Privatkauf oder gewerblich? Zu den Voraussetzungen und Wirkungen eines Verbrauchsgüterkaufs
BGH v. 7.4.2021 - VIII ZR 191/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb bis Juli 2012 eine Tischlerei. Er stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten. Ende 2011 hatte er bei einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten Hölzer ("Brettschichtholz sibirische Lärche") zur Sanierung der Terrasse und einer Außentreppe seines - neben der Tischlerei gelegenen - Privathauses bestellt. Die Beklagte richtete die Auftragsbestätigungen sowie die Rechnungen an den Kläger mit dem Zusatz "Tischlerei".
Im Jahr 2015 beanstandete der Kläger, an den Leimfugen der gelieferten und eingebauten Hölzer seien Risse aufgetreten und die Verleimung entspreche nicht der erforderlichen Nutzungsklasse. Die Beklagte machte per E-Mail geltend, das bestellte und gelieferte Holz entspreche dem üblichen Standard. Nachdem der Kläger einen Kostenvoranschlag eines Unternehmens für Holzbau und Zimmerarbeiten über rund 10.891 € brutto für die Kosten des Rückbaus, des Neuaufbaus sowie der Lieferung neuer Hölzer - auf letztere entfällt ein Teilbetrag von 2.138,75 € nebst Umsatzsteuer - eingeholt hatte, machte er geltend, die Hölzer entsprächen nicht der für den Außenbereich erforderlichen Nutzungsklasse.
Das LG hat der auf Vorschusszahlung von 9.769 € brutto sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen, gerichteten Klage bis auf einen geringen Teil der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor.
Der Kläger hatte die Hölzer als Verbraucher (§ 13 BGB) von der beklagten Unternehmerin (§ 14 BGB) erworben. Nach § 13 BGB (in der gem. Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB hier noch anwendbaren, vor dem 13.6.2014 geltenden Fassung) ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Danach hat der Kläger die Hölzer als Verbraucher erworben. Er verfolgte unstreitig einen privaten Zweck.
Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist nach dem Wortlaut der Verbraucherdefinition in § 13 BGB grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt. Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes in § 13 BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers.
Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze nur scheinbar beachtet. Es hat im Wesentlichen darauf abgestellt, aufgrund der ständigen Geschäftsbeziehung der Parteien, der Adressierung der Auftragsbestätigungen an den Kläger mit dem Zusatz des Unternehmens ("Tischlerei") und der Abwicklung über das Geschäftskonto des Klägers habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Kläger die Hölzer als Inhaber der Tischlerei erwerben wolle. Diese Beurteilung ist jedoch fehlerhaft. Die bei Vertragsschluss zutage getretenen Begleitumstände vermögen schon angesichts des eindeutig privaten Zwecks des Geschäfts (Errichtung einer Terrasse für das Privathaus des Klägers), den die Beklagte auch erkannt hat oder der für sie jedenfalls erkennbar war, keine Zweifel oder Unsicherheiten an dem Bezug zu einem privaten Handeln des Klägers zu begründen.
Die Ansprüche sind nicht verjährt. Maßgeblich ist die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB. Die Hölzer sind für den Bau der Terrasse und damit für ein Bauwerk verwendet worden. Dies ist eine übliche Verwendungsweise im Sinne der genannten Vorschrift, weil Holz zu den Materialien gehört, die für ein Bauwerk eingesetzt werden. Ob die bestellten und gelieferten Hölzer für diesen Zweck geeignet waren, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Soweit es den vom Kläger darüber hinaus begehrten Vorschuss für die Nachlieferung mangelfreier Hölzer betrifft, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Anspruch des Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache von vornherein nicht besteht. Das Gesetz räumt dem Käufer - anders als dem Mieter (§ 536a Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB) oder dem Besteller eines Werks (§ 634 Nr. 2, § 637 BGB) - gerade kein Recht ein, einen Mangel selbst zu beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen.
BGH online
Der Kläger betrieb bis Juli 2012 eine Tischlerei. Er stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten. Ende 2011 hatte er bei einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten Hölzer ("Brettschichtholz sibirische Lärche") zur Sanierung der Terrasse und einer Außentreppe seines - neben der Tischlerei gelegenen - Privathauses bestellt. Die Beklagte richtete die Auftragsbestätigungen sowie die Rechnungen an den Kläger mit dem Zusatz "Tischlerei".
Im Jahr 2015 beanstandete der Kläger, an den Leimfugen der gelieferten und eingebauten Hölzer seien Risse aufgetreten und die Verleimung entspreche nicht der erforderlichen Nutzungsklasse. Die Beklagte machte per E-Mail geltend, das bestellte und gelieferte Holz entspreche dem üblichen Standard. Nachdem der Kläger einen Kostenvoranschlag eines Unternehmens für Holzbau und Zimmerarbeiten über rund 10.891 € brutto für die Kosten des Rückbaus, des Neuaufbaus sowie der Lieferung neuer Hölzer - auf letztere entfällt ein Teilbetrag von 2.138,75 € nebst Umsatzsteuer - eingeholt hatte, machte er geltend, die Hölzer entsprächen nicht der für den Außenbereich erforderlichen Nutzungsklasse.
Das LG hat der auf Vorschusszahlung von 9.769 € brutto sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen, gerichteten Klage bis auf einen geringen Teil der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor.
Der Kläger hatte die Hölzer als Verbraucher (§ 13 BGB) von der beklagten Unternehmerin (§ 14 BGB) erworben. Nach § 13 BGB (in der gem. Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB hier noch anwendbaren, vor dem 13.6.2014 geltenden Fassung) ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Danach hat der Kläger die Hölzer als Verbraucher erworben. Er verfolgte unstreitig einen privaten Zweck.
Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist nach dem Wortlaut der Verbraucherdefinition in § 13 BGB grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt. Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes in § 13 BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers.
Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze nur scheinbar beachtet. Es hat im Wesentlichen darauf abgestellt, aufgrund der ständigen Geschäftsbeziehung der Parteien, der Adressierung der Auftragsbestätigungen an den Kläger mit dem Zusatz des Unternehmens ("Tischlerei") und der Abwicklung über das Geschäftskonto des Klägers habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Kläger die Hölzer als Inhaber der Tischlerei erwerben wolle. Diese Beurteilung ist jedoch fehlerhaft. Die bei Vertragsschluss zutage getretenen Begleitumstände vermögen schon angesichts des eindeutig privaten Zwecks des Geschäfts (Errichtung einer Terrasse für das Privathaus des Klägers), den die Beklagte auch erkannt hat oder der für sie jedenfalls erkennbar war, keine Zweifel oder Unsicherheiten an dem Bezug zu einem privaten Handeln des Klägers zu begründen.
Die Ansprüche sind nicht verjährt. Maßgeblich ist die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB. Die Hölzer sind für den Bau der Terrasse und damit für ein Bauwerk verwendet worden. Dies ist eine übliche Verwendungsweise im Sinne der genannten Vorschrift, weil Holz zu den Materialien gehört, die für ein Bauwerk eingesetzt werden. Ob die bestellten und gelieferten Hölzer für diesen Zweck geeignet waren, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Soweit es den vom Kläger darüber hinaus begehrten Vorschuss für die Nachlieferung mangelfreier Hölzer betrifft, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Anspruch des Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache von vornherein nicht besteht. Das Gesetz räumt dem Käufer - anders als dem Mieter (§ 536a Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB) oder dem Besteller eines Werks (§ 634 Nr. 2, § 637 BGB) - gerade kein Recht ein, einen Mangel selbst zu beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen.