Kündigung wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung der Mietwohnung kann bei schwerwiegenderer Pflichtverletzung des Vermieters unwirksam sein
LG Berlin 3.7.2018, 67 S 20/18Die Beklagte ist langjährige Mieterin einer Wohnung der Kläger. Sie vermietete die Wohnung mit Erlaubnis der Kläger unter. Der Untervermieter wollte die streitgegenständliche Wohnung entgeltlich an Touristen vermieten und stellte sie dazu auf "airbnb" online.
Die Hausverwaltung der Kläger erfuhr davon und mietete die Wohnung über "airbnb" zum Schein und um Beweise zu haben vom 11. auf den 12.4.2017 und nach erfolgter Abmahnung am 26.4.2017 nochmals vom 16. auf den 17.5.2017 an. Die Mitarbeiter der Hausverwaltung verschafften sich in Unkenntnis des Untermieters und der Beklagten am 11.4. und am 16.5.2017 Zutritt zu Wohnung, in dem sie nach Anmietung der Wohnung zum Schein, den an einem Kiosk deponierten Schlüssel entgegengenommen hatten. Sie fertigten dabei Fotos von den einzelnen Wohn- und Schlafräumen an.
Die Beklagte kündigte sodann am 17.5.2017 erst drei Wochen nach Erhalt der Abmahnung das Untermietverhältnis wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung. Schließlich kündigten die Kläger mit Schreiben vom 18.5.2017 ebenfalls das Mietverhältnis zur Beklagten außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hatte sowohl vor dem AG als auch vor dem LG keinen Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Den Klägern steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch gem. § 985, 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zu. Die Kündigung vom 18.5.2017 hat das zwischen den Parteien bestehen Mietverhältnis nicht beendet. Weder die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB noch die einer für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sind erfüllt.
Die Beklagte hat durch die unerlaubte Vermietung über "airbnb" eine Pflichtverletzung begangen, die zumindest nach erfolgter Abmahnung grundsätzlich eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt. Auch wenn die Beklagte die Wohnung nicht selbst vermietet hat, sondern die Vermietungen in ihrer Abwesenheit und Unkenntnis durch den Untermieter vorgenommen wurde, ändert das nichts, da ihr die das Verhalten des Untermieters gem. § 278 BGB zuzurechnen ist.
Die Pflichtverletzung der Beklagten ist im Streitfall allerdings nicht ausreichend schwer genug, um eine außerordentliche oder eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Zugunsten der Beklagten ist das über mehrere Jahre beanstandungsfrei geführte Mietverhältnis zu sehen. Hinzu kommt, dass es sich lediglich um versuchte Vermietungen gehandelt hat und keine tatsächliche Nutzung der Mietsache vorgenommen wurde. Zudem hätten die Gebrauchsüberlassungen auch nur zu einer kurzfristigen jeweils eintägigen Nutzungsdauer der Mietsache geführt. Dabei ist mit einer geringeren Abnutzung der Mietsache auszugehen. Darüber hinaus, hat sie die Wohnung nicht selbst vermietet. Sie hat allerdings das Untermietverhältnis nach erfolgter Abmahnung erst 3 Wochen später gekündigt. Damit trifft sie insgesamt ein nur geringer Verschuldensgrad. Wiederholungsgefahr besteht nach Kündigung des Untermietverhältnisses kaum.
Schließlich hat das von schwerwiegenden eigenen Pflichtverletzungen geprägte Verhalten der Kläger vor der Kündigung eine entscheidende Bedeutung für die mangelnde Erheblichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten, denn Mitarbeiter der klägerischen Hausverwaltung, deren Verhalten den Klägern zuzurechnen ist, hatten sich in Unkenntnis der Beklagten und des Untermieters ohne deren Willen Zutritt zur Wohnung verschafft und hatten dabei Fotos von den Wohn- und Schlafräumen gemacht. Diese Maßnahme und der damit verbundene schwerwiegende Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den absoluten Kernbereich der privaten Existenz, halten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Das bloße über die Scheinanmietung hinausgehende Verhalten war unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Es war weder erforderlich noch angemessen. Daneben erscheinen die Pflichtverletzungen der Beklagten als derart geringfügig, so dass sie nicht schwer genug wiegen, um eine Kündigung zu rechtfertigen.