Kein Schadensersatz wegen Messeabsage während der Corona-Pandemie
OLG Frankfurt a.M. v. 21.7.2022 - 11 U 7/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin schloss mit der beklagten Messeveranstalterin einen Vertrag über die Teilnahme an der Messe "Light + Building 2020", die vom 8.3. bis 13.3.2020 in Frankfurt a.M. stattfinden sollte. Am 24.2.2020 verschob die Beklagte die Messe im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus zunächst auf September 2020. Am 5.5.2020 sagte sie die Veranstaltung schließlich ganz ab. Die bereits entrichteten Standgebühren zahlte sie der Klägerin zurück. Diese begehrt nunmehr u.a. Schadensersatz i.H.v. knapp 75.000 € und verweist auf bereits vorgenommene Hotelreservierungen, PR-Maßnahmen, Miete des Messestands und statische Berechnungen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu.
Zu der zunächst vorgenommenen Verschiebung der Messe war die Beklagte berechtigt. Das Festhalten am ursprünglichen Vertrag war ihr nicht zumutbar. Bis zum 24.2.2020 haben sich die Umstände, die Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden waren, so schwerwiegend geändert, dass die Parteien bei Kenntnis dieser veränderten Umstände den Vertrag nicht mehr mit dem alten Inhalt geschlossen hätten. Die dynamische Entwicklung des Infektionsgeschehens mit dem Corona-Virus vom Jahreswechsel 2019/2020 bis zu ihrer Entscheidung am 24.2.2022, die dadurch bedingten erheblichen Unsicherheiten für die Durchführbarkeit der Veranstaltung und die Verantwortung für Gesundheit und das Leben aller an der Messe teilnehmenden Personen berechtigten die Beklagte zur Verschiebung um rd. 6 Monate. Die Entwicklung des Infektionsgeschehens verlief rasant und sich stetig verschärfend.
Unerheblich ist insoweit, dass am 24.2.2020 kein behördlich angeordnetes Verbot der Veranstaltung bestand. Es reichte vielmehr aus, dass ein behördliches Veranstaltungsverbot bei einer ex ante Prognose hinreichend wahrscheinlich war. Dies war hier der Fall. Angesichts der Erklärung des Infektionsgeschehens zu einer Pandemie durch die WHO am 11.3.2020, des am 12.3.2020 erfolgten Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen (wie hier) und des am 14.3.2020 verhängten vollständigen Verbots von Veranstaltungen wäre es allein vom Zufall abhängig gewesen, ob die Messe gerade noch hätte stattfinden können oder nicht. Dabei durfte die Beklagte auch in besonderer Weise die Gesundheit der Messeteilnehmer und die Verhinderung der Infektion einer unübersehbaren Zahl an Personen berücksichtigen.
Die endgültige Absage der Messe am 5.5.2020 erfolgte ebenfalls rechtmäßig. Nach der damals gültigen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung hätte die Messe nur mit einer Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden können. Diese wäre wohl nicht zu erlangen gewesen. Jedenfalls berechtigte die Lage am 5.5.2020 wegen Störung der Geschäftsgrundlage die Beklagte zu der völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses. Am 5.5.2020 war die Durchführung von Messen bis zum 31.8.2020 verboten. Die Prognose, ob die Durchführung der Messe zu dem geplanten Ausweichtermin möglich sein würde und wenn ja in welchem Umfang, war für die Beklagte angesichts der sich ständig überschlagenden und beinahe täglich erfolgenden Neueinschätzungen durch die verantwortlichen Politiker, das RKI und die Wissenschaft kaum zu treffen. Angesichts der wirtschaftlichen Interessen einer Vielzahl von Ausstellern und des Umstands, dass die drohenden Schäden mit der Kurzfristigkeit einer Absage immer größer würden, durfte die Beklagte die alle zwei Jahre stattfindende Messe absagen.
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 73 vom 8.9.2022
Die Klägerin schloss mit der beklagten Messeveranstalterin einen Vertrag über die Teilnahme an der Messe "Light + Building 2020", die vom 8.3. bis 13.3.2020 in Frankfurt a.M. stattfinden sollte. Am 24.2.2020 verschob die Beklagte die Messe im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus zunächst auf September 2020. Am 5.5.2020 sagte sie die Veranstaltung schließlich ganz ab. Die bereits entrichteten Standgebühren zahlte sie der Klägerin zurück. Diese begehrt nunmehr u.a. Schadensersatz i.H.v. knapp 75.000 € und verweist auf bereits vorgenommene Hotelreservierungen, PR-Maßnahmen, Miete des Messestands und statische Berechnungen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu.
Zu der zunächst vorgenommenen Verschiebung der Messe war die Beklagte berechtigt. Das Festhalten am ursprünglichen Vertrag war ihr nicht zumutbar. Bis zum 24.2.2020 haben sich die Umstände, die Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden waren, so schwerwiegend geändert, dass die Parteien bei Kenntnis dieser veränderten Umstände den Vertrag nicht mehr mit dem alten Inhalt geschlossen hätten. Die dynamische Entwicklung des Infektionsgeschehens mit dem Corona-Virus vom Jahreswechsel 2019/2020 bis zu ihrer Entscheidung am 24.2.2022, die dadurch bedingten erheblichen Unsicherheiten für die Durchführbarkeit der Veranstaltung und die Verantwortung für Gesundheit und das Leben aller an der Messe teilnehmenden Personen berechtigten die Beklagte zur Verschiebung um rd. 6 Monate. Die Entwicklung des Infektionsgeschehens verlief rasant und sich stetig verschärfend.
Unerheblich ist insoweit, dass am 24.2.2020 kein behördlich angeordnetes Verbot der Veranstaltung bestand. Es reichte vielmehr aus, dass ein behördliches Veranstaltungsverbot bei einer ex ante Prognose hinreichend wahrscheinlich war. Dies war hier der Fall. Angesichts der Erklärung des Infektionsgeschehens zu einer Pandemie durch die WHO am 11.3.2020, des am 12.3.2020 erfolgten Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen (wie hier) und des am 14.3.2020 verhängten vollständigen Verbots von Veranstaltungen wäre es allein vom Zufall abhängig gewesen, ob die Messe gerade noch hätte stattfinden können oder nicht. Dabei durfte die Beklagte auch in besonderer Weise die Gesundheit der Messeteilnehmer und die Verhinderung der Infektion einer unübersehbaren Zahl an Personen berücksichtigen.
Die endgültige Absage der Messe am 5.5.2020 erfolgte ebenfalls rechtmäßig. Nach der damals gültigen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung hätte die Messe nur mit einer Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden können. Diese wäre wohl nicht zu erlangen gewesen. Jedenfalls berechtigte die Lage am 5.5.2020 wegen Störung der Geschäftsgrundlage die Beklagte zu der völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses. Am 5.5.2020 war die Durchführung von Messen bis zum 31.8.2020 verboten. Die Prognose, ob die Durchführung der Messe zu dem geplanten Ausweichtermin möglich sein würde und wenn ja in welchem Umfang, war für die Beklagte angesichts der sich ständig überschlagenden und beinahe täglich erfolgenden Neueinschätzungen durch die verantwortlichen Politiker, das RKI und die Wissenschaft kaum zu treffen. Angesichts der wirtschaftlichen Interessen einer Vielzahl von Ausstellern und des Umstands, dass die drohenden Schäden mit der Kurzfristigkeit einer Absage immer größer würden, durfte die Beklagte die alle zwei Jahre stattfindende Messe absagen.
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