Klage eines Insolvenzverwalters gegen einen Kommanditisten aus Kommanditistenhaftung ist keine Handelssache
OLG Frankfurt a.M. 27.9.2018, 11 SV 58/18Der Kläger ist Insolvenzverwalter der X Fonds Nr. B GmbH & Co. KG. Er machte gegen den Beklagten, einen Kommanditisten, Ansprüche aus Kommanditistenhaftung gem. §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 1, 4 HGB geltend.
Auf Antrag des Beklagten verwies die Zivilkammer des LG den Rechtsstreit mit Beschluss ohne Anhörung des Klägers unter Bezugnahme auf §§ 95 Abs. 1 Nr. 4a, 97 Abs. 1 GVG an die Kammer für Handelssachen. Die Kammer für Handelssachen des LG erklärte sich für funktionell unzuständig und legte die Sache dem OLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.
Der Beklagte ist unter Berufung auf das BGH-Urteil vom 20.2.2018, II ZR 272/16 der Auffassung, dass die Kammer für Handelssachen zuständig sei.
Das OLG erklärte die Zivilkammer des LG für den Rechtsstreit für zuständig.
Die Gründe:
Die Zivilkammer des LG ist für den Rechtsstreit gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog zuständig. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung durch das OLG liegen gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog vor, da sich sowohl die Zivilkammer als auch die Kammer für Handelssachen des LG in jeweils unanfechtbaren Beschlüssen für unzuständig erklärt haben.
Die Zivilkammer des LG ist für den Rechtsstreit zuständig, da es sich im Streitfall um keine Handelssache gem. § 95 Abs. 1 GVG handelt. Aufgrund dessen, dass ein Kommanditist kein Kaufmann i.S.v. § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG ist, kann sich die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen nur aus § 95 Abs. 1 Nr. 4a GVG ergeben. Nach § 95 Abs. 1 Nr. 4a GVG sind Handelssachen u.a. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen der Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern. Im Streitfall geht es aber nicht um einen Anspruch der Kommanditgesellschaft gegen einen ihrer Kommanditisten, sondern um einen Anspruch von Gläubigern der Gesellschaft gegen einen Kommanditisten. Der Insolvenzverwalter wird insoweit lediglich treuhänderisch als gesetzlicher Prozessstandschafter gem. § 171 Abs. 2 HGB tätig. Ein Forderungsübergang auf ihn findet nicht statt. Es handelt sich daher im Streitfall um Ansprüche von Dritten und nicht um solche der Handelsgesellschaft.
Die BGH-Entscheidung auf die sich der Beklagte berufen hat, ist nicht einschlägig, da sich der BGH in der Sache nicht mit der Frage der Zuständigkeit bei einer Klage eines Insolvenzverwalters einer Fonds-KG gegen einen Kommanditisten aus Kommanditistenhaftung beschäftigt hat.
Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen auch nicht aus § 102 GVG, da der Verweisungsbeschluss der Zivilkammer des LG entgegen § 102 S. 2 GVG ausnahmsweise keine Bindungswirkung entfaltet. Die Bindungswirkung entfällt ausnahmsweise, da der Verweisungsbeschluss auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht. Die Zivilkammer hat den Kläger zu der beabsichtigten Verweisung an die Kammer für Handelssachen nicht angehört.
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