Keine Umwandlung eines subjektiv-dinglichen in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht an einem Grundstück im Wege der Rechtsänderung
BGH v. 23.1.2025 - V ZB 10/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks (Flurstück 993/3). Dieses ist belastet mit einem Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 993. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Beteiligte zu 2). Mit notarieller Urkunde vom 16.5.2023 vereinbarten die Beteiligten, das Vorkaufsrecht in der Weise zu ändern, dass es künftig der Beteiligten zu 2) persönlich zustehen, unvererblich sowie nicht übertragbar sein solle.
Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Eintragung dieser Änderung zurück. Die Beschwerde der Beteiligten blieb vor dem OLG ebenso ohne Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Die von den Beteiligten beabsichtigte Umwandlung des bislang bestehenden Vorkaufsrechts stellt keine Änderung des Inhalts eines Rechts i.S.d. § 877 BGB dar. Die Frage, ob eine solche Umwandlung möglich ist, wird in Rechtsprechung und Literatur allerdings nicht einheitlich beantwortet.
Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht nicht durch eine bloße Änderung i.S.d. § 877 BGB in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden. Zur Begründung wird zum Teil auf § 1103 Abs. 1 BGB verwiesen, wonach ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht nicht von dem Eigentum an diesem Grundstück getrennt werden kann. Als Trennung des subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts vom Eigentum wird auch die Umwandlung in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht verstanden. Andere halten § 877 BGB (auch) deshalb für unanwendbar, weil sich bei der Umwandlung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht die Inhaberschaft ändere.
Nach der Gegenauffassung soll § 877 BGB nicht bereits deshalb unanwendbar sein, weil es sich bei dem subjektiv-dinglichen Vorkaufsrecht und dem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht um gänzlich andere Rechte handele. Hierbei werde nämlich nicht berücksichtigt, dass das subjektiv-dingliche sowie das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht lediglich unterschiedliche Ausprägungen desselben Sachenrechts darstellten, wie sich auch aus der amtlichen Überschrift des § 1094 BGB ergebe. Allerdings dürfe eine Inhaltsänderung i.S.d. § 877 BGB nicht dazu führen, dass sich die Person des Inhabers des Rechts ändere, was jedoch beim Übergang zwischen einem subjektiv-dinglichen und einem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht der Fall wäre. Daher lasse sich ein "Formwechsel" auf der Grundlage von § 877 BGB nur dann vollziehen, wenn ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht überführt werden solle und der neue Berechtigte zuvor Eigentümer des herrschenden Grundstücks gewesen sei.
Richtig ist die zuerst dargestellte Meinung. Ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht) kann nicht im Wege der Rechtsänderung in ein zugunsten einer bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht) umgewandelt werden. Erforderlich ist vielmehr die Aufhebung des bisherigen und die Begründung eines neuen Vorkaufsrechts. Dies gilt auch dann, wenn die nunmehr begünstigte Person Eigentümerin des (bislang) herrschenden Grundstücks ist.
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Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks (Flurstück 993/3). Dieses ist belastet mit einem Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 993. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Beteiligte zu 2). Mit notarieller Urkunde vom 16.5.2023 vereinbarten die Beteiligten, das Vorkaufsrecht in der Weise zu ändern, dass es künftig der Beteiligten zu 2) persönlich zustehen, unvererblich sowie nicht übertragbar sein solle.
Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Eintragung dieser Änderung zurück. Die Beschwerde der Beteiligten blieb vor dem OLG ebenso ohne Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Die von den Beteiligten beabsichtigte Umwandlung des bislang bestehenden Vorkaufsrechts stellt keine Änderung des Inhalts eines Rechts i.S.d. § 877 BGB dar. Die Frage, ob eine solche Umwandlung möglich ist, wird in Rechtsprechung und Literatur allerdings nicht einheitlich beantwortet.
Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht nicht durch eine bloße Änderung i.S.d. § 877 BGB in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden. Zur Begründung wird zum Teil auf § 1103 Abs. 1 BGB verwiesen, wonach ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht nicht von dem Eigentum an diesem Grundstück getrennt werden kann. Als Trennung des subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts vom Eigentum wird auch die Umwandlung in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht verstanden. Andere halten § 877 BGB (auch) deshalb für unanwendbar, weil sich bei der Umwandlung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht die Inhaberschaft ändere.
Nach der Gegenauffassung soll § 877 BGB nicht bereits deshalb unanwendbar sein, weil es sich bei dem subjektiv-dinglichen Vorkaufsrecht und dem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht um gänzlich andere Rechte handele. Hierbei werde nämlich nicht berücksichtigt, dass das subjektiv-dingliche sowie das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht lediglich unterschiedliche Ausprägungen desselben Sachenrechts darstellten, wie sich auch aus der amtlichen Überschrift des § 1094 BGB ergebe. Allerdings dürfe eine Inhaltsänderung i.S.d. § 877 BGB nicht dazu führen, dass sich die Person des Inhabers des Rechts ändere, was jedoch beim Übergang zwischen einem subjektiv-dinglichen und einem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht der Fall wäre. Daher lasse sich ein "Formwechsel" auf der Grundlage von § 877 BGB nur dann vollziehen, wenn ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht überführt werden solle und der neue Berechtigte zuvor Eigentümer des herrschenden Grundstücks gewesen sei.
Richtig ist die zuerst dargestellte Meinung. Ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht) kann nicht im Wege der Rechtsänderung in ein zugunsten einer bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht) umgewandelt werden. Erforderlich ist vielmehr die Aufhebung des bisherigen und die Begründung eines neuen Vorkaufsrechts. Dies gilt auch dann, wenn die nunmehr begünstigte Person Eigentümerin des (bislang) herrschenden Grundstücks ist.
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