06.02.2024

Neues Rechtsinstitut für die Übernahme von Verantwortung jenseits von Familie und Partnerschaft: Bundesjustizminister legt Eckpunkte für die Verantwortungsgemeinschaft vor

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat Eckpunkte für die Einführung der Verantwortungsgemeinschaft vorgelegt. Das neue Rechtsinstitut soll sich an Erwachsene richten, die jenseits von Ehe, Familie und Partnerschaft Verantwortung füreinander übernehmen und diese Beziehung rechtlich absichern wollen.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: "Wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, ist das etwas Großartiges. Heute geschieht das immer mehr auch außerhalb von Ehe, Familie und Partnerschaften: zum Beispiel in Senioren-WGs, in Mehrgenerationenhäusern oder unter engen Freunden. Unser Recht hat davon noch keine Notiz genommen: Es gibt im Recht keinen Namen und keine zusammenhängen Regeln für Verantwortungsbeziehungen jenseits von Ehe und Familie. Mit der Einführung der Verantwortungsgemeinschaft wollen wir das ändern. Das neue Institut soll es Menschen ermöglichen, ihre Verantwortungsbeziehungen so abzusichern, wie sie es möchten - mit passgenauen Lösungen zum Beispiel für Auskunftsrechte im Krankenhaus oder die gemeinsame Führung des Haushalts. Am besonderen Schutz von Ehe und Familie wird die Verantwortungsgemeinschaft nichts ändern. Sie wird Menschen das Leben etwas leichter machen - aber niemandem etwas wegnehmen."

Die Verantwortungsgemeinschaft soll in einem neuen Gesetz - dem Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft - geregelt werden. Hierfür schlägt das Eckpunktepapier folgende Regelungen vor:

I. Voraussetzungen einer Verantwortungsgemeinschaft

Nach dem Eckpunktepapier sollen für das Zustandekommen einer Verantwortungsgemeinschaft folgende Regeln gelten:
  • Zustandekommen durch notariell beurkundeten Vertrag: Eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass die Beteiligten einen notariell beurkundeten Vertrag schließen.
     
  • Maximalgröße: Eine Verantwortungsgemeinschaft soll maximal sechs Vertragspartner haben können.
     
  • Volljährigkeit der Beteiligten: Nur volljährige Personen sollen eine Verantwortungsgemeinschaft begründen können.
     
  • Erfordernis eines tatsächlichen persönlichen Näheverhältnisses: Ein Vertrag über eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass zwischen den Beteiligten ein persönliches Näheverhältnis besteht.


II. Rechtsfolgen einer Verantwortungsgemeinschaft

Eine Verantwortungsgemeinschaft soll keine Auswirkungen auf das Verhältnis von Eltern zu Kindern haben. Sie soll auch keine steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtlichen Folgen haben. Für die Rechtsfolgen ist ein Stufenmodell geplant. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur einige wenige Rechtsfolgen haben. Wenn die Parteien mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, dann können sie - in der Aufbaustufe - zwischen verschiedenen Modulen auswählen und diese frei miteinander kombinieren.

  • Die Rechtsfolgen in der Grundstufe: Zwischen den Vertragspartnern sollen alle Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft sollen deshalb zum Beispiel bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden können (vgl. § 1816 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)). Das Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll außerdem Berücksichtigung finden, wenn die Möglichkeit einer Organspende geprüft wird (vgl. § 8 des Transplantationsgesetzes).
     
  • Modul "Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten": In einer gesundheitlichen Notsituation soll jeder Partner der Verantwortungsgemeinschaft Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den anderen Partner in Gesundheitsangelegenheiten vertreten können, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen; insoweit sollen ähnliche Regeln gelten wie beim Ehegattennotvertretungsrecht aus § 1358 BGB.
     
  • Modul "Zusammenleben": Die Partner sollen sich im Falle des räumlichen Zusammenlebens eine gegenseitige Verpflichtungsermächtigung im Hinblick auf die Haushaltsführung einräumen können. Kraft dieser soll jeder Partner berechtigt sein, bei Bedarf Grundnahrungsmittel und notwendige Haushaltsartikel mit Wirkung für und gegen alle zu kaufen. Außerdem soll eine Regelung zur vorübergehenden Wohnungsüberlassung bei Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft getroffen werden.
     
  • Modul "Pflege und Fürsorge" (unter Prüfvorbehalt): Im Zuge der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zur Einführung der Verantwortungsgemeinschaft soll geprüft werden, inwieweit die Regeln des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes über die Pflege von nahen Angehörigen auch auf die Pflege von Partnern einer Verantwortungsgemeinschaft erstreckt werden können.
     
  • Modul "Zugewinngemeinschaft": Mit der Bestimmung des Moduls "Zugewinngemeinschaft" können die Partner Vorsorge für den Fall der Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft treffen. Bei Wahl des entsprechenden Moduls soll die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft zur Folge haben, dass das während des Bestehens der Verantwortungsgemeinschaft erworbene Vermögen zwischen den Vertragspartnern ausgeglichen wird. Insoweit sollen die Regeln über den Zugewinnausgleich zwischen Eheleuten zur Anwendung gelangen. Das Modul soll nur gewählt werden können, wenn die Verantwortungsgemeinschaft lediglich aus zwei Personen besteht und beide nicht miteinander oder mit anderen Personen verheiratet sind.


III. Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft

Die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft soll jederzeit durch konsensualen Vertrag, der Austritt durch einseitige Erklärung möglich sein.

Das Eckpunktepapier zur Verantwortungsgemeinschaft ist hier abrufbar. Ein Beispielpapier ist hier abrufbar.

Das Bundesministerium der Justiz wird auf Grundlage des Eckpunktepapiers in den nächsten Monaten einen Gesetzentwurf erarbeiten - und dabei auch die öffentlichen Rückmeldungen zu dem Papier berücksichtigen.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Verantwortungsgemeinschaft: Regelungsvorhaben und rechtsvergleichende Impulse
Konrad Duden, FamRZ 2023, 1838

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BMJ PM Nr. 10 vom 5.2.2024
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