Pfändung einer Geldforderung: Ausspruch des Arrestatoriums für Wirksamkeit der Forderungspfändung konstitutiv
BGH v. 16.12.2020 - VII ZB 9/20
Der Sachverhalt:
Der rechtsbeschwerdeführende Gläubiger begehrt den Erlass eines Überweisungsbeschlusses. Mit Arrestbefehl vom 13.6.2017 (7 O 303/17) ordnete das LG Dortmund wegen einer Geldforderung des Gläubigers i.H.v. rd. 24.000 € nebst Zinsen einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin an und sprach in Vollziehung des Arrestes die Pfändung der angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen elf näher benannte Drittschuldner wegen verschiedener Geldforderungen und anderer Vermögensrechte aus. Der Arrestbefehl wurde zehn Drittschuldnern zugestellt.
Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil des LG Dortmund vom 8.12.2017 (7 O 501/17) wurde die Schuldnerin in der Hauptsache zur Zahlung von rd. 24.000 € nebst Zinsen an den Gläubiger verurteilt. Aus diesem Urteil betreibt der Gläubiger nunmehr die Zwangsvollstreckung. Mit Wirkung zum 20.12.2018 wurde über das Vermögen der Schuldnerin in Liechtenstein ein Konkursverfahren eröffnet und eine Masseverwalterin bestellt. Mit am 7.6.2019 beim AG Leipzig - Vollstreckungsgericht - eingegangenem Antrag ersuchte der Gläubiger um Überweisung verschiedener Geldforderungen und Vermögensrechte zur Einziehung.
Das AG - Vollstreckungsgericht - wies den Antrag zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers blieb vor dem LG ebenso ohne Erfolg wie seine vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Keinem der im Überweisungsantrag vom 7.6.2019 aufgeführten, gegen die verschiedenen Drittschuldner angeblich bestehenden Rechte liegt eine wirksame Pfändung im Arrestbefehl vom 13.6.2017 nach § 930 Abs. 1 ZPO zugrunde, weshalb der Antrag auf Überweisung zur Einziehung gem. § 835 Abs. 1 Alt. 1 ZPO zu Recht zurückgewiesen worden ist.
Der Arrestbefehl vom 13.6.2017 genügt nicht den inhaltlichen Anforderungen, denn es fehlt jeweils das an die Drittschuldner zu richtende Verbot nach § 930 Abs. 1 Satz 2, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO, an den Schuldner zu zahlen (Arrestatorium). AG und LG haben rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Arrestbefehl kein solches Zahlungsverbot enthält. Eines Arrestatoriums bedarf es nicht nur für die Pfändung von Geldforderungen nach §§ 829 ff. ZPO, sondern auch für die Pfändung der von § 857 ZPO umfassten anderen Vermögensrechte. Gem. § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat im Falle der Pfändung einer Geldforderung das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Nach allgemeiner Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie im Schrifttum, die der Senat teilt, ist der Ausspruch des Arrestatoriums für die Wirksamkeit der Forderungspfändung konstitutiv. Fehlt es an einem solchen Ausspruch, ist die Forderungspfändung unwirksam.
Dem Arrestbefehl vom 13.6.2017 lässt sich weder ausdrücklich noch im Wege verständiger Auslegung der Ausspruch eines Arrestatoriums entnehmen. Allerdings ist bei Ausspruch des Zahlungsverbots nicht zwingend der Gesetzeswortlaut zu verwenden. Ob der konkrete Wortlaut einer Pfändungsentscheidung den Anforderungen genügt, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Soweit die Rechtsbeschwerde unter Verweis auf den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 18.6.2019 (7 O 72/17) die Auffassung vertritt, das Arrestatorium liege in der Formulierung im Arrestbefehl, dass die Forderungen "in Vollziehung des Arrests gepfändet" werden, da diese auf § 930 Abs. 1 ZPO beruhe, welcher wiederum in seinem Satz 2 auf die allgemeinen Grundsätze der Pfändung und damit auf § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweise, genügt dies nicht. In der Erklärung allein, dass ein bestimmter Anspruch gepfändet ist, liegt das Drittschuldnerverbot noch nicht. Das Arrestatorium dient dazu, dem Drittschuldner erkennbar zu machen, welches Verhalten von ihm erwartet wird, und in materieller Hinsicht die Folgen entsprechend § 407 BGB herbeizuführen. Für den durchschnittlichen Drittschuldner, auf dessen Verständnismöglichkeiten es ankommt, ist durch die genannte Formulierung nicht ersichtlich, dass damit auf die - nicht ausdrücklich genannten - Vorschriften in § 930 Abs. 1 Satz 2, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen wird.
Gem. § 857 Abs. 1 ZPO gelten für die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte die §§ 828 ff. ZPO und somit auch § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend. Von dem Ausnahmefall des § 857 Abs. 2 ZPO abgesehen, bedarf es daher grundsätzlich eines Arrestatoriums. Gegenüber dem Drittschuldner ist ein den Besonderheiten des Pfändungsgegenstandes Rechnung tragendes Verbot auszusprechen, Zahlungen oder in anderer Weise Leistungen an den Schuldner zu erbringen oder beispielsweise die notwendige Mitwirkung an etwaigen, dem Verbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuwiderlaufenden Verfügungen des Schuldners zu unterlassen. Entscheidend ist, dass für den Drittschuldner hinreichend erkennbar wird, dass er keine Erfüllungshandlungen mehr gegenüber seinem Gläubiger, also dem (Vollstreckungs-)Schuldner, vornehmen darf, die das Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen könnten.
BGH online
Der rechtsbeschwerdeführende Gläubiger begehrt den Erlass eines Überweisungsbeschlusses. Mit Arrestbefehl vom 13.6.2017 (7 O 303/17) ordnete das LG Dortmund wegen einer Geldforderung des Gläubigers i.H.v. rd. 24.000 € nebst Zinsen einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin an und sprach in Vollziehung des Arrestes die Pfändung der angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen elf näher benannte Drittschuldner wegen verschiedener Geldforderungen und anderer Vermögensrechte aus. Der Arrestbefehl wurde zehn Drittschuldnern zugestellt.
Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil des LG Dortmund vom 8.12.2017 (7 O 501/17) wurde die Schuldnerin in der Hauptsache zur Zahlung von rd. 24.000 € nebst Zinsen an den Gläubiger verurteilt. Aus diesem Urteil betreibt der Gläubiger nunmehr die Zwangsvollstreckung. Mit Wirkung zum 20.12.2018 wurde über das Vermögen der Schuldnerin in Liechtenstein ein Konkursverfahren eröffnet und eine Masseverwalterin bestellt. Mit am 7.6.2019 beim AG Leipzig - Vollstreckungsgericht - eingegangenem Antrag ersuchte der Gläubiger um Überweisung verschiedener Geldforderungen und Vermögensrechte zur Einziehung.
Das AG - Vollstreckungsgericht - wies den Antrag zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers blieb vor dem LG ebenso ohne Erfolg wie seine vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Keinem der im Überweisungsantrag vom 7.6.2019 aufgeführten, gegen die verschiedenen Drittschuldner angeblich bestehenden Rechte liegt eine wirksame Pfändung im Arrestbefehl vom 13.6.2017 nach § 930 Abs. 1 ZPO zugrunde, weshalb der Antrag auf Überweisung zur Einziehung gem. § 835 Abs. 1 Alt. 1 ZPO zu Recht zurückgewiesen worden ist.
Der Arrestbefehl vom 13.6.2017 genügt nicht den inhaltlichen Anforderungen, denn es fehlt jeweils das an die Drittschuldner zu richtende Verbot nach § 930 Abs. 1 Satz 2, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO, an den Schuldner zu zahlen (Arrestatorium). AG und LG haben rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Arrestbefehl kein solches Zahlungsverbot enthält. Eines Arrestatoriums bedarf es nicht nur für die Pfändung von Geldforderungen nach §§ 829 ff. ZPO, sondern auch für die Pfändung der von § 857 ZPO umfassten anderen Vermögensrechte. Gem. § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat im Falle der Pfändung einer Geldforderung das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Nach allgemeiner Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie im Schrifttum, die der Senat teilt, ist der Ausspruch des Arrestatoriums für die Wirksamkeit der Forderungspfändung konstitutiv. Fehlt es an einem solchen Ausspruch, ist die Forderungspfändung unwirksam.
Dem Arrestbefehl vom 13.6.2017 lässt sich weder ausdrücklich noch im Wege verständiger Auslegung der Ausspruch eines Arrestatoriums entnehmen. Allerdings ist bei Ausspruch des Zahlungsverbots nicht zwingend der Gesetzeswortlaut zu verwenden. Ob der konkrete Wortlaut einer Pfändungsentscheidung den Anforderungen genügt, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Soweit die Rechtsbeschwerde unter Verweis auf den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 18.6.2019 (7 O 72/17) die Auffassung vertritt, das Arrestatorium liege in der Formulierung im Arrestbefehl, dass die Forderungen "in Vollziehung des Arrests gepfändet" werden, da diese auf § 930 Abs. 1 ZPO beruhe, welcher wiederum in seinem Satz 2 auf die allgemeinen Grundsätze der Pfändung und damit auf § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweise, genügt dies nicht. In der Erklärung allein, dass ein bestimmter Anspruch gepfändet ist, liegt das Drittschuldnerverbot noch nicht. Das Arrestatorium dient dazu, dem Drittschuldner erkennbar zu machen, welches Verhalten von ihm erwartet wird, und in materieller Hinsicht die Folgen entsprechend § 407 BGB herbeizuführen. Für den durchschnittlichen Drittschuldner, auf dessen Verständnismöglichkeiten es ankommt, ist durch die genannte Formulierung nicht ersichtlich, dass damit auf die - nicht ausdrücklich genannten - Vorschriften in § 930 Abs. 1 Satz 2, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen wird.
Gem. § 857 Abs. 1 ZPO gelten für die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte die §§ 828 ff. ZPO und somit auch § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend. Von dem Ausnahmefall des § 857 Abs. 2 ZPO abgesehen, bedarf es daher grundsätzlich eines Arrestatoriums. Gegenüber dem Drittschuldner ist ein den Besonderheiten des Pfändungsgegenstandes Rechnung tragendes Verbot auszusprechen, Zahlungen oder in anderer Weise Leistungen an den Schuldner zu erbringen oder beispielsweise die notwendige Mitwirkung an etwaigen, dem Verbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuwiderlaufenden Verfügungen des Schuldners zu unterlassen. Entscheidend ist, dass für den Drittschuldner hinreichend erkennbar wird, dass er keine Erfüllungshandlungen mehr gegenüber seinem Gläubiger, also dem (Vollstreckungs-)Schuldner, vornehmen darf, die das Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen könnten.