Kein Wertersatz für Wertsteigerung nach erfolgter Renovierung bei Widerruf der in einer Haustürsituation geschlossenen Modernisierungsvereinbarung
BGH 17.5.2017, VIII ZR 29/16Der Kläger hat eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten angemietet. Mit Schreiben vom 2.6.2009 informierten die Beklagten den Kläger über die Modernisierung seiner Wohnung sowie eine infolgedessen zu erwartenden Mieterhöhung i.H.v. 76 €. Die Wärme- und Wasserversorgung sollte auf eine zentrale Heizungs- und Warmwasserversorgung umgestellt werden.
Im Dezember 2009 besuchte die Beklagte zu 1) den Kläger in seiner Wohnung. Beide Parteien trafen dabei eine Modernisierungsvereinbarung, nach der sich die Miete um 60 € pro Monat erhöhen sollte, wenn alle Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Nach dem die Arbeiten ausgeführt waren, zahlte der Kläger die 60 € Mieterhöhung für die Zeit von Juli 2010 bis Oktober 2012.
Anfang November 2012 widerrief der Kläger sein Einverständnis zur Mieterhöhung. Mit seiner Klage begehrt er Rückzahlung der ab Juli 2010 gezahlten Mieterhöhungsbeiträge.
AG und LG gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat gem. § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 BGB, § 355 Abs. 1 S. 1, § 357 Abs.1 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund der getroffenen Vereinbarung gezahlten Mieterhöhungsbeiträge i.H.v. 1.680 €, da er seine Erklärung zur Modernisierungsvereinbarung von Dezember 2009 wirksam widerrufen hat.
Der Haustürwiderruf kommt auch bei Mietverträgen über Wohnraum zur Anwendung. Der Kläger ist Verbraucher, die Beklagten handelten als Unternehmer. Ein Haustürgeschäft liegt vor, da ein Vertrag, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat, durch mündliche Verhandlung im Bereich einer Privatwohnung in einem Überraschungsmoment durch den nicht bestellten Besuch des Beklagten zu 1) geschlossen wurde. Mangels Belehrung über das Widerrufsrecht, hat die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen.
Den Beklagten steht gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung hingegen kein aus einer modernisierungsbedingten Steigerung des Wohnwerts der Mietwohnung entstehender Anspruch auf Wertersatz zu. § 346 Abs. 1 BGB bestimmt zwar, dass im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind; ist dies wie vorliegend nicht möglich, ist grds. Wertersatz zu leisten. Der § 346 BGB findet gem. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. aber nur Anwendung auf das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Um den vom Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften beabsichtigen Schutz sicherstellen zu können, dürfen die Vorschriften des Rücktritts nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen.
§ 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB knüpft für den zu leistenden Wertersatz an die Gegenleistung an. Dies setzt eine privatautonome ausgehandelte Entgeltabrede voraus. Die ist jedoch bei einem Haustürgeschäft wie im Streitfall typischerweise gerade nicht gegeben. Nach Sinn und Zweck des § 312 BGB a.F. findet § 346 Abs. 1 BGB daher keine Anwendung. Die Beklagten hätten aufgrund der Modernisierung die Miete zwar um den vereinbarten Betrag gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. erhöhen können. Solange dies indes unterblieben ist, schuldet der Mieter eine erhöhte Miete nicht allein schon wegen der durch eine Modernisierungsmaßnahme eingetretenen Steigerung des bisherigen Wohnwerts.
Eine Modernisierungsmieterhöhung hätte vielmehr vorausgesetzt, dass die Beklagten ein ihnen dahingehend gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. zukommendes Gestaltungsrecht nach Maßgabe des § 559b Abs. 1 BGB a.F. ausgeübt, also die Mieterhöhung dem Kläger in Textform erklärt und in der Erklärung die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten berechnet und erläutert hätten. Ohne eine diesen Anforderungen genügende Mieterhöhungserklärung hat eine wirksame Mieterhöhung dagegen nicht eintreten können und hat der Kläger mithin auch keine erhöhte Miete geschuldet. Dementsprechend stellt vorliegend eine etwaige modernisierungsbedingt eingetretene Wohnwertsteigerung für sich allein nicht einen vom Kläger über die nach dem Vertrag für den Mietgebrauch abschließend geschuldete Miete hinaus noch zusätzlich gem. § 346 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Nutzungswert dar.
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