31.07.2018

Mieterhöhungsverlangen nicht bereits aufgrund fehlender Wohnungsbesichtigung des Sachverständigen formell unwirksam

Im Falle der Beifügung eines Sachverständigengutachtens zum Mieterhöhungsverlangen ist der Pflicht des Vermieters zur Begründung grundsätzlich Genüge getan, wenn das Gutachten Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird. Der Sachverständige muss eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen. Eine fehlende Besichtigung der betreffenden Wohnung führt nicht dazu, dass das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist.

BGH 11.7.2018, VIII ZR 136/17
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist die Vermieterin der von der Beklagten gemieteten 68,86 qm großen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Bremen. Die Klägerin wollte die Miete für die Wohnung ab dem 1.10.2015 um 35,86 € auf monatlich 359,24 €. In ihrem Mieterhöhungsschreiben teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für ihre Wohnung monatlich 5,70 € je Quadratmeter Wohnfläche betrage und sich die Monatsmiete auf 5,22 € je Quadratmeter erhöhe. Sie fügte dem Mieterhöhungsverlangen ein Gutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen W. bei, das Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die Ein- bis Fünfzimmerwohnungen dieses sowie des benachbarten Gebäudes enthält.

Zudem hieß es in dem Gutachten, dass die betreffende Wohnung nicht besichtigt werden konnte, jedoch auf frühere Besichtigungen und Besichtigungsdaten des Auftragsgebers Bezug genommen wird. Es seien von der Sachverständigen schon genügend Wohnungen des Auftraggebers der gleichen Ausstattung besichtigt worden.

Die Klage auf Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen hatte vor dem AG und LG keinen Erfolg. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils des LG und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG.

Die Gründe:

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, die Klage sei unbegründet, das das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam sei, da das Sachverständigengutachten nicht den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB entspreche, kann der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung nicht verneint werden.

Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, das Mieterhöhungsverlangen sei in formeller Hinsicht unwirksam, weil der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete keine Besichtigung der Wohnung der Beklagten oder einer Wohnung gleichen Typs durch die Sachverständige vorausgegangen sei. Die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, das auf ein Sachverständigengutachten gestützt ist, hängt in formeller Hinsicht nicht von der Besichtigung der Mietsache durch den Sachverständigen ab. § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB bietet dafür bereits in einfach gesetzlicher Hinsicht keine Grundlage. Denn § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB verlangt ein mit Gründen versehenes Gutachten. Das bedeutet, dass dem Mieter die Tatsachen mitgeteilt werden müssen, die er zur Prüfung einer vom Vermieter begehrten Mieterhöhung benötigt. Die Begründung dient hingegen nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu Führen. Vielmehr soll der Mieter dadurch in der Lage sein, der Berechtigung des Verlangens nachzugehen und dieses zumindest ansatzweise nachzuvollziehen.

Der Sachverständige muss daher eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen. Es ist bedarf in formeller Hinsicht dazu nicht notwendigerweise einer vorherigen Besichtigung der Wohnung durch den Sachverständigen. Die Angaben müssen lediglich für den Mieter nachprüfbar sein. Dafür ist es von Bedeutung, welche Angaben das Gutachten zur konkreten Wohnung enthält, nicht aber auf welchem Weg die Angaben gewonnen wurden. Die Quellen des Wissens des Sachverständigen sind zwar wichtig für die Beurteilung der Qualität des Gutachtens, jedoch ist eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung nicht schon deshalb als unzulässig abzulehnen, weil der Sachverständige sein Wissen ohne Wohnungsbesichtigung gewonnen hat.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des BGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

BGH online
Zurück