05.02.2021

Herabsetzung der Miete bei Corona-bedingter Schließung eines Hotels?

Die einzelnen BayIfSMV können einen Mangel nicht begründen. Diese knüpfen mit dem Zweck, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu bekämpfen bzw. einzudämmen, ausschließlich an den Gesundheitsschutz an. § 326 Abs. 1 BGB ist zeitlich nur bis zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache anwendbar und wird mit Überlassung von den Vorschriften des besonderen Gewährleistungsrechts verdrängt.

LG München I v. 25.1.2021, 31 O 7743/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin macht im Kontext der Corona-Pandemie Ansprüche auf Zahlung mehrerer Monatsmieten aus einem Mietverhältnis über Gewerberäume geltend. Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag aus dem Jahr 2001. Die Beklagte betreibt in dem streitgegenständlichen Mietobjekt ein Hotel. Bis einschließlich November 2018 betrug die von der Beklagten monatlich zu zahlende Miete 47.179 €. Diese Miete bezahlte die Beklagte bis einschließlich März 2020.

Mit Schreiben vom 24.3.2020 erklärte die Beklagte, die Zahlungen ab April 2020 zunächst bis auf Weiteres einstellen zu müssen. Die Klägerin antwortete hierauf mit anwaltlichem Schreiben vom 31.3.2020 und verlangte dabei die Zahlung der Aprilmiete. Die Beklagte zahlte in den Monaten April, Mai und Juni 2020 keine Miete. Sie entschied sich nach einer Kostenrechnung bzw. aus Kostenüberlegungen, das streitgegenständliche Hotel vom 4.4.2020 bis einschließlich 30.6.2020 zu schließen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Regelungen über die Unmöglichkeit seien jedenfalls in den Fällen anwendbar, in denen der Betrieb gänzlich untersagt wurde. Aufgrund der vereinbarten ausschließlichen Nutzung des Mietobjekts als Hotel begründeten die Verordnungen eine Mangelhaftigkeit, die zu einer angemessenen Herabsetzung der Miete führe. Die Beklagte berief sich schließlich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage und macht ein Recht auf Vertragsanpassung geltend. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass weder ein Mangel noch ein Fall der Unmöglichkeit vorliege und dass eine Reihe von Faktoren gegen eine Mietreduzierung durch Vertragsanpassung sprächen.

Das LG gab der Klage überwiegend statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat auf Basis der konkreten Umstände des Einzelfalls in dem hier zu entscheidenden Vertragsverhältnis einen Anspruch auf Zahlung der vollen Mieten für die Monate April, Mai und Juni 2020. Der Anspruch ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB.

Die Miete war auch nicht zu mindern. Ein die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebender Mangel i.S.d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor. Ein solcher Mangel ist jede Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit des Mietobjekts von dem hierfür vertraglich definierten Sollstandard, die die Schwelle der Erheblichkeit des § 536 Abs. 1 S. 3 BGB überschreitet.

Die einzelnen BayIfSMV können einen Mangel nicht begründen Diese knüpfen mit dem Zweck, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu bekämpfen bzw. einzudämmen, ausschließlich an den Gesundheitsschutz an. Die Maßnahme findet ihre Ursache weder im Zustand noch in der Beschaffenheit des streitgegenständlichen Mietobjekts, sondern darin, dass Mitarbeiter und Kunden zur weiteren Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus beitragen könnten. Die Klägerin trifft insofern mangels entsprechender vertraglicher oder gesetzlicher Regelung keine Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Da die Pandemie außerhalb jeglicher Einflussmöglichkeit der Parteien liegt, lässt sich eine solche Pflicht der Klägerin auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründen.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf § 326 Abs. 1 BGB berufen. Die Vorschrift ist nicht anwendbar. § 326 Abs. 1 BGB ist zeitlich nur bis zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache anwendbar und wird mit Überlassung von den Vorschriften des besonderen Gewährleistungsrechts verdrängt. Im Übrigen läge ein Fall der Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) für den Vermieter, dem Mieter gem. § 535 Abs. 1 S. 1 BGB den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren und gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten, nicht vor.

Die Beklagte konnte letztlich auch nicht im Rahmen des § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Miete verlangen. Zwar hat die Beklagte grundsätzlich ein Recht auf Vertragsanpassung, die Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls führen aber zu einer Ausnahme und damit zur Aufrechterhaltung der vollen Mietzahlungspflicht der Beklagten. Dieses Ergebnis ergibt sich zwar weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 537 Abs. 1 BGB. Die Vertragsanpassung scheitert aber an den hier festgestellten besonderen Umständen des Einzelfalls. Die Beklagte hatte zunächst in eigener Initiative Zahlen zum Umsatz und weiteren Aspekten der wirtschaftlichen Lage vorgetragen und diese Angaben nach Verfügung des Einzelrichters sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung ergänzt. Aus diesen Zahlen und den weiteren Umständen lässt sich eine Unzumutbarkeit der vollen Mietzahlungspflicht für die Beklagte nicht herleiten.
Bayern.Recht
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