07.08.2023

Kosten bei sofortigem Anerkenntnis bei Klage auf künftige Räumung von Gewerberäumen

Der auf künftige Räumung verklagte Mieter von Gewerberäumen ist zur Vermeidung der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gehalten, sich auf eine Aufforderung des Vermieters zu seiner Bereitschaft zu erklären, die Mieträume bei Vertragsende an den Vermieter herauszugeben. Allein durch sein Schweigen auf eine solche Aufforderung des Vermieters gibt er noch keine Veranlassung zur Klageerhebung i.S.v. § 93 ZPO.

BGH v. 28.6.2023 - XII ZB 537/22
Der Sachverhalt:
Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung eines gegen die Beklagten ergangenen Anerkenntnisurteils.

Zwischen den Klägern und den Beklagten bestand seit August 2018 ein zunächst befristetes und sodann unbefristetes Mietverhältnis über von den Beklagten als Arztpraxis genutzte Räumlichkeiten. Mit Schreiben vom 16.3.2022 erklärten die Kläger fristgerecht die ordentliche Kündigung zum 30.9.2022. Nachdem eine Reaktion der Beklagten auf die Kündigung ausblieb, ließen die Kläger, die eine Anschlussvermietung planten, die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 28.4.2022 auffordern, bis 12.5.2022 die fristgerechte Räumung der Mieträume zu bestätigen. Da die Beklagten auch hierauf nicht reagierten, forderten die Kläger die Beklagten mit weiterem Anwaltsschreiben vom 27.5.2022 erneut zur Bestätigung der fristgerechten Räumung bis spätestens 10.6.2022 auf.

Mangels Reaktion der Beklagten hierauf erhoben die Kläger im Juli 2022 Klage auf künftige Räumung gegen die Beklagten und verlangten dabei auch die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten. Anfang August 2022 führten die Beklagten Gespräche mit der Nachmieterin und einigten sich mit dieser über die Übernahme von Mobiliar. Dies teilten sie dem Kläger zu 2) am 11.8.2022 mit und schlugen die letzte Septemberwoche für die Rückgabe der Räumlichkeiten vor. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens und Zustellung der Klage nebst Eingangsverfügung am 12.8.2022 erkannten die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche am 24.8.2022 unter Protest gegen die Kostenlast an. Sie machten dabei geltend, den Klägern keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben zu haben, und kündigten an, die Mieträume pünktlich zum Vertragsende geräumt herauszugeben.

Das LG verurteilte die Beklagten ihrem Anerkenntnis gemäß und erlegte ihnen die Kosten des Rechtsstreits auf. Auf die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten änderte das OLG das landgerichtliche Anerkenntnisurteil im Kostenpunkt dahin, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. Die Rechtsbeschwerde der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Abweichend von der allgemeinen Kostenregelung in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, trifft den erfolgreichen Kläger gem. § 93 ZPO die Kostenlast, wenn der Beklagte den klageweise geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt und er durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben hat. Das OLG hat die Voraussetzungen des § 93 ZPO ohne Rechtsfehler bejaht. Es ist zunächst beanstandungsfrei davon ausgegangen, dass die Beklagten das innerhalb der zweiwöchigen Notfrist zur Abgabe einer Verteidigungsanzeige abgegebene Anerkenntnis sofort i.S.d. § 93 ZPO erklärt haben. Auch die Würdigung, die Beklagten hätten durch ihr Schweigen auf die zweimalige Aufforderung der Kläger, ihre Bereitschaft zur Herausgabe der Mieträume bei Ende der Mietzeit zu bestätigen, keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Vorliegend hat das OLG eine Veranlassung zur Klageerhebung durch die Beklagten zu Recht verneint. Richtig hat es zunächst angenommen, dass der Schuldner im Allgemeinen vor Fälligkeit des Anspruchs grundsätzlich nicht verpflichtet oder zur Vermeidung eigener Kostennachteile gehalten ist, sich zu seiner Leistungsbereitschaft zu erklären. Durchgreifende Gründe, dies für das gewerbliche Mietrecht anders zu beurteilen, bestehen nicht.

Teilweise wird insoweit zwar in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, der Mieter gebe jedenfalls bei erkennbar begründeter Kündigung Veranlassung zur Klage, wenn er seine Bereitschaft, das Mietobjekt bei Ablauf der Mietzeit geräumt an den Vermieter herauszugeben, auf Aufforderung des Vermieters nicht erkläre. Nach anderer Meinung gibt der Mieter jedoch nicht allein deshalb Veranlassung zur Klageerhebung, weil er sich auf Nachfrage des Vermieters vor Fälligkeit des Räumungs- und Herausgabeanspruchs nicht zu seiner Erfüllungsbereitschaft erklärt. Vielmehr bedürfe es insoweit eines aktiven Verhaltens des Mieters, aus dem der Vermieter den Schluss ziehen könne, dass der Mieter seiner Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts bei Ende der Mietzeit nicht nachkommen werde. Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | ZPO
§ 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis
Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

Kommentierung | ZPO
§ 257 Klage auf künftige Zahlung oder Räumung
Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

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