19.10.2022

Klage unzulässig - Anschrift eines Postdienstleisters reicht nicht aus

Gibt die Klägerin ohne nachvollziehbaren Grund ihre Anschrift nicht an, sondern beschränkt sich auf die Angabe eines Dienstleistungsunternehmens, welches Post an sie weiterleitet, ist die Klage unzulässig. Der Verlust der Prozessführungsbefugnis in Störungsabwehrklagen, die vor dem 1.12.2020 erhoben worden sind, durch eine Erklärung des Verwalters über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

LG Frankfurt a.M. v. 6.10.2022 - 2-13 S 95/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Klägerin hatte die übrigen Wohnungseigentümer jeweils auf Beseitigung behaupteter baulicher Veränderungen in Anspruch genommen. Die Klage ist am 25.11.2020 bei Gericht eingegangen. Mit Schreiben vom 12.5.2021 hat die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend einem Beschluss der Eigentümerversammlung gegenüber dem Gericht ausdrücklich erklärt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht bereit sei, die Klägerin zur Geltendmachung der Rückbauansprüche zu ermächtigen. Der Beschluss wurde von der Klägerin angefochten.

Die Klägerin hat zwei Wohnsitze im Ausland. In der Klage hatte sie jedoch lediglich die Anschrift eines Ladengeschäfts angegeben, das u.a. einen Postfachservice anbietet. Insoweit ist an der Fassade eine Liste mit den Namen von Personen und Firmen enthalten, darunter derjenige der Klägerin, verbunden mit dem Zusatz "Post für: ... Bitte in den Briefkasten am Ladeneingang oder direkt hier im Geschäft abgeben. Danke!".

Das AG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, sie sei bereits unzulässig, weil die Klägerin keine ladungsfähige Anschrift angegeben habe, im Übrigen sei die Prozessführungsbefugnis durch die Erklärung der Verwalterin gemäß dem BGH-Urteil vom 7.5.2021 (V ZR 299/19) entfallen. Das LG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.

Die Gründe:
Die Nichtangabe einer ladungsfähigen Anschrift im ersten Rechtszug führte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zur Unzulässigkeit der Klage.

Zu den von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört nach ständiger BGH-Rechtsprechung grundsätzlich auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers, und zwar auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Wird diese Angabe, obgleich möglich, schlechthin oder ohne zureichenden Grund - wozu etwa schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Partei zählen - verweigert, ist die Klage unzulässig

So war es im vorliegenden Fall, denn die Klägerin hatte nicht eine ladungsfähige Anschrift angegeben, sondern nur die Adresse eines Dienstleisters, der Post an sie weiterleiten sollte. Zwar kann nach jüngster BGH-Rechtsprechung nicht ausnahmslos geurteilt werden, dass die Angabe "einer bloßen c/o-Anschrift" grundsätzlich für eine ordnungsgemäße Klageerhebung nicht ausreiche. Vielmehr kommt es in jedes Mal vornehmlich auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Dennoch führte hier die bloße Angabe der Anschrift eines Postfachdienstleisters zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die Klägerin hatte bis zuletzt die Mitteilung ihrer Anschrift schlechthin verweigert, ohne einen verständigen Grund zu nennen. Insofern war auch nicht erkennbar, dass die Klägerin ein wie auch immer geartetes Geheimhaltungsinteresse gehabt hätte. Die Klägerin führte den Rechtsstreit vielmehr ohne nachvollziehbare Gründe aus dem Verborgenen. Somit bestand die Vermutung, dass sie dies auch tat, um im Unterliegensfall Zwangsvollstreckungsversuche ins Leere laufen zu lassen.

Zwar bestanden keine Bedenken ob der Identität der Klägerin. Sie ist der Beklagten bekannt. Allerdings sind Zustellungen an sie, anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall (dort: mögliche Zustellung an den Vorstand als gesetzlichen Vertreter gem. § 170 Abs. 1 S. 1 ZPO), hier nicht möglich, so dass die Hauptfunktion der Pflicht zur Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift vorliegend nicht gewahrt ist. Entsprechend ist auch einhellig anerkannt, dass die Angabe eines Postfaches nicht ausreichend ist. Für die Angabe eines Dienstleisters, der letztlich die Aufgabe eines Postfaches mit der Weiterleitung des Schriftstückes kombiniert, kann nichts anderes gelten, zumal anders als bei einem Postfach hier den einzelnen Empfängern kein separater, vor Dritten geschützter Zugriff auf die eigenen Posteingänge gewährt wird.

Der Verlust der Prozessführungsbefugnis in Störungsabwehrklagen, die vor dem 1.12.2020 erhoben worden sind, durch eine Erklärung des Verwalters über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

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