Keine Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Jahresberichts nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG
OLG Köln v. 12.2.2025 - 28 Wx 7/24
Der Sachverhalt:
Die Rechtsbeschwerdeführerin bietet die Beteiligung an einem L. durch den Anteilserwerb an einem Solarfonds an und unterliegt als Emittentin den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes (VermAnlG). Der entsprechende Verkaufsprospekt ist durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt worden.
Nachdem die Rechtsbeschwerdeführerin für das Geschäftsjahr 2020 (nur) die Bilanz offengelegt hatte, setzte das Bundesamt für Justiz (BfJ) - nach vorheriger Androhung und Nachfristsetzung - mit Verfügung vom 15.8.2022 im Hinblick auf die seiner Ansicht nach zusätzlich zu veröffentlichenden Rechnungsunterlagen (Anhang, Lagebericht, Gewinn- und Verlustrechnung, Bestätigungsvermerk sowie die Erklärung nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG i.V.m. §§ 264 Abs. 2 Satz 3 bzw. 289 Abs. 1 Satz 5 HGB) ein Ordnungsgeld i.H.v. 2.500 € wegen nicht vollständiger Erfüllung der Offenlegungspflicht fest.
Hiergegen hat die Rechtsbeschwerdeführerin Beschwerde eingelegt. Sie war der Ansicht, dass für sie im Hinblick auf den genehmigten Verkaufsprospekt der Befreiungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG einschlägig und daher die Offenlegung der Bilanz ausreichend gewesen sei. Vorliegend führe bereits die Veröffentlichung des von der BaFin genehmigten Prospektes dazu, dass eine Befreiung von den Offenlegungspflichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG greife.
Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem OLG blieb erfolglos. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerdeführerin konnte sich im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Offenlegungspflichten nicht auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG berufen.
Die Rechtsbeschwerdeführerin unterlag als Emittentin einer Vermögensanlage den Vorschriften des VermAnlG. Die Billigung des Verkaufsprospektes durch die BaFin führte gerade nicht dazu, dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG die sich aus § 23 VermAnlG ergebenden Offenlegungspflichten entfielen. Diese Vorschrift befreit bestimmte Vermögensanlagen und Angebotskonstellationen trotz grundsätzlichen Vorliegens eines öffentlichen Angebots der Vermögensanlage lediglich von der allgemein von § 1 Abs. 1 VermAnlG aufgestellten Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts.
Die einzelnen Befreiungstatbestände dienen dabei der Verhinderung einer Überregulierung bestimmter Angebote, bei denen die Bonität des Emittenten, die Größe des Konzepts oder auch der angesprochene Anlegerkreis eine zwangsweise Schaffung einer weiteren Informationsquelle nicht rechtfertigen. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die angesprochenen Anleger die Informationen selbst beschaffen können und daher nicht schutzwürdig sind.
Infolgedessen war die Ausnahme des hier entscheidungsrelevanten § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG so zu verstehen, dass für Angebote von Vermögensanlagen, die Teil eines Angebots sind, für das bereits im Inland ein gültiger Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde, lediglich kein erneuter Prospekt erstellt werden muss. Die Ausnahme bezieht sich damit auf das (Teil-)Angebot einer Vermögensanlage und nicht allgemein auf den Emittenten. Eine weitergehende Befreiung von den Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnittes des VermAnlG war nach Ansicht des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt.
Diese einschränkende Auslegung des Ausnahmetatbestands ergibt sich bereits aus den Gesetzgebungsmaterialien. So regelte die durch § 2 VermAnlG ersetzte Norm des § 8f VerkaufsprospektG lediglich die Ausnahme von der Prospektpflicht. Im Falle der Nr. 5 erschien dem Gesetzgeber aufgrund des bereits veröffentlichten Verkaufsprospekts eine zusätzliche Information der potentiellen Anleger über die Vermögensanlage durch eine gesetzliche Prospektpflicht nicht geboten. Anderweitige Offenlegungspflichten waren von dieser Regelung nicht betroffen.
Letztlich gebieten auch Sinn und Zweck, nämlich der Schutz und das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit betreffend einzelne Unternehmen (und nicht betreffend die konkrete Vermögensanlage), dass die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG nur die jeweilige Vermögensanlage, nicht jedoch den Emittenten, erfasst.
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Justiz NRW
Die Rechtsbeschwerdeführerin bietet die Beteiligung an einem L. durch den Anteilserwerb an einem Solarfonds an und unterliegt als Emittentin den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes (VermAnlG). Der entsprechende Verkaufsprospekt ist durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt worden.
Nachdem die Rechtsbeschwerdeführerin für das Geschäftsjahr 2020 (nur) die Bilanz offengelegt hatte, setzte das Bundesamt für Justiz (BfJ) - nach vorheriger Androhung und Nachfristsetzung - mit Verfügung vom 15.8.2022 im Hinblick auf die seiner Ansicht nach zusätzlich zu veröffentlichenden Rechnungsunterlagen (Anhang, Lagebericht, Gewinn- und Verlustrechnung, Bestätigungsvermerk sowie die Erklärung nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG i.V.m. §§ 264 Abs. 2 Satz 3 bzw. 289 Abs. 1 Satz 5 HGB) ein Ordnungsgeld i.H.v. 2.500 € wegen nicht vollständiger Erfüllung der Offenlegungspflicht fest.
Hiergegen hat die Rechtsbeschwerdeführerin Beschwerde eingelegt. Sie war der Ansicht, dass für sie im Hinblick auf den genehmigten Verkaufsprospekt der Befreiungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG einschlägig und daher die Offenlegung der Bilanz ausreichend gewesen sei. Vorliegend führe bereits die Veröffentlichung des von der BaFin genehmigten Prospektes dazu, dass eine Befreiung von den Offenlegungspflichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG greife.
Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem OLG blieb erfolglos. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
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Die Rechtsbeschwerdeführerin konnte sich im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Offenlegungspflichten nicht auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG berufen.
Die Rechtsbeschwerdeführerin unterlag als Emittentin einer Vermögensanlage den Vorschriften des VermAnlG. Die Billigung des Verkaufsprospektes durch die BaFin führte gerade nicht dazu, dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG die sich aus § 23 VermAnlG ergebenden Offenlegungspflichten entfielen. Diese Vorschrift befreit bestimmte Vermögensanlagen und Angebotskonstellationen trotz grundsätzlichen Vorliegens eines öffentlichen Angebots der Vermögensanlage lediglich von der allgemein von § 1 Abs. 1 VermAnlG aufgestellten Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts.
Die einzelnen Befreiungstatbestände dienen dabei der Verhinderung einer Überregulierung bestimmter Angebote, bei denen die Bonität des Emittenten, die Größe des Konzepts oder auch der angesprochene Anlegerkreis eine zwangsweise Schaffung einer weiteren Informationsquelle nicht rechtfertigen. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die angesprochenen Anleger die Informationen selbst beschaffen können und daher nicht schutzwürdig sind.
Infolgedessen war die Ausnahme des hier entscheidungsrelevanten § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG so zu verstehen, dass für Angebote von Vermögensanlagen, die Teil eines Angebots sind, für das bereits im Inland ein gültiger Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde, lediglich kein erneuter Prospekt erstellt werden muss. Die Ausnahme bezieht sich damit auf das (Teil-)Angebot einer Vermögensanlage und nicht allgemein auf den Emittenten. Eine weitergehende Befreiung von den Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnittes des VermAnlG war nach Ansicht des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt.
Diese einschränkende Auslegung des Ausnahmetatbestands ergibt sich bereits aus den Gesetzgebungsmaterialien. So regelte die durch § 2 VermAnlG ersetzte Norm des § 8f VerkaufsprospektG lediglich die Ausnahme von der Prospektpflicht. Im Falle der Nr. 5 erschien dem Gesetzgeber aufgrund des bereits veröffentlichten Verkaufsprospekts eine zusätzliche Information der potentiellen Anleger über die Vermögensanlage durch eine gesetzliche Prospektpflicht nicht geboten. Anderweitige Offenlegungspflichten waren von dieser Regelung nicht betroffen.
Letztlich gebieten auch Sinn und Zweck, nämlich der Schutz und das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit betreffend einzelne Unternehmen (und nicht betreffend die konkrete Vermögensanlage), dass die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG nur die jeweilige Vermögensanlage, nicht jedoch den Emittenten, erfasst.
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