06.09.2018

Kein berechtigtes Interesse des wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieters an der Grundbucheinsicht

Ein wegen Eigenbedarfs gekündigter Mieter, der im Räumungsprozess die Klage dadurch zu Fall bringen möchte, dass er nachweist, der kündigende Vermieter sei mangels wirksamen Erwerbsvertrags nicht Eigentümer geworden, kann die Erteilung von Abschriften der Vertragsurkunden, aufgrund derer der jetzige Eigentümer an dem Grundstück Eigentum erlangt hat, nicht verlangen, da ein berechtigtes Interesse dafür nicht besteht.

OLG München 24.7.2018, 34 Wx 68/18
Der Sachverhalt:

Der Beteiligte ist Mieter eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das mit notarieller Urkunde von einer Stiftung mit Genehmigung der staatlichen Stiftungsaufsicht veräußert wurde. Der Erwerber wurde schließlich als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Im Oktober 2016 kündigte er den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Mit nicht rechtskräftigem Endurteil des AG vom 1.3.2018 wurde der Beteiligte verurteilt, das Grundstück bis zum 31.12.2019 zu räumen.

Mit Schriftsatz vom 7.12.2017 beantragte der Beteiligte die Übersendung einer Kopie des Kaufvertrags mit Nachtrag sowie eines kompletten beglaubigten Grundbuchauszugs. Er begründete seinen Antrag damit, dass er sich im Rechtsstreit mit dem Eigentümer befinde, in dem es darum gehe, ob dieser wirksam Eigentum erworben habe. Der Kaufvertrag sei ggf. wegen gesetzlicher Verstöße nichtig. Es sei ein Tauschvertrag oder eine unzulässige Schenkung erfolgt.

Der Urkundsbeamte des Grundbuchamts teilte dem Beteiligten mit, dass diese Auskunft nur mit Einwilligung des Eigentümers möglich sei. Dieser hatte einer Erteilung bereits widersprochen. Gegen die Entscheidung legte der Beteiligte erfolglos Erinnerung ein. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte ebenso keinen Erfolg.

Die Gründe:

Dem Beteiligten steht das begehrte Grundbucheinsichtsrecht nicht zu.

Die Einsicht in das Grundbuch ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt (§ 12 Abs. 1 S. 1 GBO). Ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 1 GBO besteht nicht nur, wenn dieses rechtlicher Natur ist, namentlich dem Antragsteller am Grundstück ein Recht zusteht, sondern auch dann, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann. Darlegung bedeutet einen nachvollziehbaren Vortrag von Tatsachen in der Weise, dass dem Grundbuchamt daraus die Überzeugung von der Berechtigung des geltend gemachten Interesses verschafft wird.

Das Grundbuchamt hat in jedem Fall genau zu prüfen, ob durch die Einsichtnahme schutzwürdige Interessen der Eingetragenen verletzt werden können. Das gilt erst recht für die erweiterte Einsicht - wie hier - in die Grundakten nach §12 Abs. 3 Nr. 1 GBO, § 46 Abs. 1 GBV, die auf eine Kenntniserlangung der Modalitäten des Kaufvertrags abzielt.

Mietern wird grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht zugestanden. Nach Abschluss des Mietvertrags soll die Einsichtnahme nur noch beschränkt in das Bestandsverzeichnis und die erste Abteilung bestehen, damit der Mieter seiner Darlegungslast im Räumungsprozess, dem Vermieter stehe noch freier Wohnraum zur Verfügung, genügen kann. Nach diesen Grundsätzen kann die Erteilung von Abschriften der begehrten Vertragsurkunden nicht verlangt werden, da ein berechtigtes Interesse daran nicht dargetan ist.

Der wegen Eigenbedarfs gekündigte Antragsteller möchte im Räumungsprozess die Klage dadurch zu Fall bringen, dass er nachweist, der kündigende Vermieter sei mangels wirksamen Erwerbsvertrags nicht Eigentümer geworden. Da auf Veräußererseite eine Stiftung beteiligt war, könnte bei Vorliegen einer Schenkung Nichtigkeit des Vertrags gegeben sein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrags vielleicht nicht auf die Auflassung durchschlagen würde. Schließlich sind aber auch die Verdachtsmomente, die für eine Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts sprechen würden, nicht hinreichend dargelegt. Das eine Schenkung vorliegen könnte, stellt eine bloße Spekulation dar. Die Anhaltspunkte, die der Antragsteller vorbringt, sind nicht nachvollziehbar und nicht stichhaltig.

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