20.09.2018

Räumlich getrenntes Zusammenleben von Ehegatten in zwei großen Wohnungen ist kein geeigneter Einwand gegen eine Eigenbedarfskündigung

Es stellt keine unzumutbare Härte dar, wenn das Mietverhältnis eines Ehegatten über eine Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt wird und der andere Ehegatte über eine ausreichend große Wohnung für beide (über 200 m²) im gleichen Haus verfügt, das Ehepaar aber das Lebensmodell des räumlich getrennten Zusammenlebens in zwei großen Wohnung seit 33 Jahren praktiziert hat.

AG Charlottenburg 26.2.2018, 237 C 346/17
Der Sachverhalt:

Der Beklagte zu 1 mietete die 171,4 m² große 5 Zimmer-Wohnung im Vorderhaus, 1. OG rechts gem. Mietvertrag vom 7.12.1977 eines Hauses der Klägerinnen. Der Beklagte zu 1 ist außerdem Mieter eine weiteren 207 m² großen 5 Zimmer-Wohnung im Vorderhaus, 2. OG rechts des gleichen Hauses. Auf die Bitte des Beklagten zu 1 vom 23.6.1984 erklärte sich die damalige Hausverwaltung damit einverstanden, dass der Beklagte zu 1 eine der beiden Wohnungen an seine damalige Lebensgefährtin, die Beklagte zu 2, die inzwischen die Ehefrau des Beklagten zu 1 ist, untervermietete. Die beiden schlossen einen Untermietvertrag, nach dessen Inhalt die Wohnung im 1. OG rechts ab 1.10.1984 an die Beklagte zu 2 und ihren Sohn untervermietet wurde.

Die Klägerinnen kündigten das Mietverhältnis über diese Wohnung gegenüber dem Beklagten zu 1 mit anwaltlichem Schreiben vom 27.2.2017 zum 30.11.2017 wegen Eigenbedarfs. Als Begründung führten sie an, die Klägerin zu 1 lebe berufsbedingt in München. Ihr Arbeitsverhältnis ende kurzfristig zum 31.7.2017. Sie werde daraufhin zurück nach Berlin ziehen. Die Klägerinnen hätten kein weiteres Wohneigentum in Berlin oder Umgebung. Die Klägerin zu 1 sei daher auf die Wohnung angewiesen.

Die Beklagten meinen, der Beklagte habe einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, weil dessen Beendigung für sie eine unbillige Härte darstellen würde. Sie praktizierten seit 33 Jahren das Modell des räumlich getrennten Zusammenlebens in den beiden Wohnungen. Ein Umzug sei ihnen aufgrund Krankheit und des fortgeschrittenen Alters nicht zuzumuten. Die Eigenbedarfskündigung würde die Zerstörung ihrer Lebenslösung und damit voraussichtlich auch ihrer Ehe zur Folge haben. Die Beklagten lehnte die Miete einer alternativen kleineren Wohnung im Seitenflügel des Hauses ab, beanstandeten aber ihrerseits, dass die Klägerin zu 1 nicht in diese Wohnung einziehe.

Die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hatte vor dem AG Erfolg.

Die Gründe:

Der Beklagte zu 1 als Mieter ist gem. §§ 546 Abs. 1, 985 BGB, die Beklagte zu 2 als Nutzerin ist gem. §§ 546 Abs. 2, 985 BGB dazu verpflichtet, die streitgegenständliche Wohnung geräumt an die Klägerinnen herauszugeben, da das Mietverhältnis der Klägerinnen mit dem Beklagten zu 1 durch die ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs vom 27.2.2017 gem. §§ 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, 573c BGB zum 30.11.2017 wirksam beendet worden ist mit der Folge, dass die Beklagten kein Recht zum Besitz an der Wohnung gem. § 986 Abs. 1 S. 1 BGB mehr haben.

Die Klägerin zu 1 benötigt die Wohnung zur Befriedigung ihres eigenen Wohnbedarfs, da sie nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nach Berlin zurückkehren will. Sie muss sich auch nicht auf die Ersatzwohnung im Seitenflügel des Hauses verweisen lassen, die wesentlich kleiner ist und über keinen Aufzug verfügt, denn die Entscheidung der Klägerin zu 1 als Eigentümerin, eine größere Wohnung im Vorderhaus bewohnen zu wollen, ist nachvollziehbar und zu achten.

Der Beklagte zu 1 als alleiniger Mieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht von den Klägerinnen gem. § 574 BGB verlangen, da nicht zu erkennen ist, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Klägerinnen nicht zu rechtfertigen wäre. Eine unzumutbare Härte ist deshalb schon nicht gegeben, da er die Wohnung selbst nicht bewohnt, sondern untervermietet hat. Er benötigt die Wohnung gar nicht zur Befriedigung seines eigenen Wohnbedarfs.

Der Beklagte kann sich auch nicht eine unzumutbare Härte mit Erfolg berufen, da seine Ehefrau die Wohnung im Rahmen des Modells des räumlich getrennten Zusammenlebens nutzt, denn die beiden verfügen noch über eine 5 Zimmer-Wohnung mit einer Größe von über 200 m², die sie gemeinsam bewohnen können. Es erschließt sich nicht, weshalb ihnen dies unzumutbar oder praktisch unmöglich sein sollte. Eine Wohnung einer solchen Größe ermöglicht es den Beklagten, sich in dieser Wohnung zeitweise auch aus dem Weg zu gehen und damit ihr Modell weiterhin umzusetzen. Die Aufnahme des zusätzlichen Mobiliars sowie die gemeinsame Nutzung des Badezimmers und der Küche begründet keine unzumutbare Härte. Im Übrigen hat der Beklagte auch nicht dargelegt, dass er sich keinen angemessen Ersatzwohnraum beschaffen kann.

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