Klage auf Zustimmung zur Veräußerung ist gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten
BGH v. 22.3.2024 - V ZR 141/23Die Klägerin und die Beklagte bilden eine verwalterlose Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). In der im Jahr 2001 beurkundeten Teilungserklärung heißt es unter § 6: "Ein Wohnungseigentümer bedarf zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grunde versagt werden. Der Zustimmung des Verwalters bedarf es nicht. ..." Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.11.2021 veräußerte die Klägerin ihr Wohnungseigentum an eine Erwerberin. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung zur Veräußerung.
Das AG gab der auf Genehmigung der Veräußerung gerichteten Klage statt; das LG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das LG ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte für den von der Klägerin geltend gemachten Zustimmungsanspruch nicht passivlegitimiert ist.
Nach § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Eine solche Vereinbarung findet sich hier in § 6 der Teilungserklärung, der die Veräußerung des Wohnungseigentums von "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" abhängig macht. Die Frage, wer zustimmungsberechtigt i.S.d. § 12 Abs. 1 WEG ist, wenn die Teilungserklärung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer verlangt, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.
Bereits unter der Geltung des bisherigen Rechts war umstritten, ob alle Wohnungseigentümer individuell zustimmen mussten oder ob ein Mehrheitsbeschluss der übrigen Wohnungseigentümer ausreichte. Nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 1.12.2020 setzt sich der Streit fort. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nur im Sinne einer eigenständigen Zustimmungserklärung eines jeden Wohnungseigentümers verstanden werden könne. Die rechtsgeschäftlichen Zustimmungserklärungen könnten nicht durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt werden. Hierfür fehle der GdWE die Beschlusskompetenz. § 12 Abs. 1 WEG sehe die Vereinbarung der Zustimmung durch Beschluss nicht vor. Nach der Gegenauffassung, der auch das LG folgt, ist eine Teilungserklärung dieser Art dahin zu verstehen, dass die Erteilung der Zustimmung Aufgabe der GdWE ist, über welche die Gesamtheit der Wohnungseigentümer mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließt.
Die zuletzt genannte Ansicht verdient den Vorzug. Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die GdWE zu richten. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Klage auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums für den Fall einer in der Gemeinschafts-ordnung vereinbarten Verwalterzustimmung seit dem 1.12.2020 stets gegen die GdWE zu richten ist, weil nunmehr die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis ausschließlich dem Verband obliegt. Nichts anderes gilt, wenn die Gemeinschaftsordnung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert. Auch hier entspricht es seit dem 1.12.2020 der gebotenen objektiven und nächstliegenden Auslegung der Teilungserklärung, die GdWE als zuständig und damit als passivlegitimiert anzusehen. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Vereinbarung - wie hier - vor dem 1.12.2020 getroffen wurde.
Kommentierung | WEG
§ 12 Veräußerungsbeschränkung
Grziwotz in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023
Kommentierung | WEG
§ 18 Verwaltung und Benutzung
Sommer in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023
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