Jugendamt kann private Kindertagesstätte nicht zur Aufnahme eines Kindes zwingen
VG Münster v. 6.7.2023 - 6 L 558/23
Der Sachverhalt:
Die Eltern des in Münster wohnenden unter dreijährigen Kindes hatten den Betreuungsbedarf zum 1.8.2023 über den sog. Kita-Navigator der Antragsgegnerin angemeldet. Das Kind war jedoch weder bei der im Februar 2023 stattgefundenen Platzvergabe noch im Rahmen des wegen technischer Probleme im März 2023 wiederholten Vergabeverfahrens berücksichtigt worden. Nachdem das Gericht dem entsprechenden Eilantrag mit Beschluss vom 7.6.2023 (6 L 409/23) stattgegeben hatte, hatte die Stadt Münster für das Kind einen etwa 3 km von der Wohnung entfernten Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte angeboten. Diesen Platz nahmen die Eltern jedoch nicht in Anspruch, sondern beantragten erneut eine einstweilige Anordnung u.a. mit der Begründung, sie hätten zwischenzeitlich einen für sie günstigeren Betreuungsplatz in einer von einem privaten Träger betriebenen Kindertageseinrichtung gefunden. Die Stadt Münster sei verpflichtet, auf den Träger daraufhin einzuwirken, dass ihr Kind in dieser Kindertagesstätte betreut werde.
Diesen Antrag lehnte das Gericht nunmehr ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde eingelegt werden.
Die Gründe:
Die Antragsgegnerin hat als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe keine rechtliche Handhabe, den privaten Träger einer Kindertageseinrichtung zur Aufnahme eines bestimmten Kindes zu verpflichten, falls dieser nicht freiwillig hierzu bereit ist. Ebenso wenig vermag sie die Aufnahme eines bestimmten Kindes zu untersagen. Das gilt insbesondere ggü. freien und privaten Trägern eines Betreuungsangebots. Diese gestalten ihr Rechtsverhältnis zum Bürger autonom und agierten dabei ausschließlich im Bereich des bürgerlichen Rechts.
Eine Rechtsmacht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ist nur denkbar, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und den Trägern von Kindertageseinrichtungen besteht oder wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst Kindertageseinrichtungen betreibt. Eine solche vertragliche Vereinbarung besteht ausweislich der Einlassungen der Antragsgegnerin hier nur für die Belegung in bestimmten Notfällen.
Darüber hinaus sind Möglichkeiten der Einwirkung auf den Träger der Kindertageseinrichtung nicht ersichtlich. Der Antragsteller hebt die Privatautonomie des freien Trägers und dessen Entscheidungsfreiheit bei der Belegung seiner Kindertagesstätte selbst hervor. Auch das den Eltern zustehende Recht, für die Betreuung ihrer Kinder zwischen den zur Verfügung stehenden Tagesbetreuungsangeboten zu wählen, verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht zu einer dahingehenden Einwirkung auf freie Einrichtungsträger, dass diese unter Außerachtlassung der ihnen eingeräumten Entscheidungsfreiheit und der von ihnen selbst aufgestellten Auswahlkriterien vom Jugendhilfeträger vorgeschlagene Kinder in ihre Einrichtung aufnehmen müssen.
Aus dem Wunsch- und Wahlrecht können die Eltern des Antragstellers auch kein Recht auf eine Einwirkung auf freie Träger zur Erhöhung ihrer Kapazitäten herleiten. Dem steht hier schon entgegen, dass die Antragsgegnerin den Eltern bereits einen geeigneten und zumutbaren Betreuungsplatz in einer anderen Kindertagesstätte nachgewiesen hat.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
§ 24 III SGBVIII: Keine Erfüllung des Anspruchs auf Kitaplatz durch Tagespflege
OVG Lüneburg vom 19.7.2022 - 14 ME 277/22 [LS. m. Anm. d. Red.]
FamRZ 2022, 1707
Auch nachzulesen im Aktionsmodul Familienrecht:
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VG Münster PM vom 6.7.2023
Die Eltern des in Münster wohnenden unter dreijährigen Kindes hatten den Betreuungsbedarf zum 1.8.2023 über den sog. Kita-Navigator der Antragsgegnerin angemeldet. Das Kind war jedoch weder bei der im Februar 2023 stattgefundenen Platzvergabe noch im Rahmen des wegen technischer Probleme im März 2023 wiederholten Vergabeverfahrens berücksichtigt worden. Nachdem das Gericht dem entsprechenden Eilantrag mit Beschluss vom 7.6.2023 (6 L 409/23) stattgegeben hatte, hatte die Stadt Münster für das Kind einen etwa 3 km von der Wohnung entfernten Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte angeboten. Diesen Platz nahmen die Eltern jedoch nicht in Anspruch, sondern beantragten erneut eine einstweilige Anordnung u.a. mit der Begründung, sie hätten zwischenzeitlich einen für sie günstigeren Betreuungsplatz in einer von einem privaten Träger betriebenen Kindertageseinrichtung gefunden. Die Stadt Münster sei verpflichtet, auf den Träger daraufhin einzuwirken, dass ihr Kind in dieser Kindertagesstätte betreut werde.
Diesen Antrag lehnte das Gericht nunmehr ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde eingelegt werden.
Die Gründe:
Die Antragsgegnerin hat als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe keine rechtliche Handhabe, den privaten Träger einer Kindertageseinrichtung zur Aufnahme eines bestimmten Kindes zu verpflichten, falls dieser nicht freiwillig hierzu bereit ist. Ebenso wenig vermag sie die Aufnahme eines bestimmten Kindes zu untersagen. Das gilt insbesondere ggü. freien und privaten Trägern eines Betreuungsangebots. Diese gestalten ihr Rechtsverhältnis zum Bürger autonom und agierten dabei ausschließlich im Bereich des bürgerlichen Rechts.
Eine Rechtsmacht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ist nur denkbar, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und den Trägern von Kindertageseinrichtungen besteht oder wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst Kindertageseinrichtungen betreibt. Eine solche vertragliche Vereinbarung besteht ausweislich der Einlassungen der Antragsgegnerin hier nur für die Belegung in bestimmten Notfällen.
Darüber hinaus sind Möglichkeiten der Einwirkung auf den Träger der Kindertageseinrichtung nicht ersichtlich. Der Antragsteller hebt die Privatautonomie des freien Trägers und dessen Entscheidungsfreiheit bei der Belegung seiner Kindertagesstätte selbst hervor. Auch das den Eltern zustehende Recht, für die Betreuung ihrer Kinder zwischen den zur Verfügung stehenden Tagesbetreuungsangeboten zu wählen, verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht zu einer dahingehenden Einwirkung auf freie Einrichtungsträger, dass diese unter Außerachtlassung der ihnen eingeräumten Entscheidungsfreiheit und der von ihnen selbst aufgestellten Auswahlkriterien vom Jugendhilfeträger vorgeschlagene Kinder in ihre Einrichtung aufnehmen müssen.
Aus dem Wunsch- und Wahlrecht können die Eltern des Antragstellers auch kein Recht auf eine Einwirkung auf freie Träger zur Erhöhung ihrer Kapazitäten herleiten. Dem steht hier schon entgegen, dass die Antragsgegnerin den Eltern bereits einen geeigneten und zumutbaren Betreuungsplatz in einer anderen Kindertagesstätte nachgewiesen hat.
Rechtsprechung:
§ 24 III SGBVIII: Keine Erfüllung des Anspruchs auf Kitaplatz durch Tagespflege
OVG Lüneburg vom 19.7.2022 - 14 ME 277/22 [LS. m. Anm. d. Red.]
FamRZ 2022, 1707
Auch nachzulesen im Aktionsmodul Familienrecht:
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