31.01.2023

Mitwirkungspflichten des Notars gegenüber der Dienstaufsicht anlässlich der Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem GwG

Rechtsstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten eines Notars gegenüber der Dienstaufsicht anlässlich der Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) werden von der abdrängenden Sonderzuweisung gem. § 111 BNotO erfasst. Zur Entscheidung sind die bei den Oberlandesgerichten und dem BGH eingerichteten - sachnäheren - Notarsenate berufen.

BGH v. 14.11.2022 - NotZ 1/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar. Mit Verfügung vom 16.2.2021 kündigte der beklagte Präsident des LG eine Prüfung der Amtsgeschäfte des Klägers nach dem GwG für den 16. und 17.3.2021 in den Räumen seiner Geschäftsstelle an. Am Morgen des 16.3.2021 ließ der - persönlich nicht anwesende - Kläger durch einen Mitarbeiter dem Prüfungsbeauftragten des Beklagten lediglich das Verwahrungsbuch, das Massebuch, Auszüge aus der Generalakte und Listen der Kalenderjahre 2016 bis 2021 aushändigen, nicht hingegen die - ebenfalls angeforderten - Urkundenrollen und die Urkundensammlung. Dies begründete er mit datenschutzrechtlichen Bedenken und seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit gem. § 18 BNotO. Die Prüfung wurde abgebrochen.

Mit Verfügung vom 30.3.2021 gab der Beklagte dem Kläger auf, die verlangten Unterlagen einschließlich der Urkundenrollen seit 2016 und der Urkundensammlung seit 2019 zwecks Prüfung zu übersenden. Dem kam der Kläger nicht nach. Mit seiner beim KG - Notarsenat - erhobenen Anfechtungs- und Feststellungsklage begehrt er die Aufhebung der Verfügung vom 30.3.2021 betreffend die Übersendung der Urkundensammlung, des Verwahrungs- und des Massenbuchs sowie Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung vom 16.2.2021. Die Parteien streiten neben inhaltlichen Fragen um den zulässigen Rechtsweg.

Das KG bejahte die Zulässigkeit des vom Kläger eingeschlagenen Rechtswegs durch Beschluss gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG. Die Beschwerde des Beklagten hatte vor dem BGH einen Erfolg.

Die Gründe:
Zur Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren des Klägers sind die bei den Oberlandesgerichten und dem BGH - erst- und zweitinstanzlich - eingerichteten Notarsenate berufen.

Bei der Prüfung der Einhaltung der Vorschriften nach dem GwG durch die Präsidenten der Landgerichte als Träger der Dienstaufsicht gem. §§ 92 ff BNotO handelt es sich um eine der Ausnahmevorschrift des § 111 BNotO unterfallende verwaltungsrechtliche Notarsache und nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art i.S.v. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist.

Gem. § 111 Abs. 1 BNotO entscheidet das OLG im ersten Rechtszug in verwaltungsrechtlichen Notarsachen, das heißt über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nach der BNotO, einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder einer Satzung einer der nach diesem Gesetz errichteten Notarkammern, einschließlich der Bundesnotarkammer, soweit nicht die Streitigkeiten disziplinarrechtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind, und gem. § 111 Abs. 2 Nr. 1 BNotO der BGH über die gegen die Urteile der Oberlandesgerichte gerichteten Berufungen. Gegenstand dieser gesetzlichen ("abdrängenden") Sonderzuweisung sind nicht nur Verwaltungsakte i.S.d. § 35 VwVfG, sondern alle hoheitlichen Maßnahmen. Von bestimmten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, sind die in Notarsachen geführten Verwaltungsstreitverfahren insgesamt den Verwaltungsgerichten entzogen und den Notarsenaten zugewiesen. Die Zuständigkeit der Notarsenate erstreckt sich danach auf alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts, bei denen es um die Vornahme oder Aufhebung von Amtshandlungen nach der BNotO geht.

Fehlt es - wie hier im Zusammenhang mit den geldwäscherechtlichen Pflichten - an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung, hängt es von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, welcher Rechtsweg einschlägig ist. Die Abgrenzung von Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts zu anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten richtet sich nach dem Rechtsschutzziel des rechtsschutzsuchenden Beteiligten. Rechtsschutzziel des Klägers ist es, die Verfügungen des Beklagten aufzuheben, durch die er aufgefordert wurde, für die Prüfung u.a. seine Urkundensammlung sowie die Verwahrungs- und Massenbücher für den dort genannten Zeitraum, auch soweit es sich nicht um sog. "Kataloggeschäfte" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG handelte, zugänglich zu machen, bzw. deren Rechtswidrigkeit festzustellen (Verfügung vom 16.2.2021). Es geht damit im Ergebnis um den Umfang der dem Notar gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde obliegenden Mitwirkungspflichten nach dem GwG. Diese stehen in engem Zusammenhang mit den berufsrechtlichen Pflichten des Notars und werden daher ebenfalls von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 111 BNotO erfasst. Zur Entscheidung sind die bei den Oberlandesgerichten und dem BGH eingerichteten - sachnäheren - Notarsenate berufen.

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