Kinderwunsch: Krankenkasse muss für drei Versuche mit derselben Methode zahlen
LSG Berlin-Brandenburg v. 16.10.2024 - L 16 KR 101/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit 2010 Mutter einer Tochter, die im Wege einer sog. intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) geboren wurde. Dabei wird ein einzelnes Spermium mit Hilfe einer sehr feinen hohlen Glasnadel direkt in die Eizelle gespritzt. Damals war sie Anfang 30. In der Folge unternahm die Frau zwei weitere Versuche der künstlichen Befruchtung mittels ICSI sowie drei weitere Versuche der Kinderwunschbehandlung mit kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium. Bei der letztgenannten Methode werden Eizellen im Anfangsstadium der Befruchtung bei minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff eingefroren und gelagert. Bis auf eine ICSI im Jahr 2015 zahlte die Frau alle Behandlungsversuche selbst. Lediglich eine im Jahr 2018 durchgeführte ICSI führte zu einer Schwangerschaft mit Fehlgeburt.
Im Jahr 2019 unternahm die Klägerin abermals zwei erfolglose Versuche der Kinderwunschbehandlung mittels ICSI. Ihre Krankenkasse lehnte die - vom Gesetz vorgesehene - Übernahme der hälftigen Kosten ab, da bereits mehr als drei Behandlungsversuche fehlgeschlagen seien. Das SG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hob das LSG die Entscheidung auf und gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BSG zugelassen.
Die Gründe:
Die Krankenkasse muss die von der Klägerin geltend gemachten hälftigen Kosten für die beiden erfolglosen ICSI-Behandlungen im Jahr 2019 übernehmen.
Nach den gesetzlichen Vorgaben umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist. Dabei dürfen unterschiedliche Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei der Zählung der erfolglosen Behandlungsversuche grundsätzlich nicht addiert werden.
Dies ergibt sich bereits aus Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung. Daher waren die drei erfolglosen Versuche der Befruchtung von kryokonservierten Eizellen nicht mitzuzählen. Außerdem können als erfolglose Behandlungsversuche nur solche gewertet werden, deren Methode in den Richtlinien über die künstliche Befruchtung des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführt werden. Dies ist bei der Behandlung mit kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium nicht der Fall.
Nicht zu berücksichtigen war auch die zu einer Fehlgeburt führende ICSI-Behandlung im Jahr 2018. Denn als erfolgloser Versuch galt nur die nicht zu einer Schwangerschaft führende ICSI-Behandlung im Jahr 2015, so dass die Kosten der zwei weiteren, erfolglosen ICSI-Behandlungen aus dem Jahr 2019 zu übernehmen sind.
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LSG Berlin-Brandenburg PM vom 29.10.2024
Die Klägerin ist seit 2010 Mutter einer Tochter, die im Wege einer sog. intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) geboren wurde. Dabei wird ein einzelnes Spermium mit Hilfe einer sehr feinen hohlen Glasnadel direkt in die Eizelle gespritzt. Damals war sie Anfang 30. In der Folge unternahm die Frau zwei weitere Versuche der künstlichen Befruchtung mittels ICSI sowie drei weitere Versuche der Kinderwunschbehandlung mit kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium. Bei der letztgenannten Methode werden Eizellen im Anfangsstadium der Befruchtung bei minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff eingefroren und gelagert. Bis auf eine ICSI im Jahr 2015 zahlte die Frau alle Behandlungsversuche selbst. Lediglich eine im Jahr 2018 durchgeführte ICSI führte zu einer Schwangerschaft mit Fehlgeburt.
Im Jahr 2019 unternahm die Klägerin abermals zwei erfolglose Versuche der Kinderwunschbehandlung mittels ICSI. Ihre Krankenkasse lehnte die - vom Gesetz vorgesehene - Übernahme der hälftigen Kosten ab, da bereits mehr als drei Behandlungsversuche fehlgeschlagen seien. Das SG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hob das LSG die Entscheidung auf und gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BSG zugelassen.
Die Gründe:
Die Krankenkasse muss die von der Klägerin geltend gemachten hälftigen Kosten für die beiden erfolglosen ICSI-Behandlungen im Jahr 2019 übernehmen.
Nach den gesetzlichen Vorgaben umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist. Dabei dürfen unterschiedliche Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei der Zählung der erfolglosen Behandlungsversuche grundsätzlich nicht addiert werden.
Dies ergibt sich bereits aus Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung. Daher waren die drei erfolglosen Versuche der Befruchtung von kryokonservierten Eizellen nicht mitzuzählen. Außerdem können als erfolglose Behandlungsversuche nur solche gewertet werden, deren Methode in den Richtlinien über die künstliche Befruchtung des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführt werden. Dies ist bei der Behandlung mit kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium nicht der Fall.
Nicht zu berücksichtigen war auch die zu einer Fehlgeburt führende ICSI-Behandlung im Jahr 2018. Denn als erfolgloser Versuch galt nur die nicht zu einer Schwangerschaft führende ICSI-Behandlung im Jahr 2015, so dass die Kosten der zwei weiteren, erfolglosen ICSI-Behandlungen aus dem Jahr 2019 zu übernehmen sind.
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