Keine unmittelbare Erstattung von Aufwendungen für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
BGH v. 25.3.2022 - V ZR 92/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien bildeten eine aus zwei Einheiten bestehende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), die seit längerem zerstritten ist. Seit dem Jahr 2018 war kein Verwalter mehr bestellt. Beide Parteien tilgten Verbindlichkeiten der Gemeinschaft und verlangten wechselseitig die Erstattung der jeweils verauslagten Kosten in Höhe des Miteigentumsanteils des anderen. Der Beklagte veräußerte seine Einheit im Jahr 2019. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung von rd. 7.000 €.
AG und LG gaben der Klage teilweise, unter Berücksichtigung wechselseitig zur Aufrechnung gestellter Ansprüche i.H.v. rd. 2.600 €, statt. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage auch im hinsichtlich der Zahlung weiterer rd. 4.100 € statt.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des LG scheitert die Erfüllungswirkung der Aufrechnung des Beklagten daran, dass es trotz dessen Ausscheiden aus der GdWE an einer Anspruchsgrundlage für einen unmittelbaren Aufwendungsersatzanspruch gegen den Kläger fehlt.
Im Ausgangspunkt nimmt das LG in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend an, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer, der eine Verbindlichkeit der GdWE tilgt, nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften - ungeachtet der Meinungsunterschiede über die zutreffende Anspruchsgrundlage - nur gegenüber der GdWE ein Aufwendungsersatzanspruch zusteht. Da der in Vorlage tretende Wohnungseigentümer für die Gemeinschaft tätig wird und sie von ihrer Schuld (vgl. § 10 Abs. 6 Satz 2 WEG a.F.) befreit, ergibt sich ein Erstattungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer weder aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus Bereicherungsrecht.
Wie das LG weiter richtig ausführt, scheidet auch die Haftung eines Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG a.F. (entsprechend § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer aus, wenn es sich - wie hier - um Ansprüche handelt, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten), zu denen Aufwendungsersatzansprüche wegen der Tilgung einer Verbindlichkeit der Gemeinschaft gehören. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Befriedigung aus dem Gemeinschaftsvermögen zu erwarten ist oder nicht. Andernfalls würden die im WEG für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer getroffenen Regelungen und das im Gesetz vorgesehene Finanzsystem der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unterlaufen. Nichts Anderes gilt in einer (zerstrittenen) Zweiergemeinschaft, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und in der wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, oder wenn der zwischenzeitlich aus der GdWE ausgeschiedene Wohnungseigentümer für die während seiner Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft entstandenen oder während dieses Zeitraums fällig gewordenen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden soll.
Nach diesen Maßstäben kann der Beklagte allein die GdWE auf Ersatz der für sie getätigten Aufwendungen in Anspruch nehmen. Anders als das LG meint, haftet der Kläger dem Beklagten nicht deshalb ausnahmsweise unmittelbar, weil der Beklagte infolge der Veräußerung seiner Einheit nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft ist. Ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getilgt hat, kann von den anderen Eigentümern auch dann keine unmittelbare (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, wenn er später aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist; das gilt auch bei einer zerstrittenen Zweiergemeinschaft. Der ausgeschiedene Wohnungseigentümer muss sich daher an die Gemeinschaft als Schuldnerin seiner Ersatzforderung halten und ggf. die Vollstreckung gegen diese betreiben. Die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die GdWE ist trotz des damit - insbesondere bei fehlender Finanzausstattung der Gemeinschaft - einhergehenden Aufwands weder aussichtlos noch unzumutbar.
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Die Parteien bildeten eine aus zwei Einheiten bestehende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), die seit längerem zerstritten ist. Seit dem Jahr 2018 war kein Verwalter mehr bestellt. Beide Parteien tilgten Verbindlichkeiten der Gemeinschaft und verlangten wechselseitig die Erstattung der jeweils verauslagten Kosten in Höhe des Miteigentumsanteils des anderen. Der Beklagte veräußerte seine Einheit im Jahr 2019. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung von rd. 7.000 €.
AG und LG gaben der Klage teilweise, unter Berücksichtigung wechselseitig zur Aufrechnung gestellter Ansprüche i.H.v. rd. 2.600 €, statt. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage auch im hinsichtlich der Zahlung weiterer rd. 4.100 € statt.
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Entgegen der Ansicht des LG scheitert die Erfüllungswirkung der Aufrechnung des Beklagten daran, dass es trotz dessen Ausscheiden aus der GdWE an einer Anspruchsgrundlage für einen unmittelbaren Aufwendungsersatzanspruch gegen den Kläger fehlt.
Im Ausgangspunkt nimmt das LG in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend an, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer, der eine Verbindlichkeit der GdWE tilgt, nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften - ungeachtet der Meinungsunterschiede über die zutreffende Anspruchsgrundlage - nur gegenüber der GdWE ein Aufwendungsersatzanspruch zusteht. Da der in Vorlage tretende Wohnungseigentümer für die Gemeinschaft tätig wird und sie von ihrer Schuld (vgl. § 10 Abs. 6 Satz 2 WEG a.F.) befreit, ergibt sich ein Erstattungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer weder aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus Bereicherungsrecht.
Wie das LG weiter richtig ausführt, scheidet auch die Haftung eines Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG a.F. (entsprechend § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer aus, wenn es sich - wie hier - um Ansprüche handelt, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten), zu denen Aufwendungsersatzansprüche wegen der Tilgung einer Verbindlichkeit der Gemeinschaft gehören. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Befriedigung aus dem Gemeinschaftsvermögen zu erwarten ist oder nicht. Andernfalls würden die im WEG für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer getroffenen Regelungen und das im Gesetz vorgesehene Finanzsystem der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unterlaufen. Nichts Anderes gilt in einer (zerstrittenen) Zweiergemeinschaft, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und in der wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, oder wenn der zwischenzeitlich aus der GdWE ausgeschiedene Wohnungseigentümer für die während seiner Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft entstandenen oder während dieses Zeitraums fällig gewordenen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden soll.
Nach diesen Maßstäben kann der Beklagte allein die GdWE auf Ersatz der für sie getätigten Aufwendungen in Anspruch nehmen. Anders als das LG meint, haftet der Kläger dem Beklagten nicht deshalb ausnahmsweise unmittelbar, weil der Beklagte infolge der Veräußerung seiner Einheit nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft ist. Ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getilgt hat, kann von den anderen Eigentümern auch dann keine unmittelbare (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, wenn er später aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist; das gilt auch bei einer zerstrittenen Zweiergemeinschaft. Der ausgeschiedene Wohnungseigentümer muss sich daher an die Gemeinschaft als Schuldnerin seiner Ersatzforderung halten und ggf. die Vollstreckung gegen diese betreiben. Die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die GdWE ist trotz des damit - insbesondere bei fehlender Finanzausstattung der Gemeinschaft - einhergehenden Aufwands weder aussichtlos noch unzumutbar.
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