21.06.2023

Kostenfestsetzung: § 50 WEG a.F. kann analog § 48 Abs. 5 WEG anwendbar sein

Die Vorschrift des § 50 WEG a.F. ist analog § 48 Abs. 5 WEG auch dann anzuwenden, wenn die Kostenfestsetzung zwar nach dem 30.11.2020 beantragt wurde, der Kostentitel aber aus einem vor dem 1.12.2020 anhängig gewordenen Beschlussklageverfahren herrührt und deshalb gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist.

BGH v. 20.4.2023 - V ZB 56/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Kläger hatten im Oktober 2020 verschiedene Beschlussanfechtungsklagen gegen die übrigen Eigentümer eingereicht, die das AG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verband. Die Beklagten zu 1) (die übrigen Eigentümer mit Ausnahme der Kläger und der Beklagten zu 2) beauftragten mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt. Die Beklagte zu 2) beauftragte ihrerseits einen anderen Rechtsanwalt. Der Rechtsstreit endete im Jahr 2021 in erster Instanz mit einem Vergleich, der auch die Tragung der Verfahrenskosten regelte.

Mit Beschluss vom 9.3.2022 hat das AG die von den Klägern an die Beklagte zu 2) zu erstattenden Kosten auf 3.862,39 € nebst Zinsen festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der Kläger hat das LG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte zu 2) beantragte, wollten die Kläger die Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten zu 2) erreichen. Der BGH hat den Beschluss des LG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Gründe:
Der angefochtene Beschluss beruhte auf einer Rechtsverletzung (§ 576 Abs. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts war § 50 WEG a.F. hier anzuwenden.

Der Senat hat bereits entschieden, dass dann, wenn die Kostenfestsetzung vor dem 1.12.2020 beantragt wurde, im Kostenfestsetzungsverfahren § 50 WEG a.F. gem. der Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG weiterhin anzuwenden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 1.7.2021 - V ZB 55/20). Für Verfahren, die schon vor dem 1.12.2020 anhängig waren, bestimmt § 48 Abs. 5 WEG nämlich die Anwendbarkeit der Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassungund damit auch des § 50 WEG a.F.

Die Vorschrift des § 50 WEG a.F. ist analog § 48 Abs. 5 WEG auch dann anzuwenden, wenn die Kostenfestsetzung zwar nach dem 30.11.2020 beantragt wurde, der Kostentitel aber aus einem vor dem 1.12.2020 anhängig gewordenen Beschlussklageverfahren herrührt und deshalb gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist. Zwar ist das Kostenfestsetzungsverfahren ein selbständiges Verfahren, das erst mit dem Kostenfestsetzungsantrag anhängig wird. Deswegen ist § 48 Abs. 5 WEG, der auf die Anhängigkeit des Verfahrens vor dem 1.12.2020 abstellt, dann, wenn der Antrag auf Kostenfestsetzung - wie hier - nach dem 30.11.2020 gestellt wurde, nach seinem Wortlaut für das Kostenfestsetzungsverfahren nicht einschlägig; nach Sinn und Zweck ist die Übergangsvorschrift aber auch hier anzuwenden.

Grund für die Streichung des § 50 WEG a.F. war, dass nach neuem Recht Beschlussklagen nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die GdWE und damit nur eine Beklagte zu richten sind (§ 44 Abs. 2 Satz 1 WEG), weswegen das Kostenbegrenzungsinteresse, das Grund für die Sonderregelung war, nicht mehr besteht (vgl. BT-Drs. 19/18791 S. 80). Mit diesem Verständnis des § 50 WEG a.F. wäre es nicht zu vereinbaren, wenn in einem Fall, in dem aufgrund der Übergangsregelung des § 48 Abs. 5 WEG die übrigen Wohnungseigentümer weiter Beklagte der Beschlussklage bleiben, bei der Ermittlung der erstattungsfähigen Kosten mit § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine Vorschrift angewendet würde, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers voraussetzt, dass die GdWE Beklagte ist. Gelten für die Beschlussklage noch die bisherigen Verfahrensvorschriften, ist deshalb analog § 48 Abs. 5 WEG auch für das Kostenfestsetzungsverfahren das bisherige Recht und damit § 50 WEG aF anzuwenden.

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Kommentierung | WEG
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Suilmann in Jennißen (Hrsg.), Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2022

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