Kein erneuter Schlichtungsversuch nach Parteiwechsel auf Beklagtenseite
BGH v. 16.12.2022 - V ZR 34/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Kläger verlangten von der Mutter der Beklagten als damaliger Eigentümerin, auf deren Grundstück verschiedene Maßnahmen vorzunehmen. Aus diesem Grund kam es im Jahr 2015 zwischen den Klägern und der Mutter der Beklagten zu einem Schlichtungsverfahren, das nicht zu einer Einigung führte. Im Jahr 2016 erwarb die Beklagte das Eigentum an dem Grundstück ihrer Mutter.
In Unkenntnis der geänderten Eigentumsverhältnisse haben die Kläger ihre Klage zunächst gegen die Mutter der Beklagten gerichtet und den Rückschnitt eines Strauchs, die Beseitigung herüberragender Äste, die Begradigung eines Holzschutzes sowie die Entfernung der Regenrinne eines Gartenhauses verlangt. Nach Zustellung der Klage haben die Kläger einen Parteiwechsel erklärt, durch den die Beklagte anstelle ihrer Mutter in den Prozess eingetreten ist.
AG und LG wiesen die Klage als unzulässig ab. Auf die Rechtsmittel der Kläger hob der BGH die Urteile von AG und LG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.
Die Gründe:
Das LG geht davon aus, dass die geltend gemachten Ansprüche in den Anwendungsbereich der auf der Öffnungsklausel von § 15a EGZPO beruhenden Vorschrift des § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. b und e JustG NRW fallen. Dagegen wendet sich die Revision ausdrücklich nicht. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des LG, der Parteiwechsel auf Beklagtenseite mache einen neuen Schlichtungsversuch erforderlich. Wegen der geltend gemachten Ansprüche hat bereits ein Schlichtungsversuch stattgefunden. Dass die Schlichtung nur gegenüber der früheren Beklagten versucht worden ist, führt nicht dazu, dass die Klage mit dem Parteiwechsel unzulässig geworden ist.
Der Senat hat für § 10 Abs. 1 Nr. 1 lit. e GüSchlG NRW a.F. bereits entschieden, dass ein im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorgenommener Parteiwechsel auf Klägerseite keinen neuen Schlichtungsversuch erforderlich macht. Das Ziel der Entlastung der Zivilgerichte lässt sich nicht mehr erreichen, wenn die Schlichtung erfolglos geblieben und der Rechtsstreit bei Gericht anhängig geworden ist. Daher macht ein Parteiwechsel auf Klägerseite die Klage nicht unzulässig. Diese Rechtsprechung ist auf Zustimmung gestoßen. Für den gleichlautenden § 53 Abs. 1 JustG NRW gilt nichts anderes. Offengelassen hat der Senat, ob etwas anderes für den Parteiwechsel auf Beklagtenseite zu gelten hat. Der Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass die Klage bei einem Parteiwechsel auf Beklagtenseite ebenfalls ohne neues Schlichtungsverfahren zulässig bleibt. Das gesetzliche Ziel der Entlastung der Zivilgerichte lässt sich auch in dieser Konstellation nicht mehr erreichen.
Der Parteiwechsel auf Beklagtenseite steht - ebenso wie der Klägerwechsel - einer Klageänderung gleich und ist entsprechend § 263 ZPO zulässig, wenn der neue Prozessgegner zustimmt oder das Gericht den Wechsel als sachdienlich zulässt. Er ist zudem entsprechend § 269 Abs. 1 ZPO von Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache an nur mit Zustimmung des bisherigen Beklagten möglich. Stimmt der neue Beklagte dem Parteiwechsel zu, läuft die Forderung nach einem neuerlichen Schlichtungsversuch - wie auch beim Klägerwechsel - dem Ziel des Schlichtungsverfahrens, die Belastung der Zivilgerichte zu verringern, offensichtlich zuwider. Soweit der anstelle des bisherigen Beklagten in den Rechtsstreit eintretende Beklagte den Antrag des bisherigen Beklagten auf Abweisung der Klage weiterverfolgt, gibt er mit seinem Eintritt in den Prozess zu erkennen, dass er ebenfalls nicht bereit ist, die Klageforderung zu erfüllen. Im Hinblick auf den Wechsel der Beklagtenpartei die erneute Anrufung des Schlichtungsverfahrens zu verlangen, führte zu einer Verdopplung der gerichtlichen Verfahren und damit zum Gegenteil dessen, was durch § 53 Abs. 1 JustG NRW erreicht werden soll. Wird der Parteiwechsel von dem Gericht als sachdienlich zugelassen, verhält es sich - wie auch beim Klägerwechsel - nicht anders.
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Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Kläger verlangten von der Mutter der Beklagten als damaliger Eigentümerin, auf deren Grundstück verschiedene Maßnahmen vorzunehmen. Aus diesem Grund kam es im Jahr 2015 zwischen den Klägern und der Mutter der Beklagten zu einem Schlichtungsverfahren, das nicht zu einer Einigung führte. Im Jahr 2016 erwarb die Beklagte das Eigentum an dem Grundstück ihrer Mutter.
In Unkenntnis der geänderten Eigentumsverhältnisse haben die Kläger ihre Klage zunächst gegen die Mutter der Beklagten gerichtet und den Rückschnitt eines Strauchs, die Beseitigung herüberragender Äste, die Begradigung eines Holzschutzes sowie die Entfernung der Regenrinne eines Gartenhauses verlangt. Nach Zustellung der Klage haben die Kläger einen Parteiwechsel erklärt, durch den die Beklagte anstelle ihrer Mutter in den Prozess eingetreten ist.
AG und LG wiesen die Klage als unzulässig ab. Auf die Rechtsmittel der Kläger hob der BGH die Urteile von AG und LG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.
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Das LG geht davon aus, dass die geltend gemachten Ansprüche in den Anwendungsbereich der auf der Öffnungsklausel von § 15a EGZPO beruhenden Vorschrift des § 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. b und e JustG NRW fallen. Dagegen wendet sich die Revision ausdrücklich nicht. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des LG, der Parteiwechsel auf Beklagtenseite mache einen neuen Schlichtungsversuch erforderlich. Wegen der geltend gemachten Ansprüche hat bereits ein Schlichtungsversuch stattgefunden. Dass die Schlichtung nur gegenüber der früheren Beklagten versucht worden ist, führt nicht dazu, dass die Klage mit dem Parteiwechsel unzulässig geworden ist.
Der Senat hat für § 10 Abs. 1 Nr. 1 lit. e GüSchlG NRW a.F. bereits entschieden, dass ein im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorgenommener Parteiwechsel auf Klägerseite keinen neuen Schlichtungsversuch erforderlich macht. Das Ziel der Entlastung der Zivilgerichte lässt sich nicht mehr erreichen, wenn die Schlichtung erfolglos geblieben und der Rechtsstreit bei Gericht anhängig geworden ist. Daher macht ein Parteiwechsel auf Klägerseite die Klage nicht unzulässig. Diese Rechtsprechung ist auf Zustimmung gestoßen. Für den gleichlautenden § 53 Abs. 1 JustG NRW gilt nichts anderes. Offengelassen hat der Senat, ob etwas anderes für den Parteiwechsel auf Beklagtenseite zu gelten hat. Der Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass die Klage bei einem Parteiwechsel auf Beklagtenseite ebenfalls ohne neues Schlichtungsverfahren zulässig bleibt. Das gesetzliche Ziel der Entlastung der Zivilgerichte lässt sich auch in dieser Konstellation nicht mehr erreichen.
Der Parteiwechsel auf Beklagtenseite steht - ebenso wie der Klägerwechsel - einer Klageänderung gleich und ist entsprechend § 263 ZPO zulässig, wenn der neue Prozessgegner zustimmt oder das Gericht den Wechsel als sachdienlich zulässt. Er ist zudem entsprechend § 269 Abs. 1 ZPO von Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache an nur mit Zustimmung des bisherigen Beklagten möglich. Stimmt der neue Beklagte dem Parteiwechsel zu, läuft die Forderung nach einem neuerlichen Schlichtungsversuch - wie auch beim Klägerwechsel - dem Ziel des Schlichtungsverfahrens, die Belastung der Zivilgerichte zu verringern, offensichtlich zuwider. Soweit der anstelle des bisherigen Beklagten in den Rechtsstreit eintretende Beklagte den Antrag des bisherigen Beklagten auf Abweisung der Klage weiterverfolgt, gibt er mit seinem Eintritt in den Prozess zu erkennen, dass er ebenfalls nicht bereit ist, die Klageforderung zu erfüllen. Im Hinblick auf den Wechsel der Beklagtenpartei die erneute Anrufung des Schlichtungsverfahrens zu verlangen, führte zu einer Verdopplung der gerichtlichen Verfahren und damit zum Gegenteil dessen, was durch § 53 Abs. 1 JustG NRW erreicht werden soll. Wird der Parteiwechsel von dem Gericht als sachdienlich zugelassen, verhält es sich - wie auch beim Klägerwechsel - nicht anders.
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