06.12.2021

Kein Schmerzensgeld für psychische Belastungen eines Kindergartenkindes in häuslicher Quarantäne

Eine häusliche Quarantäne kann bei einem Kindergartenkind zwar zu psychischen Belastungen führen. Eine Amtspflichtverletzung und damit auch ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld scheiden jedoch aus, wenn die Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts auf einer gesetzmäßigen Ermächtigungsgrundlage beruht, die Voraussetzungen für ihren Erlass vorliegen und keine Ermessensfehler ersichtlich sind.

LG Köln v. 26.10.2021 - 5 O 117/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist drei Jahre alt und besucht einen Kindergarten der Stadt Köln. Wegen eines positiv getesteten anderen Kindergartenkindes in derselben Gruppe ordnete das Gesundheitsamt Köln mit Wirkung vom 10.3.2021 eine häusliche Quarantäne bis zum 22.3.2021 an. Eine Verkürzung dieser Zeit durch einen negativen Test war nicht möglich.

Die Klägerin, im Prozess durch ihre Eltern vertreten, behauptet, durch die angeordnete Quarantäne psychische Schäden erlitten zu haben. Sie sei während der Isolation immer aggressiver geworden und habe unter Schlafstörungen gelitten. Es bestünde der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie macht daher 3.000 € Schmerzensgeld geltend.

Die Stadt Köln lehnt diesen Anspruch mit der Begründung ab, das Gesundheitsamt habe ermessensfehlerfrei die Quarantänemaßnahme angeordnet. Die Anordnung sei rechtmäßig gewesen angesichts der aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, an die sie sich gehalten habe.

Das LG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Es fehlt vorliegend schon an einer Amtspflichtverletzung. Selbst wenn eine Amtspflichtverletzung vorgelegen hätte, hätte die Stadt Köln jedoch auch nicht schuldhaft gehandelt.

Eine Amtspflichtverletzung scheidet aus, da die Quarantäneanordnung vom 11.3.2021 auf einer gesetzmäßigen Ermächtigungsgrundlage beruhte, die Voraussetzungen für ihren Erlass vorlagen und keine Ermessensfehler ersichtlich sind. Ermächtigungsgrundlage für die Quarantäneanordnung war § 28 Abs. 1 IfSG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise - und hierzu gehört die eigene Wohnung - abgesondert werden.

Die Klägerin ist zu Recht als Ansteckungsverdächtige eingestuft worden, da der Verdacht bestand, dass sie sich am 8.3.2021 bei einem Kind in ihrer Gruppe hätte mit Covid-19 angesteckt haben können. Die Einstufung der Index Person erfolgte aufgrund der Meldung des Labors durch den Nachweis des Virus aufgrund eines PCR Testes. Ein solcher Test ist auch hinreichend zuverlässig. Eine möglicherweise falsche Handhabung des PCR Testes im Labor wäre jedenfalls nicht der Beklagten anzulasten.

Die Klägerin war auch eine sog. "enge Kontaktperson" der infizierten Person, da in der Gruppe eine beengte Raumsituation bzw. eine schwer zu überblickende Kontaktsituation vorgelegen hat. Die Beklagte hat sich bei der Anordnung der Quarantäne auch an die Richtlinien des RKI gehalten. Da die häusliche Absonderung gem. § 30 IfSG die Freiwilligkeit des Betroffenen voraussetzt, begründet dies mangels psychischer Zwangswirkung auch keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit. Daher liegt kein Verstoß gegen den Richtervorbehalt aus Art. 104 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG vor.

Ein Freitesten der Klägerin nach zehn Tagen war nicht möglich, da dies bei sog. "engen Kontaktpersonen" aufgrund § 5 Abs. 2 Quarantäneanordnung NRW ausgeschlossen war. Die Stadt Köln hat die Quarantäneanordnung auch ermessensfehlerfrei getroffen. Unter Berücksichtigung der potenziellen Infektionsgefahr ist bei einem begrenzten Zeitraum die Beschränkung, in der gewohnten Umgebung mit seinen Eltern als Vertrauensperson zwei Wochen nicht nach draußen zu dürfen und keine Besucher zu empfangen, schwerwiegend aber noch angemessen.

Mehr zum Thema:
  • Aufsatz: Ausgewählte Rechtsprechung zu Sorge und Umgang seit 2019 (Scharl/Schmid, FamRB 2021, 511)
  • Aufsatz: Rechtsprechungsübersicht zum Recht der elterlichen Sorge und des Umgangs (Döll, FamRZ 2021, 1253)
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LG Köln PM vom 30.11.2021
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