06.05.2024

Grundstückskaufvertrag trotz Schwarzgeldabrede idR nicht nichtig

Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13).

BGH v. 15.3.2024 - V ZR 115/22
Der Sachverhalt:
Der Beklagte verkaufte der Klägerin mit notariellem Vertrag eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit; in dem Vertrag erklärten die Parteien zugleich die Auflassung. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 120.000 € beurkundet. Tatsächlich vereinbart war ein Preis von 150.000 €. Den nicht mitbeurkundeten Differenzbetrag von 30.000 € hatte die Klägerin dem Beklagten bereits vor dem Beurkundungstermin in bar gezahlt. Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von 120.000 € an den Beklagten wurde die Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Nachdem der Beklagte gegenüber dem Finanzamt eine Selbstanzeige im Hinblick auf seine Mitwirkung bei der Verkürzung der Grunderwerbsteuer erstattet und das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den gesamten Kaufpreis festgesetzt hatte, führten die Parteien Gespräche über die Wirksamkeit des Kaufvertrags und dessen Rückabwicklung. Im Zuge dessen beantragte und bewilligte die Klägerin auf Verlangen und zu Gunsten des Beklagten die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch.

Der Beklagte überwies daraufhin einen Betrag in Höhe von 120.000 € auf das Treuhandkonto eines Notars, welcher den Betrag an die Klägerin auszahlte, obwohl der Beklagte noch nicht wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden war. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs.

Das LG sah den Kaufvertrag als nichtig an und wies die Klage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten, der Löschung des Widerspruchs zuzustimmen. Der BGH hat die dagegen erhobene Revision zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs verlangen kann, weil sie rechtswirksam Eigentümerin geworden und das Grundbuch somit in Bezug auf den eingetragenen Widerspruch unrichtig ist. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam.

Zwar war der beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 € nicht gewollt und als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte, lediglich mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 € gemäß § 117 Abs. 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der Formmangel wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung und die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß geheilt.

Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises in Höhe von 30.000 €, nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags.

Die Schwarzgeldabrede führt nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unmittelbar zur Nichtigkeit des Kaufvertrages.

Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII. Zivilsenates des BGH zu Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) fest. Diese zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind auf Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13; BGH v. 11.6.2015 - VII ZR 216/14; BGH v. 16.3.2017 - VII ZR 197/16).

Das Verbotsgesetz, gegen das durch eine solche Abrede verstoßen wird, hat eine andere Zielrichtung. Dies beruht darauf, dass das Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 SchwarzArbG die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist. Zur Erreichung dieses Zwecks will das Gesetz nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung und des redlichen Wettbewerbs den zu Grunde liegenden Rechtsgeschäften ihre rechtliche Wirkung nehmen. Nur so kann der Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern schlechthin unterbunden werden.

Eine entsprechende Regelung existiert für Schwarzgeldabreden beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags nicht. Eine solche Abrede kann zwar, wenn sie mit der Absicht getroffen wird, Steuern zu hinterziehen, gegen § 370 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) verstoßen. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Der Schutzzweck dieser Norm liegt aber - anders als beim Verbot der Schwarzarbeit - nicht (auch) in dem Schutz des redlichen Wettbewerbs, etwa - worauf die Revision abstellen möchte - dem Schutz anderer Kaufinteressenten, sondern allein in der Sicherung des staatlichen Steueraufkommens.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Keine Zahlungsansprüche eines Unternehmers bei Nichtigkeit eines Werkvertrags wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG
BGH vom 10.4.2014 - VII ZR 241/13
DB 2014, 1131

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