Kinderbetreuungsvertrag mit Ausschluss einer ansonsten bestehenden Kündigungsmöglichkeit für Juni und Juli ist rechtmäßig
BGH 7.6.2018, III ZR 351/17Die Klägerin schloss mit der Beklagten einen Vertrag über die Betreuung ihres Sohnes in der Kinderkrippe. Es wurde vereinbart, dass das Kind am 7.1.2013 in die Betreuungseinrichtung aufgenommen wird und das Vertragsverhältnis zum 31.8.2016 nach Vollendung des vierten Lebensjahres endet. Nach Nr. 6.2 kann der Vertrag mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Nr. 6.3 schließt eine Kündigung zum 30.6. und zum 31.7. eines jeden Jahres aus.
Die Klägerin kündigte am 19.4.2016 den Betreuungsvertrags zum 31.7.2016. Nach dieser Zeit besuchte ihr Sohn die Kinderkrippe der Beklagten nicht mehr. Dennoch zog diese für August 2016 den vereinbarten monatlichen Betrag i.H.v. 723 € vom Konto der Klägerin ein. Die Klägerin verlangte diesen Betrag von der Beklagten zurück. Sie ist der Ansicht, dass die Regelung in 6.3 des Vertrags gem. § 309 Nr. 9 Buchst. c, § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam sei, so dass der Vertrag gem. ihrer Kündigung am 31.7.2016 beendet worden sei.
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung des Betreuungsentgelts für August 2016 zu. Die Klägerin war zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet, da der zwischen den Parteien geschlossene Betreuungsvertrags erst zum 31.8.2016 beendet worden ist. Eine Kündigung zum 31.7.2016 war gem. Nr. 6.3 des Vertrags nicht zulässig.
Bei der Regelung in Nr. 6.3 des Betreuungsvertrags handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Regelung ist nicht gem. § 309 Nr. 9 Buchst. c BGB unwirksam. 309 Nr. 9 Buchst. c BGB verbietet lediglich eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer. Erfasst sind daher nur solche Kündigungsfristen, die eingehalten werden müssen, damit es nicht zu einer stillschweigenden Vertragsverlängerung kommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn eine Kündigung zum 31.8. ist möglich. Es kann zudem § 309 Nr. 9 Buchst. c BGB nicht entnommen werden, dass dem Kunden ein laufendes Kündigungsrecht mit einer Frist von maximal drei Monaten eingeräumt werden muss. Eine Absicht des Gesetzgebers die Vorschrift über den Wortlaut hinaus auszudehnen ist nicht erkennbar. Das Gegenteil folgt aus § 309 Nr. 9 Buchst. b BGB, wonach eine stillschweigende Vertragsverlängerung um ein Jahr zulässig ist.
Die Klausel in 6.3 führt auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund wird von der Regelung in 6.3 nicht eingeschränkt. Die Regelung stellt sich zudem nicht als missbräuchliche Durchsetzung der eigenen Belange des Verwenders auf Kosten seines Vertragspartners dar, denn sie berücksichtigt einerseits das Interesse der Eltern, das Vertragsverhältnis aus beliebigen Gründen in einem zumutbaren Zeitraum zu beenden. Andererseits trägt sie dem berechtigten Bedürfnis des Kinderkrippenbetreibers Rechnung, eine gewisse Planungssicherheit und ausreichende Zeit für eine Nachbesetzung der Krippenplätze zu schaffen. In den Sommermonaten kann es vermehrt zu Kündigungen kommen, dennoch muss der Betreiber auch in dieser Zeit Sachmittel und Personal vorhalten. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn aus organisatorischen Gründen die Kündigung zum 30.6. und zum 31.7. ausgeschlossen wird.
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