Land Hessen muss für Mietkosten des Impfzentrums in der Frankfurter Messehalle aufkommen
VG Frankfurt a.M. v. 14.9.2022 - 5 K 3054/21.F
Der Sachverhalt:
Aufgrund eines Einsatzbefehls der zuständigen Ministerien der hessischen Landesregierung vom 23.11.2020 wurden die hessischen Gemeinden und auch die klagende Stadt Frankfurt a.M. verpflichtet, zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie "schnellstmöglich jeweils mindestens ein Impfzentrum zu errichten und in betriebsbereitem Zustand zu halten". Diesem auf den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes gestützten Einsatzbefehl kam die Klägerin binnen drei Wochen nach und errichtete ein Impfzentrum in den Frankfurter Messehallen. Letztendlich entstanden Kosten in dem Zeitraum vom Dezember 2020 bis Ende März 2022 für den Betrieb des Impfzentrums von insgesamt 2,5 Mio. €. Betrieben wurde das Impfzentrum von der Messe Frankfurt Venue GmbH, einer Tochter der Messe Frankfurt GmbH.
Zu den Kosten für die Impfzentren führt der Einsatzbefehl u.a. aus, dass diese durch das Land Hessen zu tragen sind. In einem weiteren Passus wird erwähnt, dass "vermeidbare und somit nicht erstattungsfähig Kosten" solche sind, bei denen es sich "beispielsweise um Mieten für Liegenschaften von Kommunen einschließlich kommunaler Eigen- und Zweckbetriebe sowie von Betrieben, bei denen die Kommunen beherrschenden Einfluss ausüben", handele.
Das beklagte Land Hessen stellt sich nunmehr auf den Standpunkt, dass die Klägerin 60 % der Gesellschaftsanteile der Messe Frankfurt GmbH halte (die restlichen 40 % der Geschäftsanteile hält das Land Hessen) und damit einen beherrschenden Einfluss ausübe. Dem gegenüber verweist die Klägerin darauf, dass sie keine beherrschende Stellung i.S.d. Kostentragungspflicht habe. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei für Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen erforderlich. Somit könne die Stadt keinen beherrschenden Einfluss ausüben.
Das VG gab der auf Feststellung der Kostentragungspflicht für die Mietkosten gerichteten Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen diese Entscheidung stehen Rechtsmittel an den Hessischen VGH offen.
Die Gründe:
Die Klägerin ist nicht zur Tragung der Mietzahlung von 2,5 Mio. € verpflichtet. Die Kosten für den Betrieb des Impfzentrums sind daher von dem beklagten Land Hessen zu übernehmen.
Die Messe-GmbH gehört laut Gesellschaftsvertrag zu 60 % der Klägerin, das Land Hessen ist mit 40 % beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag muss für Beschlüsse jeweils eine Stimmenmehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen vorhanden sein. Allein mit der Beteiligung von den lediglich 60 % am Stammkapital kann ein Gesellschafterbeschluss ohne Mitwirkung des weiteren Gesellschafters - hier das Land Hessen - nicht gefasst werden.
Dies führt dazu, dass faktisch nur das Land Hessen und die Klägerin gemeinsam agieren können. Deshalb ist ein beherrschender Einfluss der Klägerin nicht festzustellen. Auch die unwiderlegbare Vermutung eines beherrschenden Einflusses eines Mutterunternehmens nach § 290 Abs. 2 HGB kann nicht zu einer anderen rechtlichen Einschätzung führen, denn diese Vorschrift bezieht sich nach Sinn und Zweck nur auf Bereiche des Handelsrechts.
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VG Frankfurt a.M. PM Nr. 15 vom 14.9.2021
Aufgrund eines Einsatzbefehls der zuständigen Ministerien der hessischen Landesregierung vom 23.11.2020 wurden die hessischen Gemeinden und auch die klagende Stadt Frankfurt a.M. verpflichtet, zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie "schnellstmöglich jeweils mindestens ein Impfzentrum zu errichten und in betriebsbereitem Zustand zu halten". Diesem auf den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes gestützten Einsatzbefehl kam die Klägerin binnen drei Wochen nach und errichtete ein Impfzentrum in den Frankfurter Messehallen. Letztendlich entstanden Kosten in dem Zeitraum vom Dezember 2020 bis Ende März 2022 für den Betrieb des Impfzentrums von insgesamt 2,5 Mio. €. Betrieben wurde das Impfzentrum von der Messe Frankfurt Venue GmbH, einer Tochter der Messe Frankfurt GmbH.
Zu den Kosten für die Impfzentren führt der Einsatzbefehl u.a. aus, dass diese durch das Land Hessen zu tragen sind. In einem weiteren Passus wird erwähnt, dass "vermeidbare und somit nicht erstattungsfähig Kosten" solche sind, bei denen es sich "beispielsweise um Mieten für Liegenschaften von Kommunen einschließlich kommunaler Eigen- und Zweckbetriebe sowie von Betrieben, bei denen die Kommunen beherrschenden Einfluss ausüben", handele.
Das beklagte Land Hessen stellt sich nunmehr auf den Standpunkt, dass die Klägerin 60 % der Gesellschaftsanteile der Messe Frankfurt GmbH halte (die restlichen 40 % der Geschäftsanteile hält das Land Hessen) und damit einen beherrschenden Einfluss ausübe. Dem gegenüber verweist die Klägerin darauf, dass sie keine beherrschende Stellung i.S.d. Kostentragungspflicht habe. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei für Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen erforderlich. Somit könne die Stadt keinen beherrschenden Einfluss ausüben.
Das VG gab der auf Feststellung der Kostentragungspflicht für die Mietkosten gerichteten Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen diese Entscheidung stehen Rechtsmittel an den Hessischen VGH offen.
Die Gründe:
Die Klägerin ist nicht zur Tragung der Mietzahlung von 2,5 Mio. € verpflichtet. Die Kosten für den Betrieb des Impfzentrums sind daher von dem beklagten Land Hessen zu übernehmen.
Die Messe-GmbH gehört laut Gesellschaftsvertrag zu 60 % der Klägerin, das Land Hessen ist mit 40 % beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag muss für Beschlüsse jeweils eine Stimmenmehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen vorhanden sein. Allein mit der Beteiligung von den lediglich 60 % am Stammkapital kann ein Gesellschafterbeschluss ohne Mitwirkung des weiteren Gesellschafters - hier das Land Hessen - nicht gefasst werden.
Dies führt dazu, dass faktisch nur das Land Hessen und die Klägerin gemeinsam agieren können. Deshalb ist ein beherrschender Einfluss der Klägerin nicht festzustellen. Auch die unwiderlegbare Vermutung eines beherrschenden Einflusses eines Mutterunternehmens nach § 290 Abs. 2 HGB kann nicht zu einer anderen rechtlichen Einschätzung führen, denn diese Vorschrift bezieht sich nach Sinn und Zweck nur auf Bereiche des Handelsrechts.
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