28.11.2022

Kombi als Zweitwagen: Kein Schadensersatz für zugeparkten Porsche Cabrio

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der vorübergehenden Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs besteht nicht, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit der Nutzung des weiteren Fahrzeugs lässt sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen ist, gegenüber dem Zweitfahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, etwa weil ihm ein höheres Prestige zukomme, es ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe.

BGH v. 11.10.2022 - VI ZR 35/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Porsche Turbo S Cabriolet. Sie hatte das Fahrzeug in einer Garage der Beklagten geparkt, die an die L-AG vermietet war. Anlässlich von Rechtsstreitigkeiten der Beklagten mit der L-AG blockierte die Beklagte vom 20.7. bis 3.8.2020 die Ausfahrt des Pkw aus der Garage mittels eines davor abgestellten Fahrzeugs. Die Klägerin war zu dieser Zeit Eigentümerin eines weiteren Pkw, eines 3er BMW Kombi. Sie begehrt für die Blockade ihres Fahrzeugs durch die Beklagte eine Nutzungsausfallentschädigung von 175 € pro Tag, insgesamt 2.450 €. Sie hat behauptet, sie habe in der fraglichen Zeit einen viertägigen Urlaub an den Gardasee geplant, der mit dem Porsche Cabriolet habe durchgeführt werden sollen; von einer Gleichwertigkeit des BMW mit diesem Fahrzeug könne nicht ausgegangen werden.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beurteilung des LG, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch zusteht, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Der Klägerin ist kein Vermögensschaden entstanden.

Um sicherzustellen, dass der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet der notwendigen Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt, und um dem schadensrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots gerecht zu werden, ist die Zuerkennung der Entschädigung davon abhängig, dass der Eigentümer sein Fahrzeug in der fraglichen Zeit benutzen wollte und hierzu in der Lage war. Darüber hinaus muss die Entbehrung der Nutzung auch deshalb "fühlbar" geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. An einem fühlbaren Nutzungsausfall fehlt es daher, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist.

Die Unzumutbarkeit der Nutzung des weiteren Fahrzeugs und damit ein Schaden lassen sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen ist, gegenüber dem Zweitfahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, etwa weil ihm ein höheres Prestige zukomme, es ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe. Denn dabei geht es um die Lebensqualität erhöhende Vorteile, die keinen ersatzfähigen materiellen Wert darstellen. Die genannten Gesichtspunkte betreffen nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entziehen sich daher einer vermögensrechtlichen Bewertung. Nach diesen Grundsätzen war der Klägerin die Benutzung ihres Zweitwagens, des 3er BMW Kombi, zumutbar. Dass es sich bei diesem Fahrzeug nicht um ein Cabriolet handelt, es mithin nicht dasselbe Fahrgefühl für den geplanten Urlaub am Gardasee vermitteln konnte wie das Cabriolet, und es im Vergleich zu diesem eine geringere Wertschätzung erfährt, vermag einen materiellen Schaden nicht zu begründen.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 823 Schadensersatzpflicht
Wilhelmi in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020

Bestandteil des Aktionsmoduls Zivilrecht:
Sie können Tage nicht länger machen, aber effizienter. 6 Module vereint mit führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften für die zivilrechtliche Praxis. Neu: Online-Unterhaltsrechner. Jetzt zahlreiche, bewährte Formulare mit LAWLIFT bearbeiten! Inklusive S elbststudium nach § 15 FAO. 4 Wochen gratis nutzen!
BGH online
Zurück