PKH ist bereits vor Benennung eines Anwaltes zu bewilligen
OLG Köln v. 20.8.2024 - 5 W 44/24
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beantragt, mit dem er eine Verurteilung der Antragsgegner als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000 € und zur Erstattung von (im ausformulierten Klageantrag nicht bezifferten, im Antragsschreiben mit ungefähr 1.300 € angegebenen) Operationskosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegner hinsichtlich vergangener und zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrte.
Das LG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete mangels anwaltlicher Vertretung der Klägerseite keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, seien nicht erfüllt, weil er auf zweimalige Aufforderung der Kammer, seine Bemühungen dazulegen, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, nicht reagiert habe.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss aufgehoben und das LG angewiesen, über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Gründe:
Prozesskostenhilfe kann im Anwaltsprozess regelmäßig nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der Antragsteller habe einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht benannt und seine Bemühungen, einen solchen zu finden, nicht ausreichend dargelegt. Die Entscheidung über die Beiordnung eines Anwalts gem. § 121 ZPO erfolgt zwar in der Regel gleichzeitig mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe (Zöller/Schultzky, 35. Auflage 2024, § 121 ZPO, Rn. 11), zwingend notwendig ist eine zeitgleiche Entscheidung jedoch nicht. Eine Beiordnung kann auch noch später und erforderlichenfalls mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgeholt werden.
Vielmehr ist ein zweistufiges Verfahren geboten, das heißt, es ist dem Antragsteller nach erfolgter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gelegenheit zu geben, einen zur Vertretung bereiten Anwalt zu finden. Dass der Antragsteller im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen zur Vertretung bereiten Anwalt finden wird, ist hinreichend wahrscheinlich. Der Antragsteller hat zwar dargelegt, dass er bei mehreren auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Anwaltskanzleien angerufen und sich kein Anwalt bereit erklärt habe, gebührenfrei ein Beratungsgespräch mit ihm zu führen. Die Situation würde sich im Falle bewilligter Prozesskostenhilfe, die eine Vergütung des Anwalts sichert, jedoch entscheidend ändern. Dafür, dass der Antragsteller auch bei Vorlage eines Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses keinen vertretungsbereiten Anwalt finden würde, ist nichts ersichtlich.
Sollte der Antragsteller trotz bewilligter Prozesskostenhilfe und eigener Bemühungen keinen vertretungsbereiten Anwalt finden - wofür aus Sicht des Senats allerdings nichts spricht -, und sollte er dem LG seine erfolglos gebliebenen Bemühungen darlegen und nötigenfalls glaubhaft machen, wird die Kammervorsitzende über die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 121 Abs. 5 ZPO zu entscheiden haben. Sollte dem Antragsteller hingegen kein Rechtsanwalt beigeordnet werden können, weil er weder selbst einen vertretungsbereiten Anwalt benennt noch seine erfolglosen Bemühungen, einen Anwalt zu finden, darlegt und (nötigenfalls) glaubhaft macht, müsste die Klage mangels Postulationsfähigkeit als unzulässig auf Kosten des Antragstellers abgewiesen werden.
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Norbert Vossler, MDR 2024, 474
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Justiz NRW
Der Antragsteller hatte Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beantragt, mit dem er eine Verurteilung der Antragsgegner als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000 € und zur Erstattung von (im ausformulierten Klageantrag nicht bezifferten, im Antragsschreiben mit ungefähr 1.300 € angegebenen) Operationskosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegner hinsichtlich vergangener und zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrte.
Das LG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete mangels anwaltlicher Vertretung der Klägerseite keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, seien nicht erfüllt, weil er auf zweimalige Aufforderung der Kammer, seine Bemühungen dazulegen, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, nicht reagiert habe.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss aufgehoben und das LG angewiesen, über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
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Prozesskostenhilfe kann im Anwaltsprozess regelmäßig nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der Antragsteller habe einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht benannt und seine Bemühungen, einen solchen zu finden, nicht ausreichend dargelegt. Die Entscheidung über die Beiordnung eines Anwalts gem. § 121 ZPO erfolgt zwar in der Regel gleichzeitig mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe (Zöller/Schultzky, 35. Auflage 2024, § 121 ZPO, Rn. 11), zwingend notwendig ist eine zeitgleiche Entscheidung jedoch nicht. Eine Beiordnung kann auch noch später und erforderlichenfalls mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgeholt werden.
Vielmehr ist ein zweistufiges Verfahren geboten, das heißt, es ist dem Antragsteller nach erfolgter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gelegenheit zu geben, einen zur Vertretung bereiten Anwalt zu finden. Dass der Antragsteller im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen zur Vertretung bereiten Anwalt finden wird, ist hinreichend wahrscheinlich. Der Antragsteller hat zwar dargelegt, dass er bei mehreren auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Anwaltskanzleien angerufen und sich kein Anwalt bereit erklärt habe, gebührenfrei ein Beratungsgespräch mit ihm zu führen. Die Situation würde sich im Falle bewilligter Prozesskostenhilfe, die eine Vergütung des Anwalts sichert, jedoch entscheidend ändern. Dafür, dass der Antragsteller auch bei Vorlage eines Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses keinen vertretungsbereiten Anwalt finden würde, ist nichts ersichtlich.
Sollte der Antragsteller trotz bewilligter Prozesskostenhilfe und eigener Bemühungen keinen vertretungsbereiten Anwalt finden - wofür aus Sicht des Senats allerdings nichts spricht -, und sollte er dem LG seine erfolglos gebliebenen Bemühungen darlegen und nötigenfalls glaubhaft machen, wird die Kammervorsitzende über die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 121 Abs. 5 ZPO zu entscheiden haben. Sollte dem Antragsteller hingegen kein Rechtsanwalt beigeordnet werden können, weil er weder selbst einen vertretungsbereiten Anwalt benennt noch seine erfolglosen Bemühungen, einen Anwalt zu finden, darlegt und (nötigenfalls) glaubhaft macht, müsste die Klage mangels Postulationsfähigkeit als unzulässig auf Kosten des Antragstellers abgewiesen werden.
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