23.09.2024

Mängel beim Hauskauf: Von Notaren verwendete Vertragsklauseln stellen keine AGB dar

Es kann nach den stets zu prüfenden Umständen des Einzelfalls keinen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellen, wenn asbesthaltige Dachschindeln auf dem Mansardendach eines Bestandsgebäudes verbaut sind und weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch Beschaffenheitserwartung eine Asbestfreiheit begründen. Von Notaren wiederholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine AGB dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gestellt hat.

OLG Hamm v. 3.9.2024 - 22 U 26/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten von den Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 19.1.2021 ein Hausgrundstück gekauft. Die Klägerin hat im Nachhinein ihre Schadensersatzforderung auf drei Umstände gestützt. Sie war der Ansicht, die Beklagten hätten sie über die asbesthaltige Mansardendacheindeckung aufklären müssen. Zudem hätten die Beklagten über die Entfernung einer nach ihrer Behauptung tragenden Wand im Wohnzimmer aufklären müssen. Sie hat hierzu behauptet, eine Aufklärung über die vorgenannten Umstände (Asbest und Wand) durch die Beklagten sei vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erfolgt. Schließlich hätten die Beklagten einen schon länger bestehenden Wasserschaden im Dachbereich arglistig verschwiegen.

Die Beklagten haben eine Kenntnis vom Wasserschaden bestritten und behauptet, die Klägerin, zum Teil über ihren Ehegatten, über den Asbestgehalt der Dachschindeln und den Wanddurchbruch informiert zu haben. Sie seien davon ausgegangen, dass die entfernte Wand keine tragende gewesen sei. Schließlich beriefen sich die Beklagten auf den Gewährleistungsausschluss.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin forderte im Berufungsverfahren weiterhin 30.346 € nebst Zinsen sowie 1.626 € Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit. Das OLG hat die Entscheidung des LG bestätigt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 433, 434 a.F., 437, 280, 281 BGB. Das LG hat zu Recht Ansprüche wegen Sachmängeln i.H.v. 30.346 € als unbegründet erachtet.

Wegen der Asbestbelastung der Dachschindeln lag bereits kein Sachmangel vor. Es kann nach den stets zu prüfenden Umständen des Einzelfalls keinen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellen, wenn asbesthaltige Dachschindeln auf dem Mansardendach eines Bestandsgebäudes verbaut sind und weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch Beschaffenheitserwartung eine Asbestfreiheit begründen (Anschluss an BGH, Urt. v. 27.3.2009 - V ZR 30/08). Auch ein mit asbesthaltigen Dachschindeln gedecktes Haus ist für die gewöhnliche Verwendung als Wohnhaus geeignet. Entscheidend ist, ob die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten. Eine solche Gefahr besteht bei der Mansardendacheindeckung nicht. Eine Asbestbelastung im Haus war nicht gegeben.

Aber selbst wenn ein Sachmangel in Bezug auf die asbesthaltigen Dachschindeln unterstellt würde, griffe der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss. Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen vor dem Hintergrund der Wirksamkeitskontrolle von AGB keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses. Dabei kann unterstellt werden, dass der beurkundende Notar diese Klausel für eine Vielzahl von Verträgen verwendet hat und verwendet. Die Klägerin hat aber nicht dargetan, dass die Beklagten diese Klausel gestellt haben und die vorformulierten Vertragsbedingungen mehrfach einsetzen wollten. Von Notaren wiederholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine AGB dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gestellt hat.

Die Entfernung der - unterstellt - tragenden Wand durch die Beklagten rechtfertigte ebenfalls keine kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche der Klägerin. Es war nicht dargetan, dass die Beklagten diesen - unterstellten Mangel - arglistig verschwiegen hatten. Die Versicherung des Verkäufers in einem notariellen Vertrag, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt seien, stellt keine Beschaffenheitsvereinbarung oder Garantie dar. Sie verändert bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss auch nicht die Darlegungs- und Beweislast für eine Arglist des Verkäufers (§ 444 BGB), die der Käufer trägt. Ähnlich verhielt es sich mit dem Wasserschaden. Es war weder schlüssig dargetan noch ersichtlich, warum die Beklagten von diesem - unstreitig verdeckten - Wasserschaden Kenntnis gehabt haben sollten. Überdies war es wenig wahrscheinlich, dass der Beklagte eine Einsturzgefährdung mit entsprechenden Folgen für die in seinem Haus lebenden Eltern in Kauf genommen hatte.

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