Mietwagen: Beweislast für Zustand bei Übernahme und Rückgabe des Autos
LG Münster v. 11.10.2024 - 10 O 52/24
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte am 24.6.2023 bei der Klägerin einen SPRINTER angemietet und an der Vermietungsstation abgeholt. Ein Mitarbeiter fertigte einen Mietvertrag aus, in dem er einige Vorschäden im Innenraum aufgeführt waren. Der Beklagte stellte das Fahrzeug am Abend des 24.6.2023 wieder an der Vermietungsstation ab und warf den Schlüssel in den sog. Nachttresor. Am 28.06.2023 erhielt er von der Klägerin eine E-Mail, in der er auf "Zustandsabweichungen hingewiesen wurde, die in den Unterlagen der Klägerin bisher noch nicht dokumentiert seien. Er wurde aufgefordert, "bei der Klärung des Sachverhalts zu helfen". Der Beklagte begab sich daraufhin zur Vermietungsstation. Der Inhalt der dort geführten Gespräche blieb zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin behauptete, der Beklagte habe das Fahrzeug - bis auf die im Mietvertrag dokumentierten Mängel - schadenfrei übernommen. Bei der Rückgabe seien von einem Mitarbeiter neue Mängel dokumentiert worden, die in der Besitzzeit des Beklagten entstanden seien und deren Beseitigung Kosten i.H.v. 11.365 € verursachen würden. Diesen Betrag forderte sie vom Beklagten erstattet. Dieser bestritte allerdings ausdrücklich, dass die geltend gemachten Beschädigungen in seiner Besitzzeit entstanden seien. Vielmehr habe er mit dem Mitarbeiter der Klägerin das Fahrzeug vor Fahrantritt in Ausgenschein übernommen und dabei seien mehrere Kratzer und Dellen aufgefallen. Man sei davon ausgegangen, dass diese Beschädigungen der Klägerseite bekannt gewesen seien.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Der Klägerin ist der Beweis nicht gelungen, dass das streitgegenständliche vom Beklagten angemietete Fahrzeug vor der Übergabe an den Beklagten keine Schäden aufwies, insbesondere nicht diejenigen Schäden, deren Beseitigungskosten im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht wurden.
Die Klägerin als Fahrzeugvermieterin trug nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Beklagten unbeschädigt war. Der Beweis wurde nicht durch den Inhalt des Mietvertrages, auch nicht als Indiz, erbracht. Zwar hat die Klägerin behauptet, der Mietvertrag sei unmittelbar vor der Anmietung erstellt und der Zustand des Fahrzeugs in Mietvertrag dahingehend dokumentiert worden, dass lediglich Schäden im Innenbereich dokumentiert und, andere Beschädigung dagegen nicht vorhanden gewesen seien. Dies hat der von der Klägerin benannte Mitarbeiter allerdings nicht bestätigen können.
Regelungen im Mietvertrag über das Fahrzeug und seinem Zustand kann keine Beweis(last)relevanz zukommen. Insbesondere können solche Regelungen nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde. Dies ist, soweit ersichtlich, ganz allgemeine Ansicht in der Rechtsprechung. Danach gilt: Für die Beschädigung eines Mietfahrzeugs kann der Vermieter vom Mieter nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass der Schaden bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war und aus dem Obhutsbereich des Mieters stammt.
Es gibt insofern keine Beweiserleichterungen für den Vermieter (LG Lübeck, Urt. v. 6.3.2024 - 6 O 82/23). Wird ein Mietfahrzeug beschädigt zurückgegeben, ist es Aufgabe des Vermieters darzulegen und zu beweisen, dass die Beschädigung des Mietfahrzeugs während der Mietzeit entstanden ist, in welcher der Mieter das Fahrzeug vereinbarungsgemäß in seiner Obhut hatte und damit verpflichtet war, es vor jeglichen Beschädigungen bei Benutzung, aber auch durch Dritte zu schützen. (LG Itzehoe Urt. v. 27.1.2021 - 1 S 6/20).
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Aufsatz:
Aktuelle Entwicklungen im zivilprozessualen Beweisrecht
Holger Jäckel, MDR 2024, 688
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Justiz NRW
Der Beklagte hatte am 24.6.2023 bei der Klägerin einen SPRINTER angemietet und an der Vermietungsstation abgeholt. Ein Mitarbeiter fertigte einen Mietvertrag aus, in dem er einige Vorschäden im Innenraum aufgeführt waren. Der Beklagte stellte das Fahrzeug am Abend des 24.6.2023 wieder an der Vermietungsstation ab und warf den Schlüssel in den sog. Nachttresor. Am 28.06.2023 erhielt er von der Klägerin eine E-Mail, in der er auf "Zustandsabweichungen hingewiesen wurde, die in den Unterlagen der Klägerin bisher noch nicht dokumentiert seien. Er wurde aufgefordert, "bei der Klärung des Sachverhalts zu helfen". Der Beklagte begab sich daraufhin zur Vermietungsstation. Der Inhalt der dort geführten Gespräche blieb zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin behauptete, der Beklagte habe das Fahrzeug - bis auf die im Mietvertrag dokumentierten Mängel - schadenfrei übernommen. Bei der Rückgabe seien von einem Mitarbeiter neue Mängel dokumentiert worden, die in der Besitzzeit des Beklagten entstanden seien und deren Beseitigung Kosten i.H.v. 11.365 € verursachen würden. Diesen Betrag forderte sie vom Beklagten erstattet. Dieser bestritte allerdings ausdrücklich, dass die geltend gemachten Beschädigungen in seiner Besitzzeit entstanden seien. Vielmehr habe er mit dem Mitarbeiter der Klägerin das Fahrzeug vor Fahrantritt in Ausgenschein übernommen und dabei seien mehrere Kratzer und Dellen aufgefallen. Man sei davon ausgegangen, dass diese Beschädigungen der Klägerseite bekannt gewesen seien.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Der Klägerin ist der Beweis nicht gelungen, dass das streitgegenständliche vom Beklagten angemietete Fahrzeug vor der Übergabe an den Beklagten keine Schäden aufwies, insbesondere nicht diejenigen Schäden, deren Beseitigungskosten im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht wurden.
Die Klägerin als Fahrzeugvermieterin trug nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Beklagten unbeschädigt war. Der Beweis wurde nicht durch den Inhalt des Mietvertrages, auch nicht als Indiz, erbracht. Zwar hat die Klägerin behauptet, der Mietvertrag sei unmittelbar vor der Anmietung erstellt und der Zustand des Fahrzeugs in Mietvertrag dahingehend dokumentiert worden, dass lediglich Schäden im Innenbereich dokumentiert und, andere Beschädigung dagegen nicht vorhanden gewesen seien. Dies hat der von der Klägerin benannte Mitarbeiter allerdings nicht bestätigen können.
Regelungen im Mietvertrag über das Fahrzeug und seinem Zustand kann keine Beweis(last)relevanz zukommen. Insbesondere können solche Regelungen nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde. Dies ist, soweit ersichtlich, ganz allgemeine Ansicht in der Rechtsprechung. Danach gilt: Für die Beschädigung eines Mietfahrzeugs kann der Vermieter vom Mieter nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass der Schaden bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war und aus dem Obhutsbereich des Mieters stammt.
Es gibt insofern keine Beweiserleichterungen für den Vermieter (LG Lübeck, Urt. v. 6.3.2024 - 6 O 82/23). Wird ein Mietfahrzeug beschädigt zurückgegeben, ist es Aufgabe des Vermieters darzulegen und zu beweisen, dass die Beschädigung des Mietfahrzeugs während der Mietzeit entstanden ist, in welcher der Mieter das Fahrzeug vereinbarungsgemäß in seiner Obhut hatte und damit verpflichtet war, es vor jeglichen Beschädigungen bei Benutzung, aber auch durch Dritte zu schützen. (LG Itzehoe Urt. v. 27.1.2021 - 1 S 6/20).
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Holger Jäckel, MDR 2024, 688
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