Hohe Anforderungen an das Vorliegen eines stillschweigenden Haftungsausschlusses
OLG Nürnberg 4.9.2017, 4 U 1178/17Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam das Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Tank, aus welchem sodann Benzin tropfte. Dann übernahm der Beklagte den Akku-Schrauber. Der Geschädigte hielt dabei ein Auffangbehältnis unter das Loch.
Es lief jedoch Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Bei den Bohrarbeiten des Beklagten bildeten sich Funken, wodurch es zu einer Verpuffung und zur Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte fing Feuer und erlitt erhebliche Verletzungen, u.a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.
Die Klägerin ist die Krankenkasse des Geschädigten und verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen der Behandlungskosten. Bereits in der Klage berücksichtigte die Klägerin ein Mitverschulden des Geschädigten i.H.v. 50 %.
Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies die Berufung des Beklagten zurück.
Die Gründe:
Der Beklagte hat durch sein Verhalten, das Bohren, die Verletzungen des Geschädigten verursacht. Er hat dabei auch fahrlässig gehandelt, da ihm die Gefährlichkeit seines Handels bewusst hätte sein müssen.
Es ist auch kein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben. Ein solcher liegt nach ständiger BGH-Rechtsprechung nur dann vor, wenn besondere Umstände vorliegen. In der Regel ist nicht von einem Haftungsverzicht auszugehen, wenn der Schädiger - wie im Streitfall - über eine Haftpflichtversicherung verfüge. Es entspricht nicht dem Willen der Beteiligten, nicht den Schädiger, sondern die Haftpflichtversicherung zu entlasten.
Ein Haftungsausschluss kommt auch nicht aufgrund des Handelns auf eigene Gefahr in Betracht. Dass der Geschädigte vielleicht die später verwirklichten Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen ist, stellt keine stillschweigende Einwilligung in die Schädigung dar. Dies kann jedoch dazu führen, dass der Geschädigte wegen Mitverschuldens verpflichtet ist, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Die angenommene Haftungsquote von 50 % ist im Streitfall zutreffend, da die Verursachungsbeiträge des Beklagten und des Geschädigten gleichwertig sind.