26.09.2022

Kilometerstand eines gebrauchten Kfz ist regelmäßig als vereinbarte Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. anzusehen

Die Angabe des Kilometerstandes eines gebrauchten Kraftfahrzeugs im Rahmen eines Kaufvertrages ist regelmäßig als vereinbarte Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. anzusehen. Eine Kilometerangabe ist aus der maßgeblichen Sicht eines Kaufinteressenten nicht als Wiedergabe des Tachometerstands, sondern als Angabe der Laufleistung zu verstehen. Dem Kaufwilligen kommt es, wie allgemein bekannt ist, nicht auf den Tachometerstand, sondern auf die Laufleistung an.

OLG Brandenburg v. 24.8.2022 - 4 U 78/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verbraucher und hat von der Beklagten einen gebrauchten Porsche Carrera S gekauft. Diese hatte das importierte Fahrzeug über eine Internetplattform zuvor zum Kauf angeboten und dabei (sowie später in weiteren Dokumenten) einen Kilometerstand von 26.200 km angegeben. Daraufhin meldete sich der Kläger und es kam zum Abschluss eines Kaufvertrages zu einem Kaufpreis von brutto 45.400 €. Der Kläger zahlte den Kaufpreis und erhielt das Fahrzeug.

Später behauptete der Kläger, das Fahrzeug habe zum Zeitpunkt der Übergabe eine Laufleistung von mindestens 112.000 km gehabt. Er machte einen Minderungsanspruch i.H.v. 20.157 € geltend. Die Beklagte war der Ansicht, es handele sich bei der Kilometerangabe nicht um eine Beschaffenheitsangabe, insbesondere weil es sich um ein importiertes Fahrzeug handele, das die Beklagte lediglich als Kommissionsgut weiterverkauft habe.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass in der Kilometerangabe keine Beschaffenheitsvereinbarung zu erblicken sei, sondern lediglich eine Wissensmitteilung. Voraussetzung für eine Beschaffenheitsvereinbarung sei, dass für den Käufer keine Zweifel daran verbleiben dürften, dass der gewerbliche Gebrauchtwagenhändler eine entsprechende Fahrzeugbeschaffenheit verbindlich habe zusagen wollen. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben.

Auf die Berufung des Klägers hat das OLG das Urteil des LG teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.175 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Das Fahrzeug ist mangelhaft, da es nicht der vereinbarten Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. entspricht.

Wie der Sachverständige nachvollziehbar und zur Überzeugung des Senat festgestellt hat, betrug die Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe tatsächlich 112.000 km, statt der im Vertrag genannten 26.200 km. Die Angabe des Kilometerstandes eines gebrauchten Kraftfahrzeugs im Rahmen eines Kaufvertrages ist regelmäßig - so auch hier - als vereinbarte Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. anzusehen.

Es ist auch nicht zweifelhaft, dass die Parteien mit "26.200 km" eine Laufleistung vereinbart haben und nicht etwa nur den Stand des Tachometers. Eine solche Kilometerangabe ist aus der maßgeblichen Sicht eines Kaufinteressenten nicht als Wiedergabe des Tachometerstands, sondern als Angabe der Laufleistung zu verstehen. Dem Kaufwilligen kommt es, wie allgemein bekannt ist, nicht auf den Tachometerstand, sondern auf die Laufleistung an. Er kann und darf daher davon ausgehen, dass eine ohne Einschränkung oder deutlichen gegenteiligen Hinweis gemachte Kilometerangabe sich auf die für ihn entscheidende Laufleistung des Fahrzeugs bezieht. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht auf einen Ausschluss der Sachmängelgewährleistung wegen § 476 Abs. 1 BGB berufen.

Die Höhe des Minderungsanspruchs ergab sich aus § 441 Abs. 3 BGB. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Den Wert der mangelfreien Sache zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hat der Sachverständige auf 46.500 € und den wirklichen Wert auf 41.200 € bestimmt, woraus sich eine Minderung von 11,4 % ergibt. Gemessen am vereinbarten Kaufpreis ergibt sich daraus ein Minderungsbetrag von rund 5.175 €.

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