Leihmutterschaft: Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung über rechtliche Elternstellung der Wunscheltern
BGH 5.9.2018, XII ZB 224/17Die miteinander verheirateten Antragsteller, die 1949 (Ehemann) und 1952 (Ehefrau) geboren sind, besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Februar 2011 schlossen sie unter Vermittlung durch eine Agentur mit der US-amerikanischen Staatsangehörigen M (Leihmutter) und deren Ehemann eine Leihmutterschaftsvereinbarung. Danach sollten der Leihmutter unter Verwendung anonymer gespendeter Eizellen und Samenzellen des Antragstellers gezeugte Embryonen eingepflanzt und die von ihr ausgetragen werden. Die Vertragsparteien vereinbarten ein der Leihmutter zu zahlendes Grundentgelt von 23.000 § sowie zusätzliche Zahlungen, u.a. von monatlichem Unterhalt von 3.000 $ während der Schwangerschaft nebst pauschalen Aufwandsentschädigungen. Für die Bestätigung der Schwangerschaft sollte die Leihmutter ein Entgelt von 300 $ bzw. im Falle einer Zwillingsschwangerschaft 500 $ erhalten.
Am 15.11.2011 erließ der District Court eine Entscheidung, nach der unmittelbar nach der Geburt die Antragstellerin die Mutter und der Antragsteller der Vater der Kinder sei, und zwar mit allen Rechten und Pflichten für ehelich geborene Kinder. Im Oktober 2011 wurden die betroffenen Zwillinge geboren. Die amerikanischen Geburtsurkunden weisen die Antragsteller als Eltern der Kinder aus. Die Antragsteller reisten mit den Kindern im November 2011 nach Deutschland. Seitdem leben sie bei ihnen. Ein von den Antragstellern in Auftrag gegebenes Abstammungsgutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vaterschaft des Antragstellers praktisch erwiesen sei.
Die Antragsteller und die Kinder beantragten, die Entscheidung des District Court vom 15.11.2011 anzuerkennen. Das AG wies den Antrag zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden blieben ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerden wurde der Beschluss des OLG aufgehoben und der Beschluss des AG dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung des District Court vom 15.11.2011 anerkannt wird.
Die Gründe:
Die Entscheidung über die Anerkennung der Gerichtsentscheidung des District Court richtet sich nach §§ 108, 109 FamFG. Entgegen der Auffassung des OLG liegt im Streitfall kein Anerkennungshindernis nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG vor. Für die Frage der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist nicht auf den nationalen ordre public nach Art. 6 EGBGB abzustellen, den die deutschen Gerichte bei Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den anerkennungsrechtlich großzügigeren ordre public international. Danach ist ein ausländisches Urteil nicht schon dann mit dem deutschen Recht unvereinbar, wenn das deutsche Recht zwingend etwas anderes vorschreibt oder verbietet.
Neben den Rechten der Leihmutter und denen der Wunscheltern sind bei der Entscheidung auch die Grund- und Menschenrechte der aus der Leihmutterschaft hervorgegangenen Kinder zu berücksichtigen. Diese Rechte beinhalten auch das Recht des Kindes, eine rechtliche Eltern-Kind-Verbindung begründen zu können. Für die Anerkennung ist daher auch maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen, mithin auf die Rechte des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG und aus Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der nationale Gesetzgeber ist daher jedenfalls daran gehindert, die Anerkennung allein aus der generalpräventiven Erwägung zu versagen, weitere Umgehungen des Leihmutterschaftsverbots zu unterbinden. Denn das Kind hat keinen Einfluss auf die Umstände seiner Entstehung.
Die Rechtsstellung als Eltern ist - anders als das OLG meint - für die Beurteilung des Kindeswohls von nicht unerheblicher Bedeutung. Mit der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung sind wesentliche Rechte und Rechtspositionen des Kindes verbunden, z.B. Unterhaltsansprüche, das gesetzliche Erbrecht, der Name, die Staatsangehörigkeit und bei ausländischen Kindern auch das Aufenthaltsrecht. Zudem ist das dauerhaft familiäre Zusammenleben ohne eine gesicherte Elternstellung nicht gewährleistet, denn die Vormundschaftsstellung der Mutter ist abänderbar. Der Antragsteller ist nicht Inhaber des Sorgerechts. Er kann sich zwar auf seine genetische Vaterschaft nach § 1600d BGB berufen. Dazu muss er jedoch zunächst die gesetzliche Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Leihmutter als dem rechtlichen Vater beseitigen und ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren erfolgreich durchführen.
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