass die Nießbrauchsberechtigte nicht zur Abgabe einer auf die Aufhebung ihres Rechts zielenden Willenserklärung verurteilt worden war. Die Verfahrensweise des Vollstreckungsgerichts führte demgegenüber dazu, dass der Nießbrauch als bestehen bleibendes Recht viele Interessenten vom Bieten abhielt und damit ein Zugriffshindernis bildete. Die Festsetzung eines Zuzahlungsbetrages für den Fall, dass das Recht nicht bestehen sollte, änderte daran nichts.
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